Unrecht als System 1950-1952, Seite 149

Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 149 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 149); erforderlichen Genehmigungen, Warenbegleitpapiere usw. beschaffen. Alle erforderlichen Papiere wurden erteilt. Dies ergibt sich aus dem von mir in Urschrift überreichten Schreiben des Senators für Verkehr und Betriebe vom 23.10.51. Die zu transportierenden Möbel wurden in Westberlin in insgesamt 64 Colli verpackt und auf einen mir gehörigen Lastzug verladen. Es handelte sich um einen Mercedes-Lastkraftwagen mit Anhänger mit einer Ladefähigkeit von insgesamt 10 to, dessen Zeitwert ich auf rd. 12 000 DM-West schätze. Der Lastzug fuhr am Abend des 21.3. 1951 von Westberlin ab. Am Grenzkontrollpunkt Babelsberg wurde er ohne Beanstandungen kontrolliert. Von dort fuhr er weiter zum Grenzkontrollpunkt Marienbom. Nach etwa achtstündigem Warten wurde er am 22. März 1951 früh gegen 7 Uhr kontrolliert. Bei der Kontrolle der einzelnen Collis fand man ein Kindergemälde, das 1937 in Magdeburg gemalt und auch eingerahmt worden ist. Dies ergab sich aus einem auf der Rückwand angebrachten Vermerk. Das Fahrzeug mit Ladung wurde daraufhin mit der Begründung beschlagnahmt, das Ladegut stamme aus der Sowjetzone. Hiervon kann aber keine Rede sein, denn der Eigentümer der Möbel, Herr Paul Kleinert, hat niemals in der Zone gewohnt, und die transportierten Möbel haben sich auch niemals in der Zone oder in Ostberlin befunden. Gleichzeitig mit der Beschlagnahme des Fahrzeuges und seiner Ladung wurden ich, mein Sohn Rolf Rietschel sowie der Verlader Paul Kleinert in Haft genommen und gegen 16 Uhr in eine Gefängniszelle gebracht, die sich im Polizeihof Marienbom befand. Wir wurden voneinander getrennt untergebracht. Am 24. März 1951 mittags gegen 12 Uhr wurde ich erstmalig vernommen. Die Vernehmung erfolgte vor drei Polizisten des Grenzkontrollpunktes Marienborn. Der eine war der Kommissar Merkel. Sein Vorname ist mir unbekannt. Von dem zweiten Polizisten ist mir der Familienname unbekannt. Ich konnte später nur in Erfahrung bringen, daß er aus dem Sudetengau stammt und allgemein als „Sepp" angesprochen wurde. Die drite Person war eine Polizistin, die das Protokoll führt. Die Vernehmung wurde vom „Sepp" geleitet. Er begann mit der Behauptung, mein Sohn sowie Herr Kleinert hätten bei ihrer Vernehmung zugegeben, daß die transportierten Möbel aus der Sowjetzone stammen und dort nämlich in Magdeburg auch geladen worden seien. Da dies nicht der Fall gewesen ist, erklärte ich, es sei doch ganz unmöglich, daß mein Sohn und Herr Kleinert eine solche falsche Aussage gemacht hätten. Ich bat um Vorlegung des Protokolls ihrer Vernehmung, was mir aber verweigert wurde. Ich schilderte daraufhin den Sachverhalt so, wie er sich tatsächlich zugetragen hatte. Da der vernehmende Polizist aber immer wieder behauptete, die Verladung sei in Magdeburg durchgeführt worden, bemerkte ich schließlich in meiner Erregung dem Sinne nach: „Mit Euren russischen Methoden könnt Ihr mich nicht kleinkriegen." Kaum hatte ich dies ausgesprochen, sprang der Kommissar Merkel auf und schlug mir mit voller Kraft mit seiner rechten Faust auf den Mund. Ich hörte, daß meine Zähne knackten. Einige der oberen Vorderzähne waren locker geworden. Ich blu-tte und spürte heftige Schmerzen. Nach diesem Vorfall wurde die Vernehmung abgebrochen und ich in meine Zelle abgeführt. Als ich nach etwa 1% Stunden einmal die Toilette besuchen mußte, um mir meinen noch blutenden Mund ausspülen zu können, traf ich auf dem Gang des Gefängnisses Kleinert, der die Toilette gerade verließ: Er rief mir vorwurfsvoll zu: „Wie können Sie bei Ihrer Vernehmung nur gesagt haben, daß meine Möbel in Magdeburg geladen worden sind." Aus diesem Vorwurf entnahm ich, daß die Polizisten bei der Vernehmung von Kleinert mit der gleichen Lüge operiert, nämlich der Wahrheit zuwider behauptet hatten, ich hätte bei meiner Vernehmung (die übrigens noch gar nicht stattgefunden hatte, als sie vernommen wurden) die Verladung der Möbel in Magdeburg zugegeben. Am gleichen Abend etwa gegen 19 Uhr wurde ich wieder zur Vernehmung geholt. Sie wurde diesmal von Kommissar Merkel geleitet. Er erklärte mir, daß ich mit meinem Lastzug samt Ladung sofort abfabren könne, falls ich mich bereiterklärte, „einige Pakete" mit nach Westdeutschland zu nehmen. Ich erwiderte: „Wenn ich nicht weiß, was sich in den Paketen befindet, kann ich sie auch nicht mitnehmen." Hierauf bemerkte Merkel, es handle sich um Material für die Kommunistische Partei in Westdeutschland. Es sollte von mir nach Hannover an eine bestimmte Adresse die er mir auch angab, die mir aber nicht mehr in Erinnerung geblieben ist gebracht werden. Ich lehnte den Transport dieses Materials ab und sagte: „Sie müssen mir den Transport auch ohne die Verpflichtung zur Mitnahme von Propagandamaterial freigeben, denn es handelt sich um einen ganz legalen Transport." Merkel erwiderte hierauf in zynischem Ton: „Wir werden Sie schon noch kleinkriegen." Ich wurde wieder in meine Zelle abgeführt. Am gleichen Abend gegen 22 Uhr kam ein Wachtmeister in meine Zelle und erklärte mir, daß mein Sohn und Herr Paul Kleinert entlassen würden. Er fügte hinzu: „Wenn Sie uns entgegengekommen wären, d. h. wenn Sie sich zur Mitnahme von Propagandamaterial bereiterklärt hätten, könnten Sie gleich mitfahren." Mir wurde genehmigt, meinem Sohn meine persönlichen Sachen mitzugeben. Am 25. und 26.3.51 fanden keine Vernehmungen statt. Ich erhielt auch keinerlei Verpflegung. Die Zelle war ungeheizt. Ich fror erheblich und litt unter einem furchtbaren Hunger. Am 26. 3. 51 gegen 18 Uhr war ich ganz verzweifelt und schlug mit dem in meiner Zelle befindlichen Schemel gegen die Tür. Kurz darauf erschien Merkel mit 6 Polizisten. Ohne etwas zu sagen, fielen alle über mich her und verprügelten mich mit Gummiknüppeln oder Schläuchen. Sie schlugen mich vor allem über die Schulter und auf den Rücken. Ich warf mich aufs Bett und zog den Kopf ein. Einer der ersten Schläge traf midi über die Lippen. Ich fühlte sofort, daß einige Zähne ausgeschlagen worden waren. Später stellte ich fest, daß insgesamt 16 Zähne entweder ausgeschlagen oder locker waren. (Alle gelockerten Zähne mußten nach meiner Entlassung entfernt werden.) Am nächsten Tage, also am 27.3.51, vorm. 8 Uhr wurde ich aus der Zelle geholt und mußte mit meinem Lastzug, der noch beladen war, nach dem Bahnhof Marienborn fahren, wo die Ladung registriert wurde. Dies dauerte bis nachmittags 17 Uhr. Dann wurde das Fahrzeug mit mir wieder nach dem Polizeihof Marienbom zurückgebracht. Am Abend des 27.3.51 erhielt ich seit meiner Verhaftung am 22.3.51 erstmalig Verpflegung, und zwar eine dünne Suppe mit einer Scheibe Brot und etwas Marmelade. In den nachfolgenden Tagen wurde ich regelmäßig verpflegt. Am 2.4.51, vormittags 11 Uhr, wurde ich dann ohne nochmalige Vernehmung und ohne weitere Erklärungen entlassen und fuhr von Marienbom nach Bad Pyrmont, wo ich mich in ärztliche Behandlung begeben mußte. Ich mußte insgesamt 3 Monate in ärztlicher Behandlung bleiben. Etwa die gleiche Zeit war ich auch arbeitsunfähig. Fahrzeug und Ladung blieben beschlagnahmt. Alle Freigabeanträge waren erfolglos. Der Wert der Ladung ist von Herrn Paul Kleinert mit etwa 6000 DM-West angegeben worden. Es handelt sich um eine wertvolle Möbelladung. -Vorgelesen. Genehmigt. gez. Max Rietzschel ,Verwertung von Mobiliar4 DOKUMENT NR. 171 Magistrat von Groß-Berlin Abt. Justiz Just. III 3012/25 Ba/Bo Berlin C 2, den 14. 3. 1951 Stralauer Str. 42 43 An den Herrn Landgerichtspräsidenten in Berlin C 2 Betr.: Verwertung von Mobiliar verlassener Wohnungen Es sind in letzter' Zeit mehrfach Fälle festgestellt worden, in denen sich Personen unter Zurücklassung ihres Mobiliars in ihren Wohnungen aus verschiedenen Gründen nach Westdeutschland abgesetzt haben. In der Regel ist der Aufenthaltsort solcher Personen nicht bekannt und es werden auch von ihnen keine mit Vollmacht versehenen Beauftragten zurückgelassen. Die Wohnungen, die bei der bestehenden Wohnraumnot in Berlin dringend benötigt werden, stehen u. U. mit dem Mobiliar längere Zeit leer, da bisher Unklarheit über die Behandlung der in den Wohnungen yer-bliebenen Einrichtungsgegenstände bestand. 149;
Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 149 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 149) Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet, zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ), Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952, Seite 149 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 149)

Dokumentation: Unrecht als System, Dokumente über planmäßige Rechtsverletzungen im sowjetischen Besatzungsgebiet [SBZ, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UFJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Teil (Ⅰ) 1950-1952, herausgegeben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen, Bonn 1952 (Unr. Syst. 1950-1952, S. 1-240).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit nicht zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gemacht werden können. Die erforderliche Prüfung der Ausgangsinformationen beziehungsweise des Sachverhaltes, Mitarbeiter Staatssicherheit betreffend, werden durch den Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage - des Programmes der Partei ; der Beschlüsse des Zentralkomitees und des Politbüros des Zentralkomitees der Partei ; der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des Gesetzes kein Ermittlungsverfahren eingeleitet und die Schreibmaschine nicht für die Beweisführung benötigt wird. Ausgehend von diesen allgemeinen Voraussetzungen ist bei der Gestaltung von Prozessen der Untersuchungsarbeit durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit. Zum Gegenstand der im Gesetz normierten Befugnisregelungen, ihrer Abgrenzung von strafprozessualen Prüfungshandlungen und sich hieraus ergebende Konsequenzen für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den strafprozessualen Befugnissen des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ableitet. Jegliche Nutzung des Paragraphen Strafprozeßordnung im Zusammenhang mit operativen Befragungen ist mit der Preisgabe der Identität als Untersuchungsorgan verbunden.

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