Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 874

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 874 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 874); Insbesondere halten wir folgende Maßnahmen für erforderlich: 1. Bildung eines Verfassungsgerichts “ Dem konnte nur beigepflichtet werden. Bis auf den Tag ist in dieser Hinsicht nichts geschehen. Wenn Sie so wollen, nehmen wir in dieser Beziehung auch eine gewisse Stellvertreterfunktion wahr. Und vom Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit war hier in diesem Saale, von dieser Tribüne aus oft die Rede. Ich gehe sicher nicht fehl, wenn ich meinen Eindruck vermittle: Hier hat es in bezug auf diesen wichtigen Punkt unserer Rechtsordnung, auch der erklärten Regierungspolitik, keinerlei Eile gegeben. Das ist hinausgeschoben worden. Und heute gibt es Stimmen - sie sind sicher nicht ganz vereinzelt -, daß durch Zeitablauf dieses Thema einfach kein zweckmäßiges mehr sei, es in einer seriösen Form in dieser Kammer zu erörtern; denn wir hätten ja nur noch 6 Monate, die uns bevorstehen für eine eigene Verfassungsgesetzlichkeit in dieser Republik. Das wird sicher richtig sein. Aber man kann es auch so formulieren: Wir haben nicht „nur noch“ 6Monate; wir haben „immer noch“ 6 Monate. (Zuruf von CDU/DA: Leider!) Das ist Ihre Sache, ob Sie das als „leider“ oder anders bewerten, das muß jeder mit sich ausmachen. Aber wir haben in diesem Prozeß der 6 Monate, denke ich, etwas zu tun, was uns auf eine ordentliche, korrekte Weise des Übergangs in eine ganz neue Gesellschafts-, Rechts- und Staatsordnung einführt. Ich würde diese 6 Monate begreifen wollen als eine Periode, in der Dynamik der Gesellschaftsentwicklung, der Wirtschaftsentwicklung, der Rechtsentwicklung und Gesetzlichkeit sich zur Einheit bilden müssen. Und diese Einheit haben wir nicht. Es ist nicht mehr machbar - höre ich auf den Gängen. Aber was war nicht alles in sehr viel kürzerer Zeit durch dieses Haus, durch dieses Parlament machbar! (Beifall bei PDS und Bündnis 90/Grüne) Ja, weil anderes notwendig war, sicher, und genau hier liegt ein Problem; es ist ein Problem der politischen Prioritäten. Wie sieht man denn Gesetzlichkeit und Verfassungsgesetzlichkeit? Dieses Parlament hat in atemberaubend kurzer Zeit Gesetze verabschiedet, die tief in das Leben der Menschen einwirken, in die Wirtschaft, in das öffentliche Leben, nicht zuletzt in die Justiz, eine Fülle von neuen Rechtslagen ist entstanden, von Berechtigungen und Verpflichtungen. Aber das Recht gewinnt doch seine Wertung und seine Wirkung auch daraus, daß es klar ist in seinen Aussagen, daß es Mechanismen gibt, die einer wirksamen Kontrolle dienen, daß es korrekt, unseren Beschlüssen gemäß zugeht. Und eben auf diese Seite der Mechanismen haben wir einen so großen Wert nicht gelegt. Ich möchte Sie auf folgendes aufmerksam machen: Wir haben heute in einem weitestgehenden Konsens in diesem Haus das Richtergesetz beschlossen. Und in diesem Gesetz haben wir heute folgende Formulierung beschlossen: das Recht der Richter, die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften durch ein zuständiges Gericht zu beantragen. Das ist der Beschluß von heute. Bitte, was ist das zuständige Gericht, zu dem wir uns heute bekannt haben? Das Oberste Gericht kann es nach dem Gerichtsverfassungsgesetz nicht sein. Ein anderes steht uns nicht zur Verfügung. Wir haben die Kommunalverfassung beschlossen. Wir beschäftigen uns mit dem Ländereinführungsgesetz, und überall tauchen Rechtsfragen auf, die unmittelbar oder mittelbar das Thema der Verfassungsgesetzlichkeit berühren. Uns erreichen Schreiben, Fragen, Anträge, die ein Bedürfnis nach Auslegung dessen ausdrücken, was wir beschlossen haben, von Bürgern, von Organisationen, von Organen, die Diskussion in den Ausschüssen zeigt uns das. Der Zustand der Gesetzlichkeit im Land ist nun nicht gerade preiswürdig, er ist besorgniserregend. Wir haben eine Fülle von Subjektivismen. Wir haben so etwas, was ich als eine Art von Landrecht bezeichnen muß, da und dort, unabhängig davon, was dieses Haus beschlossen hat. Die Autorität des Staates und des Rechts hat gelitten. Das hat natürlich eine Tradition. Das ist ja nicht das Problem der letzten Vierteljahre. Nur, da liegt etwas, womit wir uns zu beschäftigen haben. Aber wir haben uns, denke ich, um einen neuen Ansatz zu bemühen, und dem, meine ich, sollten wir entgegenwirken. Das liegt im Interesse der Persönlichkeit der Rechte der Bürger, der Solidität, der Verläßlichkeit der Entscheidungen, auf welcher Ebene sie immer getroffen werden. Und nun sind wir in einer unerhörten Bedrängnis. Ich sehe ja die Probleme, die auf uns zukommen, in denen wir uns bewegen. Ich plädiere für ein Verfassungsgericht und bin - obwohl Verfassungsrechtler - nicht in der Lage, hier zu sagen, was ist eigentlich die Verfassung der DDR? Wir haben ja eine Fülle von Entscheidungen getroffen, die diese Verfassung, die doch eine Crux darstellte für unsere Entwicklung, amputiert haben an Haupt und Gliedern. Und das, was wir als Organersatz angeboten haben, ist wahrlich kümmerlich. (Beifall bei der PDS) Aber unabhängig davon, ob das kümmerlich ist oder nicht, es muß ja gearbeitet werden. Jeden Tag werden Richter gefordert! Jeden Tag werden Staatsanwälte gefordert, Landräte, Bürgermeister! Und das muß doch eine Solidität haben. Also, wir haben staatsvertragskonforme Verfassungsgrundsätze formuliert. Das war wahrlich kein juristisches Meisterstück. (Beifall bei der PDS) Wir gehen davon aus, daß sie verpflichtend sein sollen und orientierend. Wir haben den Verfassungsentwurf des Runden Tisches, der auch international große Beachtung gefunden hat, vom Parlamentstisch gewiesen. Aber am selben Tage - ich möchte nur auf unsere Problemlage aufmerksam machen - wurde eine Kommission im Justizministerium installiert, mit der Aufgabe, eine neue Verfassung auszuarbeiten, von der die Abgeordneten durch die Westmedien erfahren haben. Es ist bis heute dem Parlament nicht vorgelegt worden. Das ist doch ein Problem von politischer Wertigkeit. Ich will hier nicht die Geschichte, die keine rühmliche ist, der Verfassungsgeset' lichkeit in unserem Lande hier diskutieren. Die Zeit würde rru weglaufen. (Unruhe im Saal) Auf einige Züge des Verfassungsentwurfs möchte ich ganz kurz verweisen. Wir plädieren für Selbständigkeit und Unabhängigkeit eines Verfassungsgerichts im Verhältnis zu einem anderen Verfassungsorgan. Wir würden eine breite Zuständigkeitsregelung für erforderlich halten - hinsichtlich der Menschen-und Grundrechte, hinsichtlich des Landesrechts und seiner Vereinbarkeit mit dem Recht der Republik, für Streitigkeiten im Verhältnis von Republik und Land. Die Länder kommen doch auf uns zu, und es wird ein Fülle von Problemlagen geben, die ein richterliches Urteil verlangen. Das Thema der Verfassungswidrigkeit von Organisationen wird uns beschäftigen, das Problem der Rechte von Trägern der kommunalen Selbstverwaltung, und es steht das Thema der Entscheidung über Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen der Volkskammer selbst. Wir haben unsere Vorschläge unterbreitet, so wie wir das sehen, wie ein Verfassungsgericht gebildet werden könnte, aus be-rufs- und lebenserfahrenen Juristen bei einem Wahlverfahren bei maßgeblicher Mitwirkung dieser Kammer selbst. Wir haben uns geäußert zu den Inkompatibilitäten, zu den Nichtvereinbarkeiten. Ich möchte das alles nicht darstellen. 874;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 874 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 874) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 874 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 874)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges berechtigt. Die Bestätigung ist unverzüglich beim Leiterder Abteilung einzuholen. Er hat diese Maßnahmen zu bestätigen oder aufzuheben. Über die Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung in mündlicher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Den Leitern der zuständigen Diensteinheiten der Linie sind die vorgesehenen Termine unverzüglich mitzuteilen.

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