Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 93

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 93 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 93); Da bleiben wir doch lieber beim Christentum. Damit wissen wir etwas anzufangen. Und dann etwas zur Moral, weil das ja so häufig hier besprochen worden ist. Wir haben eine fatale Geschichte hinter uns. 1945 brach das Dritte Reich zusammen. Der Nationalsozialismus hatte die Welt zerstört, hatte Millionen Opfer hervorgebracht, die Menschen in KZs gesteckt, hat alle politischen Gegner verfolgt und sogar vernichtet. Die moralische Konsequenz aus dieser Geschichte muß doch sein, unter allen Umständen - und da haben wir eben nichts verdrängt, überhaupt nichts verdrängt - unter allen Umständen Gewaltanwendung - und das ist die Lehre aus dem Dritten Reich -unter allen Umständen Gewaltanwendung zu vermeiden und zu verhindern. Und da frage ich Sie, was haben Sie denn in den letzten vierzig Jahren gemacht? Sie haben die Lehren aus dem Dritten Reich nicht gezogen! Denn dann hätten sie das überhaupt nicht fertigkriegen können! (Beifall, vor allem bei der CDU und der DSU) Dann kommt das allergrößte Stück. Sie stellen sich hier hin vor ,is deutsche Volk nach 40 Jahren katastrophaler Politik, nach verbrechen, wie sie nach dem Dritten Reich nur noch in dieser Zeit stattgefunden haben auf deutschem Boden, (Zwischenruf vom Bündnis 90/Grüne: Zur Regierungserklärung bitte!) und nachdem Sie das Land heruntergewirtschaftet haben, stellen Sie sich hin und sagen: Nun entschuldigt mal. Keine Entschuldigung, wir entschuldigen uns vor dem deutschen Volk. Das ist ein einmaliger Vorgang, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das hat es in der deutschen Geschichte noch nicht gegeben, denn dann könnten wir ja Herrn Goebbels einräumen, daß er sich dreimal entschuldigen darf, und die ganze Angelegenheit ist erledigt. (Erregte Zwischenrufe aus mehreren Fraktionen - Zuruf: Jetzt reicht es aber! Schwacher Beifall bei der DSU und der CDU/DA. Die meisten Mitglieder der PDS-Fraktion verlassen aus Protest den Plenarsaal - Zuruf aus der PDS-Fraktion: Anstand haben Sie überhaupt nicht! Und: Bringen Sie doch ein Gesetz ein, daß sie uns erschießen sollen! - Glocke des Präsidenten -- Zuruf aus der Fraktion Bündnis 90/Grüne: / Daß paßt doch nicht zur Regierungserklärung!) Ja, ich höre gerne zu. Etwas zu der Währungsunion, meine sehr verehrten Damen und Herren. Da ist hier die Rede davon gewesen, daß der Bundeskanzler Kohl ein abnehmendes Interessen an der Einheit des Vaterlandes zeigt. Das ist eine Unterstellung. (Glocke des Präsidenten) Daß läßt sich nicht nachvollziehen. Das ist eine Behauptung. (Zuruf: Aufhören!) (Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluß. Zwischenruf: Dazu hätte es mindestens einen Ordnungsruf geben müssen.) Meine Damen und Herren, noch etwas zum Artikel 23. Der Artikel 23 ist ein Rechtsanspruch gegenüber unserem Volk und kein Gnadenakt. (Erneut Glocke des Präsidenten) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Als nächster spricht für die Fraktion der CDU/DA der Abgeordnete von Essen. Abg. Dr. von Essen (CDU/DA): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! In der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß dieses Parlament wie jedes andere frei gewählte Parlament die Verpflichtung hat, den Willen des Volkes zu erfüllen. Schade, meine Damen und Herren, daß die Herren hier aus der Mitte jetzt nicht da sind und es hören. In den Herbsttagen des vergangenen Jahres wurde durch Hunderttausende dieser Wille tausendfach deutlich zum Ausdruck gebracht. Er lautet: Nie wieder Sozialismus, nie wieder SED! Die Bevölkerung der DDR will nach 40jähriger Bevormundung und Unterdrückung endlich wieder in einem vereinten Deutschland leben. Das Volk will die deutsche Einheit nicht nur wegen der D-Mark, sondern weil dieses Land von der SED in den Ruin getrieben wurde. Die D-Mark ist nur Ausdruck einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. (Die Abgeordneten der PDS-Fraktion nehmen wieder ihre Plätze im Plenarsaal ein.) 40 Jahre lang hat diese Partei ein ganzes Volk systematisch unterdrückt und ausgebeutet. (Beifall bei der CDU/DA-Fraktion und der SPD-Fraktion. Zwischenruf: Wie steht es mit der Schuld der CDU? Wie sehen Sie Ihre eigene Schuld?) Wissen Sie, Sie können sich erkundigen, wie lange ich dieser neuen CDU angehöre, und dann dürften Sie mit mir darüber reden. (Beifall bei der CDU/DA-Fraktion) Die ökonomische Schwäche der DDR ist Ausdruck einer total verfehlten Wirtschaftspolitik. Unsere Betriebe sind nicht konkurrenzfähig. Unsere Landwirtschaft ist durch Kollektivierung und Dirigismus einer freien Wirtschaft nicht gewachsen. Wer trägt die Schuld an dieser verfehlten Politik? Herr Krenz hat es uns noch am 1.11.1989 auf einer Pressekonferenz in Moskau gesagt. Er sagte: Alles, was sich in der DDR vollzogen hat, ist die Arbeit des Politbüros und der Partei. Na, bitte. Diese Partei hat unser deutsches Volk in zwei feindliche Lager gespalten. Sie hat gewachsene Strukturen, Straßen und Bahnlinien willkürlich zerstört. Sie hat Milliarden ausgegeben, um eine Todesgrenze quer durch Deutschland zu errichten. Wer hat den Stacheldraht und die Schandmauer bezahlt? Wer hat die Kosten für die zig tausend Grenzbewacher, für elektronische Sicherheitseinrichtungen, für Minen und Bluthunde getragen? Wer hat die Kosten für zerstörte Wohnhäuser, für Kirchen und Betriebe, die im Grenzgebiet lagen und um ein freies Schußfeld zu bekommen, dem Erdboden gleichgemacht? Wer trug die Kosten für den Staatssicherheitsdienst, die Spitzelorganisation, die Schild und Schwert der Partei war? Meine sehr verehrten Abgeordneten! Nicht nur daß dieses alles gegen unseren Willen geschah, wir sollen es auch noch bezahlen. Das, meine verehrten Abgeordneten, darf nicht sein. Wer dafür die Verantwortung trägt, muß auch nach dem Verursacherprinzip zur Kasse gebeten werden. (Beifall bei CDU/DA und SPD) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Ich bin nach der Geschäftsordnung verpflichtet, den Redner zu ermahnen, beim Thema zu bleiben. Es geht um die Regierungserklärung. Wenn die Verbindung deutlicher wäre, wäre es dem Hause hilfreich Dr. von Essen (CDU/DA): Ich bemühe mich, ich sehe das aber als einen Teil der Deutschlandpolitik. (Zuruf: Propagandarede!) Ja, so kennen Sie es. Die alte SED existiert nicht mehr, und das ist gut so. Eigentlich hätten Sie eben mit applaudieren können. 93;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 93 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 93) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 93 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 93)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Organisierung und Durchführung einer planmäßigen, zielgerichteten und perspektivisch orientierten Suche und Auswahl qualifizierter Kandidaten Studienmaterial Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Grundfragen der weiteren Erhöhung der Effektivität der und Arbeit bei der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Entweichungen inhaftierter Personen nas träge gemeinsam üijl uöh audex Schutz mid heitsorganen und der Justiz dafür Sorge, bei strikter Wahrung und in konsequenter Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden politisch-operativen Untersuchungshaft Vollzug durchzuführen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung. Die ist ein wesentlicher Bestandteil der bedingungslosen und exakten Realisierung der Schwerpunktaufgaben. Die Arbeit nach dem Schwerpunktprinzip hat seinen Nutzen in der Praxis bereits voll bestätigt.

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