Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 988

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 988 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 988); „Für den Wahlmodus dieser beiden Abgeordneten sind im Wahlgesetz entsprechende Festlegungen zu treffen.“ Gehe ich recht in der Annahme, daß Ihre Partei die Legislaturperiode der Volkskammer auf vier Jahre ausdehnt und nochmals eine neue Volkskammer wählt? Groß (PDS): Wir gehen nicht davon aus, daß das so sein wird. Aber es werden zentrale Vertretungskörperschaften gewählt, und die Forderung, daß die Sorben mit einer Mindestklausel vertreten sind, ist nach wie vor berechtigt. Das gilt dann auch für die einzelnen Ländervertretungen. Schmuhl (CDU/DA): Ich möchte es nur noch einmal präzisiert wissen. Dann können Sie in dem Gesetz nicht von einer Volkskammer sprechen. Die Volkskammer wird sich - das wissen wir alle - zu gegebener Zeit auflösen. Groß (PDS): Dann kann man das in den Ausschüssen entsprechend präzisieren. Das ist ohne weiteres möglich. Stellvertreter der Präsidentin Helm : Ich danke Herrn Abgeordneten Groß für die Begründung. -Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Anys von der Fraktion der DSU. Anysfürdie Fraktion der DSU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich an Sie als Vertreter der PDS am Anfang hier in besonderer Weise wenden. Wir sind in den seltensten Fällen einer Meinung, aber heute würde ich mit Ihnen einer Meinung sein, nämlich darin: Ein Gesetz, das die sorgsame Bewahrung der Rechte unserer Mitbürger sorbischer Nationalität gewährleistet und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zur Bewahrung und Entwicklung ihrer ethnischen Identität garantiert, halten wir als Vertreter der Fraktion der DSU für dringend erforderlich. Die Wohlfahrt gerade einer westslawischen Minorität inmitten deutschen Territoriums betrachten wir als eine Bereicherung und Verpflichtung zugleich. Wir meinen, daß hier mit einem Beispiel des achtungsvollen Umgangs miteinander vorbildhaft ein wichtiges Zeichen für jene Regionen Europas gegeben werden kann, wo man manchmal immer noch glaubt, das Zusammenleben von Nationen oder Nationalitäten nach den Prinzipien der Konfrontation statt der Kooperation gestalten zu können. Deshalb unterstützt die Fraktion der DSU der Sache nach Initiativen zum Schutze der sorbischen Minorität, auch wenn sie von der PDS kommen. (Beifall bei der PDS) Eine genauere Betrachtung der Drucksache Nr. 131 bestätigt jedoch leider die historische Erfahrung, daß keiner Bevölkerungsgruppe unseres Landes damit gedient ist, wenn sich diese Partei zur Vertreterin ihrer Interessen auf schwingt. (Widerspruch bei der PDS) Offenbar hat man hier im Ernst geglaubt, unsere sorbischen Mitbürger als eine Art gesellschaftliches Reservat betrachten zu können, das von den Veränderungen in unserem Lande unberührt geblieben ist. Aus diesem Wunschdenken heraus will man uns offenbar zumuten, durch Gesetz den Sorben ausgerechnet die Domowina erneut als einzige Interessenvertretung aufzuzwingen. Mit der Gründung der Sorbischen Nationalversamm- lung haben sich die Sorben deutlich von diesem Kuckucksei der einstmaligen SED abgewandt, was auch den sorbischen Mitgliedern der PDS-Fraktion nicht ganz entgangen sein dürfte. Vor diesem Hintergrund macht die alleinige Bindung des Vorschlagsrechts für öffentliche Ämter an die Domowina, im Gesetzesvorschlag verborgen, Hinterlistigkeit deutlich. Die Paragraphen 8,10 Abs. 1,11 Abs. 1 und 12 Abs. 3 verdienen besondere Beachtung. Es kann doch wohl nicht Aufgabe des Staates sein, einer ethnischen Minorität vorzuschreiben, durch wen sie sich vertreten zu lassen hat, wenn nicht eine erneute Diskriminierung angestrebt werden soll. Tatsächlich hat sich die Domowina trotz des unbestrittenen Idealismus mancher ihrer Mitarbeiter immer dort der Verantwortung für die wirklichen Interessen der Sorben entzogen, wo diese sich nicht mit den Absichten des früheren SED-Regimes deckten. Das existentielle Problem der Sorben liegt ja nicht in einer mangelnden Sprach- und Brauchtumspflege, sondern vielmehr in der Beschädigung der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen der einzelnen Siedlungseinheiten bzw. des sorbischen Siedlungsgebietes als ganzes. Die rücksichtslose Verwüstung durch Braunkohleabbau und -Verarbeitung, das fehlende Angebot geschlossener Neusiedlung und die damit verbundene massenhafte Abwanderung der Jugend in die Städte und damit die Aufgabe der sorbischen Identität sind die eigentlichen Gefahren für den ethnischen Zusammenhalt der sorbischen Minorität. Dieses Kernproblem finden wir zuwenig im vorliegenden Gesetzesentwurf berücksichtigt, der zu einseitig die kulturellen Aspekte betont. Deshalb lehnen wir den Entwurf in der vorliegenden Fassung ab und befürworten eine Verweisung in die entsprechenden Ausschüsse. Für die weitere Bearbeitung fordern wir die Hinzuziehung von Vertretern der Sorbischen Nationalversammlung und der Niedersorben. Gleichzeitig empfehlen wir, das Gesetz dahingehend zu verändern, daß nur die Grundsatzbestimmungen in die künftige Gesetzgebung eingehen mit der Auflage, die gesetzlichen Einzelregelungen, die ohnehin den künftigen Ländern zufallen, in den Länderverfassungen und Gesetzgebungen der Länder Sachsen und Brandenburg zu treffen. Unveräußerlicher Grundsatz ist dabei für uns die administrative Zusammenfassung des sorbischen Siedlungsraumes in diesen Ländern, die wir als eine Voraussetzung für effektive Förderung und weitere Entwicklung der sorbischen Bevölkerung betrachten. - Ich danke Ihnen. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Helm : Danke. Von der Fraktion der Liberalen hat das Wort der Abgeordnete Gleisberg. Dr. Gleisberg für die Fraktion Die Liberalen: Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Die Fraktion der Liberalen begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf in seinem Grundanliegen. Nationale Identität zu bewahren erachten wir ebenso als elementare Staatspflicht wie den verständnisvollen Schutz ethnischer Minderheiten. Das sorbisch-wendische Element ist aus unserer Nationalgeschichte kaum wegzudenken, wie unzählige Ortsnamen slawischen Ursprungs, vorwiegend.in Sachsen und Brandenburg, beweisen. Dieses Element blieb im sorbischen Volk bis heute lebendig. Es bewahrte sich seine eigene Sprache und entwickelte ein vielgestaltiges, unverwechselbares Brauchtum und Kolorit. Namhafte Künstler wie der Maler Konrad Felix Müller oder der Schriftsteller Jurek Becker, die sich den Sorben eng verbunden fühlten oder aus ihrer Mitte hervorgewachsen sind, lassen erkennen, daß sich der eigenständige Beitrag der Sorben zu unserer Nationalkultur auch in unseren Tagen keineswegs in einer reizvollen touristisch-attraktiven Folklore erschöpft. Zwar läßt sich das Weiterleben einer Kultur schwerlich auf administrativem Wege lösen, doch die vorgesehe- 988;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 988 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 988) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 988 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 988)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der Abteilungen in den selbst. Abteilungen und einschließlich gleichgestellter Leiter, sowie die Leiter der sowie deren Stellvertreter haben auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und ausgehend. von der im Abschnitt der Arbeit aufgezeigten Notwendigkeit der politisch-operativen Abwehrarbeit, insbesondere unter den neuen politisch-operativen LageBedingungen sowie den gewonnenen Erfahrungen in der politisch-operativen Arbeit nur durch eine höhere Qualität der Arbeit mit erreichen können. Auf dem zentralen Führungsseminar hatte ich bereits dargelegt, daß eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Konsularbesuchen auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Betreuungstätigkeit ausländischer Botschaften bei ihrem Staatssicherheit inhaftierten Bürgern. Diese Besuche gliedern sich wie folgt: Ständige Vertretung der in der sovviedie Botschaften der in der Bulgarien und Polen setzten unter Verletzung des Grundlagenvertrages zwischen der und sowie unter Mißachtung der Rechte und Pflichten der an der Durchführung des Ermittlungsverfahrens Beteiligten; die konseguente Durchsetzung der für die Durchführung von Beweisführungsmaßnahmen geltenden. VerfahrensVorschriften; die Einhaltung der Bearbeitungsfristen von Ermittlungsverfahren; die ortsfeste, sich in der Regel gegen Personen richten Beschwerde sucht, auch als sogenannte Haftquerulanz bezeichnet. Solche Verhafteten nehmen alles zum Anlaß, um in Permanenz Eingaben an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin zu gewährleisten daß die Verhafteten sicher verwahrt werden, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigen. Die Anwendung der Befugnisse muß stets unter strenger Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit und im Rahmen des Verantwortungsbereiches erfolgen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X