Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 846

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 846 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 846); Prof. Dr. Bis ky für die Fraktion der PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wohl keiner der hier Versammelten hat erwartet, daß eine Neugestaltung der Medienordnung im Prozeß der Vereinigung beider deutscher Staaten ein einfacher Akt sei. Seit dem Herbst 1989, besonders nach der größten Protestdemonstration am 4.11. für Pressefreiheit auf dem Berliner Alexanderplatz, setzte eine sehr intensive Arbeit in den verschiedenen Parteien, demokratischen Bewegungen und an Runden Tischen ein, eine demokratische Mediengesetzgebung zu erarbeiten. Ein vorläufiges, aber im Nonsens aller erreichtes Ergebnis war der Beschluß der Volkskammer über die Gewährleistung der Meinungs-, Informationsund Medienfreiheit vom 5. Februar 1990, ein weiteres wichtiges Ergebnis war die Bildung des Medienkontrollrates. Der Herr Ministerpräsident traf dazu eindeutig positive Feststellungen in seiner Regierungserklärung. Die Medien als vierte Gewalt sollten durch eine Kommission zur Mediengesetzgebung geordnet werden. Ich zitiere aus dem § 15 des Beschlusses: „Der Gesetzentwurf ist der Öffentlichkeit zur Diskussion zu unterbreiten und danach der Volkskammer zur Beratung und Beschlußfassung vorzulegen.“ Plötzlich und überraschend tauchen Nachrichten in den Medien auf, die es geraten erscheinen lassen, eine Aktuelle Stunde zur Medienpolitik, insbesondere zu Rundfunk und Fernsehen, zu veranstalten, um Antworten auf Fragen zu geben, die in den Medien, aber auch bei Hörern und Zuschauern zur Beunruhigung beitragen. Ich beziehe mich durchaus auf den nachträglich eingezogenen Begriff „Zukunft der Medien“, aber die wird jetzt gestaltet. Es könnte nämlich sein, daß die Medien der DDR sich auflösen, und dann brauchen wir auch keine Gesetze mehr. Und Sie sind 100 Tage an der Regierung, und ich habe vorwiegend Fragen an die Regierung. Da soll plötzlich 1400, später sind es 950, Mitarbeitern des Rundfunks der Arbeitsplatz entzogen werden. Da erscheint in den Medien ein Rundfunküberleitungsgesetz, das mehr Staatsnähe als öffentlich-rechtlichen Charakter beinhaltet. Da kursieren Gerüchte über geplante Entlassungen beim Fernsehen und bei ADN - kurz und gut, es taucht die Frage auf: Werden die Mediengesetzgebungskommission und der Medienkontrollrat als demokratisches Feigenblatt benutzt, während ganz in alter Manier in kleinen Geheimgruppen die Gesetzestexte erarbeitet werden? Sind die Statuten, die sich Funk und Fernsehen gegeben haben, vom Medienkontrollrat bestätigt und mühsam erarbeitet und erstritten, plötzlich nicht mehr gültig? Entscheidet jetzt die Regierung, das Medienministerium oder wer eigentlich? Ist die Mitwirkung der Kirchen, der demokratischen Bewegung, der Verbände und anderer nicht mehr erwünscht? Werden die Belegschaft bei Funk und Fernsehen ausgeschaltet? Was wird aus ADN? - Fragen, zu denen wir eine Antwort erwarten. Stimmt es, daß erneut ein Parteimitgliedsbuch, jetzt freilich das einer anderen Partei, und nicht journalistisches, künstlerisches Können sowie Persönlichkeit gefragt sind, um in den Medien arbeiten zu können? Es ist ja der Brief veröffentlicht, vom CDU-Landesverband Berlin, 5.7. 1990, an den Kulturminister Schirmer (ND, S. 1). In diesem Brief wird aufgefordert - ich zitiere -, „alle PDS- oder ehemaligen SED-Mitglieder aus den Spitzenfunktionen mit sofortiger Wirkung zu entfernen“. (Beifall bei DSU und CDU/DA) Herr Ullrich Kasten von der CDU bietet sich als Generalintendant des DDR-Fersehens an. Ich möcnte auch wissen, wie unsere CDU zu der im Medienbeschluß der West-CDU vom 30. Mai 1990 getroffenen Feststellung steht, daß die Entfernung von PDS/ SED bis in mittlere journalistische Bereiche hinein erfolgen soll. Gibt es schon eine Liste? Das ist eine Frage. Dahinter steht die in diesem Lande noch in trauriger Erinnerung stehende Tradition, Andersdenkende auszugrenzen. Wann folgt die Ausgrenzung der anderen Oppositionellen? Ich will einige Positionen der PDS zu einzelnen Fragen in diesem Zusammenhang benennen. 1. Wir sind für die öffentliche Diskussion der Neuordnung von Rundfunk und Fernsehen als öffentlich-rechtliche Anstalten unter Länderhoheit. Wir sind für die Mitwirkung der Mediengesetzgebungskommission, des Medienkontrollrates, der Kirchen, der IG Kunst, Kultur, Medien und anderer demokratischer Bewegungen. Öffentlich-rechtliche Medien lassen sich unter Ausschluß der Öffentlichkeit glaubwürdig nicht einrichten, auch gesetzlich nicht. 2. Wir sind für den Erhalt von Arbeitsplätzen von Medienarbeitern, Journalisten und Künstlern der DDR in einem dualen Rundfunksystem bei Primat des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir sind für die demokratische Mitwirkung der Belegschaften von Funk und Fernsehen an ihren eigenen Angelegenheiten. 3. Wir vermissen ein inhaltlich durchdachtes Medienkonzept der Regierung. Das häufigste Argument zur Auflösung von DDR-Medien und folglich zur Vernichtung von Arbeitsplätzen sind die finanziellen Mittel. Medien kosten Geld, das ist richtig, und müssen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen effektiv arbeiten. Da besteht Übereinstimmung. Aber die Kultur- und Medienindustrie ist zugleich ein schon heute und in den künftigen Jahren wachsender Wirtschaftsbereich, der nicht nur kostet, sondern Arbeitsplätze sichert und auch Gewinn bringen kann. -Dafür gibt es in der DDR günstige Voraussetzungen: die DEFA Studios, das Filmarchiv, Fernsehen, Hörfunk, ADN und viele andere mehr im Medienbereich. Dort kann auch wirtschaftlich effektiv gearbeitet werden, wenn entsprechende Konzeptionen vorhanden sind. Dazu vermissen wir Ideen, hören immer nur von Abbau - manche reden gleich offen von Zerschlagung, aber kaum von Aufbau, von Ideen zur Nutzung der ohne jeden Zweifel vorhandenen Substanzen, z. B. des kreativen, kulturellen, künstlerischen und journalistischen Potentials, das wir in die Vereinigung einbringen können. Wenn immer nur von Abbau geredet wird, aber keine Ideen zur Gestaltung, zur Sicherung von Arbeitsplätzen entwickelt werden, dann wird unser heutiges Territorium im Medienbereich ein reines Konsumtionsland; dann werden auch die künftigen Landesrundfunkanstalten, für die wir sind, kaum überlebensfähig sein. Die Kultur- und Medienindustrie ist nach unserer Auffassung unbedingt in die Überlegungen zur Wirtschaftsstrukturanpassung einzubeziehen, sie ist auf Grund der gegebenen Voraussetzung in unserem Lande ein wichtiger Investitionsbereich. 4. Wir stehen allen Vorschlägen zur Erhaltung von überregio- nalen ostdeutschen Sendern bei Funk und Fernsehen positiv gegenüber. Ich will die einzelnen Vorschläge hier nicht aufzählen;.; das würde zuviel Zeit kosten - auch aus einem Grunde, der mit einer ehrlichen Aufarbeitung unserer Vergangenheit zu tun hat: Wirksame Medien, die behilflich sind, unsere Vergangenheit in einem längeren Prozeß ehrlich aufzuarbeiten, sind unverzichtbar. Die rasche Wende reicht nicht aus. Nicht wenige Künstler und Journalisten haben selbst aktiv die demokratische Erneuerung vorbereitet und den Prozeß der demokratischen Erneuerung aktiv und produktiv mitgestaltet. Ihre Mitwirkung ist im Interesse der Demokratisierung dringend erforderlich, und es sollten, bevor vollendete Tatsachen geschaffen werden, auch alle Daten aus Meinungsumfragen - so ist unser Vorschlag - von einer zu benennenden unabhängigen Expertenkommission geprüft werden, damit die Meinung von Hörern und Zuschauern, auf die sich ja wieder alle berufen, auch zur Kenntnis genommen und berücksichtigt werden kann. 5. Schließlich erwarten wir einen Gesetzestext, der wenigstens auf der Höhe der bundesdeutschen Gesetzgebung ist. 6. Angesichts der wachsenden Unruhe, die in Hörfunk, Fernsehen, bei der DEFA, bei ADN unter den Mitarbeitern herrscht, eine Unruhe, die von Ungwißheit ausgeht, sehen wir einen raschen Handlungsbedarf der Regierung. 846;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 846 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 846) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 846 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 846)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder rnaoistischer Gruppierungen der im Untersuchungshaf tvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Anordnung über die Befugnisse von zivilen Bewachungskräften zu er- folgen. Diese Befugnisse dürfen durch die Mitarbeiter Staatssicherheit jedoch nicht wahrgenommen werden. Die Durchsuchung von Personen zwecks Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, die in sonstiger Weise an der Ausschleusung von Bürgern mitwirkten Personen, die von der oder Westberlin aus widerrechtlich in das Staatsgebiet der einreisten; durch in die reisende. Rentner aus der DDR; durch direktes Anschreiben der genannten Stellen. Im Rahmen dieses Verbindungssystems wurden häufig Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik, Kontakttätigkeit und Stützpunkttätigkeit, des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens über sozialistische Länder. Der Mißbrauch der Möglichkeiten der Ausreise von Bürgern der in sozialistische Länder zur- Vorbereitung und Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis aber nur dann bewährt, wenn die Aussagebereitschaft des dadurch grundsätzlich gefördert wurde, das heißt, zwischen ihm und dem Pührungsoffizier ein wirkliches Vertrautens-verhältnis im positiven Sinne bestand.

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