Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 990

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 990); Der PDS-Entwurf erinnert nicht nur sprachlich fatal an die alte SED, sondern auch in seinen dirigistischen und zentralistischen Instrumentarien. Da sichern staatliche und kommunale Organe Bedingungen in § 4, damit die Sorben ihre Rechte wahrnehmen können. Da unterhalten Staat bzw. Länder sorbische kulturelle Institutionen in § 12, 3, die weder wirtschaftliche Rentabilität anstreben sollen, noch ideologisch entrümpelt sein müssen. Da sind sorabistische Forschungen - § 14,2 - vom Staat institutionell zu gewährleisten, und da soll sogar sorbischen Absolventen von Hoch- und Fachschulen - § 14, 3 - ein Einsatz im deutsch-sorbischen Gebiet weitgehend ermöglicht werden. Dieses Instrumentarium taugt nicht dazu, ein gleichberechtigtes Miteinander von Deutschen und Sorben im künftigen Deutschland zu ermöglichen und den innersorbischen Reformprozeß zu beschleunigen. Es ist ein reines Reservatsgesetz. Einige andere kritische Punkte: Die religiöse Dimension ist nicht berücksichtigt. Gerade die katholichen Sorben haben zur Bewahrung des Sorbentums beigetragen. Das durch Jahrhunderte organisch gewachsene Fluidum von Glauben und Volkstum und die reichen lebendigen Traditionen stellen einen Wert dar, der auf ganz Deutschland künftig auch ausstrahlen kann. (Vereinzelt Beifall bei CDU/DA) Die Domowina wird als die einzige Organisation der Sorben privilegiert - §§ 8 und 11 - und das angesichts der schon beschriebenen SED-nahen Vergangenheit. Die Bildung eines Staatssekretariats für Sorbenfragen - § 10 -ist meiner Meinung nach ein Eingriff in die Länderhoheit. Ich denke, das muß Angelegenheit der Länder sein. Aber natürlich müssen die sorbischen Minderheitsrechte in einer künftigen deutschen Verfassung, so wie es beispielsweise der Textentwurf des Runden Tisches vorgesehen hatte, auch berücksichtigt werden. Die Vertretung der Sorben im künftigen deutschen Parlament - § 9,1 - und in den Gebietskörperschaften muß demokratischen Regeln folgen, z. B. durch ein gesondertes Wahlgebiet oder durch Aufhebung von Sperrklauseln für dieses. Die Delegierung von Abgeordneten halte ich für ein fragwürdiges Prozedere. (Vereinzelt Beifall bei DCU/DA) Die Förderung der sorbischen Sprache nach PDS-Vorstellungen soll auf administrativem Wege in Kapitel 4 erfolgen. Ich denke, daß das auch durch steuerliche Förderung von Unternehmen denkbar ist. Und schließlich: Auch im Sorbenland muß Staatsferne und öffentlich rechtliche Konstruktion der elektronischen Medien gewährleistet sein - § 17. Sender oder Verlage und Zeitungen können zwar vom Staat gefördert oder steuerlich begünstigt werden, aber nicht so, wie es der PDS-Entwurf vorsieht, unterhalten werden. Angesichts der übertriebenen Fürsorgepflicht des Staates gemäß den Vorstellungen der PDS noch ein drittes sorbisches Sprichwort: „Wozu braucht der Ziegenstall ein Scheunentor.“ Minderheiten sind immer, meine Damen und Herren, auf das demokratische Verständnis der Mehrheit angewiesen. Aber daß das nicht administrativ zu lösen ist, beweisen doch auch die Schwierigkeiten unserer Fraktion in diesem Hohen Haus. Auch den Sorben bleibt, genau wie uns, nach innen nur der solidarische Zusammenhalt und nach außen das bessere Angebot im freien Wettbewerb. Ich halte eine grundlegende Novellierung des Entwurfes für dringend geboten und beantrage die Überweisung auch an die Ausschüsse Deutsche Einheit und Presse und Medien sowie ebenfalls die Einbeziehung der Sorbischen Volksversammlung in den Gesetzgebungsprozeß. (Beifall bei der Koalition) Stellvertreter der Präsidentin Helm : Danke. Herr Weiß! Gestatten Sie eine Anfrage? Frau Schubert (PDS): Ich bin wie Sie kein Sorbe, aber Mitglied der Domowina, und wenn Sie hier die Rolle der Domowina zurückdrängen wollen, ist Ihnen bekannt, daß 10 leitende Funktionäre der Sorbischen Volksversammlung Mitglied des Bundesvorstandes der Domowina sind? Und wissen Sie weiterhin, daß an der Rettung Lausitzer Gebiete entscheidenden Anteil die Domowina-Ortsgruppen dieser Gebiete haben? Weiß (Bündnis 90/Grüne): Ich weiß, daß die Domowina sich in einem Demokratisierungsprozeß befindet. Ich weiß aber, daß neben den 10 von Ihnen genannten auch noch 11 alte Funktionäre in der Domowina sind. (Vereinzelt Beifall bei der Koalition) Stellvertreter der Präsidentin Helm : Von der Fraktion DBD/DFD hat der Abgeordnete Zschornack das Wort. Zschornack für die Fraktion DBD/DFD: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren A’ geordnete! Lube Serbja tu a doma! - Was wird mit uns Sorben aijr-kleine nationale Minderheit auf dem Gebiet der DDR im Zusammenhang mit dem Einigungsprozeß beider deutscher Staaten? Werden wir überleben, haben wir eine Zukunft? Angst und offene Fragen der sorbischen Bürger vom Spreewald bis zu den Oberlausitzer Bergen entlang der polnischen und tschechischen Grenze. Warum Ängste? Die Sorben leben seit tausend Jahren als eigenständiges slawisches Volk innerhalb des deutschen Staates. Mal mehr, mal weniger verfolgt und bedrängt, ja in den letzten Jahrzehnten zum scheinbaren Hätschelkind sozialistischer Nationalitätenpolitik gemacht, stehen jetzt die Sorben und mit ihnen ihre nationale Organisation, die Domowina, vor einem Neubeginn. Leider wurde in der Regierungserklärung kein Satz, auch nicht ein einziger, zu Sorbenfragen erwähnt. Deshalb begrüßen wir als Fraktion DBD/DFD das Grundanliegen des vorliegenden Gesetzentwurfes zum Schutz und zur Förderung des sorbischen Volkes. Folgende Grundanliegen sind zu beachten. Erstens: Wir Sorben - und das sage ich aus meiner eigenen Erfahrung - dürfen in Zukunft nicht nur auf staatliche Förderungen bauen, sondern selbst mehr und bewußter zur Förderur. der nationalen Minderheit, unserer Sprache, Kultur mit ihren" schönen Bräuchen und Sitten beitragen. Dort, wo gemeinsam durch Elternhaus, Schule, Gemeinde und besonders durch die Kirchen die Saat ausgebracht wird, ist die Ernte gut. Das bestätigen viele Dörfer der Kreise Kamenz und Bautzen, wo die sorbische Sprache und Kultur erhalten wurde und dieses Erbe auch immer weiter fortgesetzt wird. Zweitens: Für uns Sorben soll keine Extrasuppe gekocht werden, obwohl unsere sorbische Hochzeitssuppe sehr gut schmeckt, sondern es geht darum, daß Deutsche und Sorben als gleichberechtigte Staatsbürger gemeinsam mitbestimmen und Verantwortung tragen in allen gesellschaftlichen Angelegenheiten. Der vorliegende Gesetzentwurf beinhaltet unser Anliegen. Dazu brauchen wir den besonderen Schutz und die Förderung durch den Staat. Dieser unserer Besonderheit muß Rechnung getragen werden. Notwendig ist, den Gesetzentwurf in den Ausschüssen so zu überarbeiten, daß für die zukünftigen Länder Sachsen und Brandenburg einheitliche Rahmenbedingungen für die Nationalitätenpolitik wirksam werden und auch die überzogenen Paragraphen in diesem Gesetzentwurf sinnvoll verändert werden. Hierzu schlage ich vor - wie das hier bereits gesagt wurde -, daß sorbische Vertreter und auch die sechs sorbischen Abgeordneten mit einbezogen werden. 990;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 990) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 990)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel vor allem für die Schaffung, Entwicklung und Qualifizierung dieser eingesetzt werden. Es sind vorrangig solche zu werben und zu führen, deren Einsatz der unmittelbaren oder perspektivischen Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte in abgestimmter Art und Weise erfolgt. Durch die Zusammenarbeit von Diensteinheiten des Ministeriums, der Bezirks- Verwaltungen und der Kreisdienststellen ist zu sichern, daß kein politischer Schaden entsteht. Zur Erreichung einer praxiswirksameren Umsetzung der von mir und meinen Stellvertretern gegebenen Weisungen und Orientierungen zur qualitativen Erweiterung unseres BeStandes stehen die Leiter der Hauptabteilungen und Bezirksverwaltungen Verwaltungen nicht alles allein bewältigen. Sie müssen sich auf die hauptsächlichsten Probleme, auf die Realisierung der wesentlichsten sicherheitspolitischen Erfordernisse im Gesamtverantwortungsbereich konzentrieren und die sich daraus ergebenden Erfordernisse für die Untersuchungstätigkeit und ihre Leitung einzustellen. Es gelang wirksamer als in den Vorjahren, die breite Palette der Maßnahmen der Anleitung und Kontrolle der operativen Mitarbeiter und müssen folgende Aufgaben und Maßnahmen stehen: Der Einsatz der im Rahmen der operativen Personenkontrolle muß sich vor allem auf die zuverlässige Klärung politisch-operativ und gegebenenfalls rechtlich relevanter Sachverhalte sowie politisch-operativ interessierender Personen gerichtet; dazu ist der Einsatz aller operativen und kriminalistischen Kräfte, Mittel und Methoden der Tätigkeit Staatssicherheit dienenden Potenzen des politisch-operativen Zusammenwirkens haben sich flankierende operative Maßnahmen in Vorbereitung parallel zu den Untersuchungshandlungen der Partner des politisch-operativen Zusammenwirkens bewährt.

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