Unrecht als System 1950-1952, Seite 203

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 203 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 203); Einschränkung der Freizügigkeit und des Reiseverkehrs Die von dem Alliierten Kontrollrat erlassenen Bestimmungen über den Interzonenverkehr sollten für das besetzte Deutschland die zunächst angeordnete scharfe Einschränkung der Freizügigkeit lockern. Das Reisen und Verziehen von einem Besatzungsgebiet in das andere blieb jedoch an besondere Genehmigungen gebunden, bis sich die westlichen Besatzungszonen vereinigten. Allein die Sowjetzone schloß sich dieser Vereinigung nicht an und wurde von den Machthabern nach Westen immer stärker abgegrenzt. Die Bevölkerung blieb dadurch an ein scharfes Kontroll- und Genehmigungsverfahren gebunden. Auch innerhalb des eigenen Besatzungsgebietes ist nur eine geringe Bewegungsmöglichkeit gegeben. Dies gilt in der Hauptsache für den Umzug von einem Ort in den anderen, aber auch der allgemeine Reiseverkehr in bestimmte Gebiete ist genehmigungspflichtig und wird in seiner Gesamtheit überwacht. Der Interzonenverkehr ist jedoch in vollem Umfang einem gesonderten Verfahren unterworfen und von einer politischen Überprüfung abhängig. Nach der von der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei am 2. 6. 1951 erlassenen Dienstanweisung Nr. PM7/51 können private Interzonenreisen „Berücksichtigung finden, wenn es sich um Besuche von Familienangehörigen ersten Grades handelt bei lebensgefährlicher Erkrankung, Todesfall, Hochzeit, Wiedersehen nach langjähriger Trennung und bei anderen dringenden Gründen, deren Notwendigkeit einwandfrei bestätigt wird". Anträge auf Ausstellung eines Interzonenpasses wegen Bergung von Flüchtlingsgut, Erbschaftsauseinandersetzung „oder anderer ungenügend begründeter Reisen" sind nach dieser Dienstanweisung abzulehnen. Der Chefinspekteur der Volkspolizei, Lust, ordnet jedoch auch die politische Überprüfung des Antragstellers für einen Interzonenpaß unter III der Dienstanweisung an. „Der den Antrag entgegennehmende Volkspolizeiangestellte hat bei der Antragsannahme den aus der kurzen Unterhaltung entstehenden Eindruck über den Antragsteller in persönlicher und sachlicher Hinsicht auf den Antrag zu vermerken (z. B. Arbeiterfamilie, fortschrittlich eingestellt, Geschäftsmann, stark bürgerlich usw.) Diese Notiz gibt für die Charakterisierung in Verbindung mit dem Ermittlungsbericht wertvolle Hinweise." Die Entscheidungen für die Ausstellung von Interzonenpässen sind „nicht nur vön der Vollzähligkeit der Unterlagen abhängig zu machen, sondern von dem Ergebnis der Überprüfung der Person". Hierbei ist u. a. „zu beachten: wie ist die Einstellung zur Deutschen Demokratischen Republik, zu den Zielen der Nationalen Front, des demokratischen Deutschlands und zur Sowjetunion". Schließlich verfügt Lust: „Die Instrukteurtätigkeit des Interzonenreisewesens ist zu verstärken, wobei besonderes Augenmerk auf die Durchführung der Arbeiten und die politisch richtigen Entscheidungen zu legen ist." Diese Anordnungen wurden aber auch schon ein Jahr vorher bei der Ausstellung von Interzonenpässen angewendet, wie aus abgelehnten Interzonenpaßanträgen des Volkspolizeikreisamts in Delitzsch (Sachsen-Anhalt) hervorgeht. So fielen über Adam Robert als Interzonenpaß-Antragsteller die Ermittlungen des Volkspolizei-Hauptwachtmeisters Steffen am 14. 4. 50 ungünstig aus: „R. ist 70 Jahre alt . Stammt aus bürger- licher Familie . aus reaktionärem Lager . man kann mit Bestimmtheit sagen, daß er gegen die Nationale Front und gegen die DDR ist . wegen Spionageverdacht bitte ich seinen Antrag abzulehnen." Dem entsprechend lehnt VP-Oberrat Meyer am 20. April 1950 Roberts Antrag, der die Nummer 229 trug, ab. Ebenfalls abgelehnt wird am 25. April 1950 der Paßantrag Nr. 243, da vermutet wird, daß die Antragstellerin, Witwe Luise Kage, ihrem Sohn, der in westlicher Kriegsgefangenschaft war und sich „noch heute im Westen" befindet, „über alle Vorkommnisse der DDR mündlich berichtet". Die Paßanträge von Max und Frieda Fritsch aus Gerbisdorf mit der Nr. 309/310 werden am 16. 6. 1950 abgelehnt, da „Aufbauarbeit im Sinne der Nationalen Front von Herrn Fritzsch nicht geleistet" wird. „Frau Fritzsch stellt sich zu unserer Aufbauarbeit ebenfalls abseits." .„Die politische Einstellung zur DDR ist nicht gut", schreibt Revierleiter Huth in seine Ermittlungen über Rudolf Unger und dessen Frau am dieser Antrag Nr. 483/84 wird am 10. Juli Obwohl Josef Barischs „politische Mitarbeit in der Gemeinde sehr rege" ist, Barisch ist SED-, FDGB- und FDJ-Mitglied an „verantwortungsvollen Posten", und er sich auch „sehr rege" als Volkskorrespondent betätigt, was dem Volkspolizei-Oberwachtmeister Rieprecht zu der Feststellung veranlaßt: „Alles in allem ist der B. ein sehr ordentlicher Mensch", wird sein Paßantrag Nr. 423 zunächst erstmal am 21.6. genehmigt; aber am 28. Juni 1950 schreibt ein gewisser Grillner (?) zu dem im Antrag angegebenen Grund „Abholung von Sachen": „ablehnen. Wie kommen die Sachen von CSR nach Westdeutschland?" Die Bescheide, mit denen die Interzonenpaßanträge abgelehnt werden, benutzen die Polizeiämter gleichzeitig zur politischen Propaganda. Gemäß der Dienstanweisung Nr. PM 7/51, in der es heißt: „Von Ablehnungen sird die Antragsteller in höflicher Form in Kenntnis zu setzen mit dem Hinweis, daß die Bestimmungen des Alliierten Kontrollrats die Ausgabe von Interzonenpässen nur in dringenden Fällen vorsehen", werden die Antragsteller von der Ablehnung zwar höflich, aber ohne Angabe der wirklichen Gründe in Kenntnis gesetzt. „Wir bedauern", schreibt das Volkspolizeikreisamt West-priegnitz in Perleberg, Berliner Straße 51, einem Antragsteller, „Ihrem Antrag . nicht entsprechen zu können", und verweist auf die vom Kontrollrat „nur in den dringendsten Fällen" erlaubten privaten Interzonenreisen. Aber dann fährt das Volkspolizeikreisamt fort: „Die Schwierigkeiten, die heute bei einer Reise innerhalb Deutschlands auftreten, wurden durch die Politik der regierenden Kreise in Washington, London, Paris und Bonn . verursacht . An Ihrer eigenen Angelegenheit wollen Sie ermessen, wie zwingend es ist, daß jeder ehrliche Deutsche den Kampf der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik . unterstützt". Und nun wieder die in der Dienstanweisung vorgeschriebene „höfliche Form": „Wir bitten Sie daher, der zur Zeit noch erforderlichen Maßnahme der Ablehnung Ihres Interzonenpasses Verständnis entgegenzubringen." 1. Jeder hat das Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt innerhalb der Grenzen aller Staaten. 2. Jeder hat das Recht, jedes beliebige Land einschließlich seines eigenen zu verlassen, sowie in sein Land zurückzukehren. UN-Erklämng der Menschenrechte Artikel 13 22. Juni 1950. Auch 1950 abgelehnt.;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 203 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 203) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 203 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 203)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen gibt. Vielmehr kommt den innerhalb der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der liegenden Er-scheinungen, die am Zustandekommen und am Erhalten von feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und deren Ursachen und Bedingungen durchzuse tzen ist. Für die Schaffung einer breiten gesellschaftlichen Front zur Zurück-drängung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen sowie deren Ursachen und Bedingungen Seite - Übersicht zur Aktivität imperialistischer Geheimdienste Seite - Straftaten gegen die Volkswirt- schaftliche Entwicklung der Seite - Zu feindlichen Angriffen auf die innere Lage in der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich des Chemieanlagenbaus. Bei seinem Versuch, die ungesetzlich zu verlassen, schloß oft jedoch unvorhergesehene Situationen, darunter eine eventuelle Festnahme durch die Grenzsicherungskräfte der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß eine lückenlose und übersichtliche Erfassung der Informationen erfolgt. Diese Erfassung muß kurzfristig und vollständig Auskunft über die vorliegenden Erkenntnisse ermöglichen.

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