Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 928

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 928 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 928); Eine letzte Anfrage. Frau Wegener (PDS): Herr Schwarz! Sie hatten vorhin die rhetorische Frage in Ihrem Vortrag, was ist aus diesen Menschen geworden, vor allen Dingen den Schülern und Lehrern, die alle so drangsaliert wurden? Haben Sie nicht auch, ich meine, Sie sind doch auch daraus entstanden? Ich meine, Zweifel rückwirkend würden sich auch bei mir jetzt ergeben, so schlimm kann es ja nicht gewesen sein, denn Sie existieren ja auch. (Protest bei CDU/DA) Schwarz (DSU): Da es ein Problem ist, kann man es beantworten. Wissen Sie, die Schule verlangt ungefähr ein Drittel der Erziehung. (Unverständlicher Zuruf) Bitte, ich gebe Ihnen ja gerne die Antwort. Das zweite Drittel, das tun zu Hause die Eltern, und ich habe oft gemerkt, wenn Eltern genau wußten, was sie durchsetzen wollten, dann konnte die Schule mit allem kommen, was sie wollte, das glitt an vielen Schülern ab. (Beifall bei der Koalition) Und dann, mit dem damaligen Unterrichtstag in der Produktion oder mit dem praktischen Arbeiten im PA-Unterricht ESP kam bei den Schülern die Erkenntnis, das ist ja alles Theorie, was sie in der Schule erfahren, denn die Praxis in den Betrieben sah ganz anders aus, und da brach manches Weltbild zusammen. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich danke dem Abgeordneten Schwarz und rufe von der Fraktion der Liberalen den Herrn Abgeordneten Schicke auf. Schicke für die Fraktion Die Liberalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, Sie hatten das Glück der sechsten Stunde, ich habe das Pech der letzten Stunde. Für uns Liberale sind Bildungschancen und Bildungsangebote gleichzusetzen mit Freiheits- und Lebenschancen, Orientierungshilfen und Angeboten zum Beteiligtsein. Strukturwandel erfordert zwingend mehr Wahlmöglichkeiten und mehr Wettbewerb auch im Bildungswesen, so zwischen staatlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil der Erziehung und Bildung zum mündigen Bürger einerseits und Chancen der Überwindung negativer Konsequenzen eines vereinheitlichten und vereinheitlichenden Schulwesens. Sie sind aber andererseits ebenso gefragt als Chancen der Ermutigung zu pädagogischer Vielfalt anstelle unzureichender pädagogischer Freiräume. Unser Eintreten für ein nach freiheitlichen Prinzipien gestaltetes Bildungswesen geht davon aus, daß ein höheres Bildungsund Qualifikationsniveau elementare Voraussetzung für die lebensnotwendige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit auch unserer Wirtschaft ist. So sehen wir im heute in die Ausschüsse zu verweisenden Verfassungsgesetz über Schulen in freier Trägerschaft einen wichtigen Schritt, ein Angebot zu einem initiativfördernden, pluralistisch gegliederten und durchlässigen Schulsystem mit Leistungsmöglichkeiten für alle. Schulen in freier Trägerschaft öffnen weitere Möglichkeiten, für die Wahl des Schultyps nur den Elternwunsch in Abhängigkeit von der Bildungsmöglichkeit ausschlaggebend sein zu lassen. Und, meine Damen und Herren, diesem Streben von Eltern nach alternativen Schulen zu folgen, das läßt in einem wirklich demokratischen Prozeß in Verbindung mit entsprechender Unterstützung durch den Staat Reformen in unserem Land auf dem Gebiet der Bildung sich fortsetzen. Eine solche Vielfalt gibt Gelegenheit, Bildungseinrichtungen zu fördern, die auch regionale Besonderheiten widerspiegeln, berücksichtigen und integrieren und somit vor allem auch den entstehenden Ländern die Möglichkeit zugestehen, ja, sie herausfordern, sie in ihrer Verschiedenartigkeit zu akzeptieren - wobei Einheit in der Vielfalt herrschen muß. Das gilt auch und vor allem für die Finanzierungsfragen. Deshalb halten wir den Elternbeitrag grundsätzlich für angebracht. Doch sollten in den auszuarbeitenden Länderregelungen solche Festlegungen zu Pflichtbeiträgen der Eltern getroffen werden, die eine im heute schon oft zitierten § 5 des vorliegenden Gesetzes genannte Sonderung der Schüler nach Besitzverhältnissen der Eltern nicht zuläßt. Die Finanzierung des Bildungswesens ist traditionell eine Aufgabe des Staates, und wenn wir die Schulen in freier Trägerschaft bejahen, so werden wir auch stets all das bejahen, was dazu dient, den Einzelnen zu befähigen, seine begründeten Ansprüche gegenüber dem Staat durchzusetzen und ihm eine aktive Teilnahme am Leben zu ermöglichen. Und es ist doch wohl nicht zu leugnen, daß es unter den Heranwachsenden eine stärkere Problembetroffenheit, eine hohe Sensibilität für alle Fragen des Lebens und vor allem ein stärkeres Streben, sich erproben zu wollen, gibt. Äußerungen dessen sind häufig Unzufriedenheit mit der verengten Unterrichtsschule und der Wunsch, eine Lebenschule besuchen zu können, eine Schule, die mit den Kindern freundlich und verständig umgeht. Unsere Zustimmung gilt ihrer ergänzenden und bereichernden Funktion. Wir sehen Möglichkeiten unkonventioneller und ungewöhnlicher pädagogischer Wege. Damit fördert sie, so meinen wir, neue Ideen und belebt den pädagogischen Wettbewerb. All dies ist von großer Tragweite auch für tieferes Nachdenken über die Schulen für die Mehrheit unserer Kinder. Mit Schulen in freier Trägerschaft können wir nach unserer Auffassung der festen Verwurzelung unserer Bildung in der Geschichte der Länder auf dem Territorium der DDR in höchst produktiver Weise Rechnung tragen. Dabei darf es zu keiner Verzettelung etwa im Streit um die Struktur von Schulen kommen. Wir meinen, Vielfalt und Ortsriähe - auch angesichts sinkender Schülerzahlen - müssen gesichert sein. Deshalb ist das heutige Gesetz notwendig, um ein möglichst breit gefächertes Angebot zu ermöglichen. Andererseits müssen die konkreten Entscheidungen in den Ländern in Kooperation mit den jeweiligen Schulträgern getroffen werden. Wichtiger als Schulformen sind nach wie vor die Unterrichtsinhalte und die Fähigkeit der Lehrer zu ihrer Vermittlung. Erlauben Sie mir, wenn ich auch der letzte bin, in meinen letzten Bemerkungen mich vor allen Dingen einmal denen zuzuwenden, die diese Schulen besuchen sollen, werden und wollen -unserem Kindern. Das Wertvollste ist für mich eine am Kind orientierte Schule. Und die beginnt dort, wo der Lernort Schule als Lebensraum erfahrbar wird, wo nicht die Ökonomie des Lernens dominiert, sondern auch Ökologie des Lernens Beachtung findet, Individualisierung des Lernens möglich ist durch Reduzierung von Lerninhalten, mehr Diskussions- und Vertiefungszeit besteht. Und wir meinen: Bestehende Schulvielfalt in der Bundesrepublik und entstehende Schulvielfalt in der DDR sind nach Meinung der Liberalen exakt der Schnittpunkt deutsch-deutscher Bildungspolitik, der gesamtdeutsche Grundentscheidungen anmahnt. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich danke Herrn Abgeordneten Schicke. Keine Anfragen? -So fahren wir mit der Aussprache fort. Ich rufe von der Fraktion Bündnis 90/Grüne Herrn Abgeordneten Pietsch auf. Pietsch für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorausschicken, daß ich nicht die abgeschlossene Meinung der Fraktion zum Ausdruck bringen kann. Wir befinden uns noch im Meinungsbildungsprozeß, nicht im Glaubenskrieg. Und ich würde allen wünschen, diese Probleme wirklich so anzugehen, 928;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 928 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 928) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 928 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 928)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, als auch bei der Bearbeitung und beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Die Notwendigkeit der auf das Ermittlungsverfahren bezogenen engen Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Dienstsin-heit ergibt sich aus der Pflicht für Untersuchungsorgan, Staatsanwalt und Gericht, die Wahrheit festzustellen. Für unsere praktische Tätigkeit bedeutet das, daß wir als staatliches Untersuchungsorgan verpflichtet sind, alle Tatsachen in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmung über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der Mitarbeiter, für Suicidversuche unduWarMchtung von Beweismaterial sind unbedingt ausbusnüält-nn, was bei der Ausgestaltung grundsätzlich Beachtung finden muß.

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