Unrecht als System 1950-1952, Seite 172

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 172 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 172); die Wahlhandlung noch nicht beendet war. „Dabei wurden natürlich alle ungültigen Stimmen und auch ein Teil der Nein-Stimmen als Ja-Stimmen gezählt." Wie sich der Sie-wertsche Erlaß in Prozenten ausdrückt, bezeugt das Mitglied des Kreiswahlausschusses im Kreis Wolmirstedt, Hermann Hieke: „Insbesondere hatten die SED-Hochburgen Kolbitz, Samswegen und Rogätz etwa 70 °/o Nein-Stimmen gemeldet. Das Gesamtergebnis des Kreises war am Sonntagabend 55 °/o Nein-Stimmen, 38 40 °/o Ja-Stimmen und der Rest ungültige Stimmen." Trotzdem wurde ein gefälschtes Wahlergebnis mit „angeblich 55 °/o Ja- und 45 °/o Nein-Stimmen" verkündet. Ungültige Stimmen gab es nicht mehr, da diese alle als Ja-Stimmen gezählt worden waren. Hieke bezeugte, daß der Vorsitzende des Ortswahlausschusses in der Gemeinde Groß-Ammensleben, Schneidermeister Wilhelm Fräbel, es ablehnte, das Wahlergebnis zu fälschen. „Er wurde darauf am Dienstag, den 17. Mai 1949, früh %6 Uhr, vom SSD (damalige Abteilung K 5) aus dem Bett geholt und verhaftet." Fräbel konnte aber während seines Transportes im Polizeiauto bei einer Panne im Walde fliehen. über das zu erreichende Ja-Stimmen-Soll berichtet Leo Grajek, Mitglied des Wahlausschusses in Wolkramshausen: „Als am 15. Mai 1949 morgens %8 Uhr, der Wahlvorstand zusammentrat, erklärte der Wahlleiter, Bürgermeister Hermann Saalfeld, er erwarte, daß auch in Wolkramshausen eine Wahlbeteiligung von 100 °/o und eine Zustimmung (Ja-Stimmen) von 98 % erreicht würde Bei der Auszählung der Stimmen nach Abschluß des Wahlvorganges wurden alle unbeschrifteten Stimmzettel als Ja-Stimmen gezählt und die ungültigen Stimmen samt den Nein-Stimmen zunächst auf einen Haufen für sich gelegt. Als mit den Ja-Stimmen die am Wahlmorgen geforderten 98 °/o nicht erreicht wurden, hat man dann von den zunächst beiseite gelegten ungültigen Stimmen eine größere Anzahl genommen und sie zu den Ja-Stimmen gelegt und hinzugezählt, bis man die 98 °/o erreicht hatte." Auf Grund des im ganzen Gebiet der Sowjetzone gleichermaßen gefälschten Wahlergebnisses trat der sogenannte III. Volkskongreß zusammen. Er bestätigte einen von der SED ausgearbeiteten Verfassungsentwurf und bildete den „Deutschen Volksrat", der sich als die „Repräsentation des deutschen Volkswillens" bezeichnete. Allein auf das gefälschte Ergebnis der Volkskongreßwahlen vom 15. und 16. Mai 1949 gestützt, konstituierte sich am 7. Oktober 1949 dieser „Deutsche Volksrat" als „Provisorische Volkskammer" und bildete die „Provisorische Regierung der Deutschen Demokratischen Republik", wie sich die Machthaber der sowjetischen Besatzungszone von da ab nennen. Wahlen wurden zunächst nicht mehr durchgeführt und auch für die Landtage, Kreis-, Stadt- und Gemeindevertretungen nicht zugelassen. Die 50er Wahl Im Herbst 1949 drängte die Ost-CDU auf Neuwahlen, da sie es als verfassungswidrig erachtete, daß die Landtage ihre Legislaturperiode verlängern sollten, wie Germanus Theiß, Abgeordneter und Vizepräsident des Brandenburgi-schen Landtages, bezeugt. Mit allen Mitteln hätten sowjetische Offiziere einen Druck auf die Partei ausgeübt, um die Zustimmung der Parteifraktion zur Verlängerung der Legislaturperiode zu erreichen. Schließlich hätten sowohl die maßgeblichen Offiziere der sowjetischen Besatzungsmacht als auch der CDU-Parteivorsitzende Otto Nuschke erklärt, daß diese Verlängerung nur deshalb erfolgen sollte, um ein Jahr später allgemeine, freie, demokratische Wahlen durchzuführen, bei denen die Parteien eigene Listen aufstellen könnten. Unter diesen Voraussetzungen hätte die Fraktion zugestimmt, aber gleichzeitig erklärt, eine Ein- heitsliste unter allen Umständen abzulehnen. Soweit in Brandenburg. Die CDU drängte aber weiter auf Neuwahlen, wie Dr. Adolf Negatsch, Landtagsabgeordneter von Sachsen-Anhalt, bezeugt. Nuschke habe im Januar 1950 in einer Fraktionssitzung über eine Besprechung mit dem sowjetischen Sonderbevollmächtigten Semjonow bei der DDR berichtet, in der der Botschafter zum Ausdruck gebracht habe, daß Wahlen sofort stattfinden könnten, aber nur über eine Einheitsliste. Wahlen, bei denen mehrere Parteien in Listen vertreten seien, würden nicht genehmigt werden. Diesem Wunsch der Besatzungsmacht entsprachen die sowjetzonalen Machthaber. Und so kam es denn auch im Frühjahr 1950 zu dem Beschluß der Blockparteien, eine Einheitswahl durchzuführen. Um ein einheitliches Ergebnis der am 15. Oktober stattfindenden Wahlen von vornherein zu sichern, stellte der sogenannte Demokratische Block, in dem die zugelassenen Parteien und Massenorganisationen nach der Kapitulation zusammengeschlossen wurden, in einer Sitzung am 16. Mai 1950 ein gemeinsames Wahlprogramm und eine gemeinsame Kandidatenliste auf. Die Vertreter der einzelnen Parteien -und Organisationen befürworteten auf dieser Sitzung eine Einheitswahl, indem sie sich auf angeblich aus der Bevölkerung lautgewordene Stimmen beriefen. Dieser Beschluß wurde in der Bevölkerung der Sowjetzone mit großer Empörung und Entrüstung aufgenommen. Ein sehr großer Teil der Politiker der sogenannten bürgerlichen Parteien, LDP und CDU, nahm ganz offen gegen die Einheitsliste Stellung. Der Vizepräsident des Brandenburgi-schen Landtages, Germanus Theiss, bestätigt in seiner Aussage, daß er immer wieder von Angehörigen der sowjetischen NKWD erpreßt wurde, die ihn zu einer zustimlmen-den Äußerung veranlassen wollten. In einer besonders scharfen Vernehmung wurde ihm die ultimative Forderung gestellt, bis zum 2. 6. 1950 seine Gegenäußerungen zu widerrufen und der Einheitsliste öffentlich zuzustimmen. Man bot ihm dafür an, Minister zu werden. Da er bei einer Ablehnung seine Verhaftung befürchtete, versprach er die gewünschte Erklärung, gab sie aber nicht ab, sondern flüchtete nach Westberlin. In die gemeinsame Kandidatenliste wurden nur solche Personen aufgenommen, die den örtlichen Machthabern genehm waren. Von den kommunistischen Massenorganisationen und der „Nationalen Front" wurden überall Versammlungen einberufen, die durch bestellte Funktionäre alle Kandidaten ablehnten, deren Einstellung nicht der gewünschten Linie entsprach. In der Entschließung der Kreisleitung der SED Schleiz in Thüringen vom 28. August 1950 heißt es ganz eindeutig: „Um es zu erreichen, da,ß in den öffentlichen Einwohnerversammlungen diese reaktionären Kandidaten zurückgezogen werden können und durch fortschrittlichere er-ersetzt werden", sei „erforderlich: a) Die Vorbereitung einer Resolution, die von der Mehrheit, wenn nicht von allen anwesenden Einwohnern angenommen werden kann, und die Zurückziehung der betr. reaktionären Kandidaten zum Ziele hat. b) Die genaue Formulierung von Fragen, die in den öffentlichen Einwohnerversammlungen an die reaktionären Kandidaten gerichtet werden müssen, um sie zu entlarven. Diese Fragen müssen sich erstrecken auf die bisherige Mitwirkung im Rahmen der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, auf den demokratischen Aufbau, auf die Unterstützung und Entfaltung der Friedensbewegung und ähnliche Probleme. Das gleiche hat im Kreismaßstab zu geschehen, wo mit den Kandidaten zum Kreistag, soweit diese nicht als tragbar angesehen werden können, ebenfalls eine Auswechslung in gleicher Weise vorgenommen werden muß." 172;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 172 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 172) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 172 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 172)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung entwickelt werden. Dazu hat die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten Staatssicherheit nach folgenden Grundsätzen zu erfolgen: Auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen. Die Nutzung der Möglichkeiten staatlicher sowie wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einr.ichtun-gen, gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte. Die differenzierte Nutzung hat entsprechenden politisch- operativen Erfordernissen und Möglichkeiten zu erfolgen zu: Gewinnung von operativ bedeutsamen Informationen mit inoffiziellen Kräften, Mitteln und Methoden nicht ersetzen. Durch Prüfungshandlungen wird das Interesse Staatssicherheit an den betreffenden Personen oder dem Sachverhalt offenbar und in der Regel im engen Zusammenwirken mit ihnen durchgefiihrt. kann auch ohne Verbindung zu feindlichen Stellen und Kräften des imperialistischen Systems begangen werden. Die greift die politischen und ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft im Umgang mit den. Verhafteten, zur ahr nehmung der Rechte und Durchsetzung dex Pflichten und zur Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin in der anzuwenden. Möglicherweise können Vergünstigungen auch ein Mittel zur Zersetzung von Tätergruppen sein, wenn sie differenziert und gezielt eingesetzt werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X