Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 828

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 828 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 828); Diese Erfahrungen bringen wir in unsere gemeinsame deutsche Zukunft ein. Ein wichtiger Aspekt unserer Außenpolitik ist es, die deutsche Einheit in gutem Einvernehmen mit unseren Nachbarn zu verwirklichen. Besonders aus unserer Vergangenheit heraus verbleibt uns die Verpflichtung, mit den Sensibilitäten unserer Nachbarn behutsam umzugehen. Daher sind für uns die Grenzen in Europa unantastbar, unverrückbar und nicht mehr zu diskutieren. (Beifall) Beide deutsche Staaten wollen als gleichberechtigte Partner mit ihren Nachbarn dazu beitragen, die durch den 2. Weltkrieg verursachte Spaltung Europas zu überwinden und Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu fördern. Das Forum hierfür sind die 2+4-Verhandlungen. Am 22. Juni fand in Berlin das 2. Außenministertreffen im Rahmen dieser Verhandlungen statt. Die Gespräche sind in ihr entscheidendes Stadium getreten. Alle Seiten haben ihre Bereitschaft zur Verständigung erkennen lassen. Die Schwierigkeiten sind keine unüberwindlichen Schwierigkeiten mehr. Alle an den 2 + 4-Verhandlungen beteiligten Seiten nehmen eine konstruktive Haltung ein. Keine der vier Mächte versucht, ihre originären Rechte zu verewigen oder das vereinigte Deutschland in irgendeiner Weise in seiner Souveränität zu beeinträchtigen. Im Gegenteil: Alle sind darum bemüht, die in vieler Hinsicht bestehende besondere Situation, in der sich Deutschland infolge des 2. Weltkrieges bis heute befindet, so schnell wie möglich zu beenden. Alle wollen dies. Die noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten beziehen sich lediglich auf die Frage, wie die Sicherheitsbalance in Europa, die über 40 Jahre den Frieden - hier definiert als Abwesenheit von Krieg - gesichert hat, durch neue Verträge gleichermaßen wirkungsvoll gesichert werden kann. So können wir vom Prozeß der Friedenserhaltung zur aktiven Friedensgestaltung übergehen. Die beiden deutschen Staaten sind in den 2+4-Verhandlungen Partner und Betroffene zugleich und suchen mit den anderen Partnern eine stabile Regelung, die ganz Europa umfaßt. Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß es viele Male den ernsthaften Versuch gegeben hat, Europa auf Dauer den Frieden zu sichern. Diese guten Absichten sind oft schon nach kurzer Zeit gescheitert, vor allem wohl deswegen, weil sich in die Konstruktion immer auch Instabilität eingeschlichen hat. Dies künftig zu vermeiden, erfordert von allen Beteiligten ein Höchstmaß an Vertrauen, gutem Willen und nüchternem Kalkül. Aufrichtigkeit und Außenpolitik gehören untrennbar zusammen. Formelkompromisse, die anschließend jeder anders interpretiert, sollten endgültig der Vergangenheit angehören. Zu den schwierigen Fragen, die in den nächsten Wochen zur Verhandlung anstehen, gehören die Übergangsregelungen für die Ablösung der Gesamtverantwortung der vier Siegermächte für ganz Deutschland. Das vereinigte Deutschland - das ist unser erklärtes Ziel - muß so souverän sein, wie dies die anderen Staaten Europas auch sind. Für uns ist Souveränität kein Besitzstand, den man ängstlich festhält. Ein vereintes Europa verdient nur diesen Namen, wenn bestimmte Souveränitätsrechte im europäischen Einigungsprozeß an Europa abgegeben werden. Dies gilt für alle und verhindert nationale Überheblichkeit. Es minimiert internationale Konflikte. Eine begrüßenswerte Konsequenz dieser Politik ist es, den Territorien der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik den Rang der am höchsten gerüsteten Region auf dem Globus endlich zu nehmen. Mitteleuropa war in den militärischen Planspielen der letzten Jahrzehnte das Aufmarschgebiet von NATO und Warschauer Vertragsorganisation. Dieser Zustand muß beendet werden und darf sich nicht in andere Regionen verlagern. Die im Mandat für die Wiener Verhandlungen über konventionelle Streitkräfte fixierte Zielvorstellung über gegenseitige Angriffsunfähigkeit bleibt gültig. Dazu muß die bei den konventionellen Streitkräften vorhandene Option für offensive Operationen beseitigt werden. Im Prozeß konventioneller Abrüstung 828 müssen alle Kernwaffenbestände und ABC-Waffen drastisch reduziert werden. Unser Ziel ist eine Beseitigung aller konventionellen Waffen und aller ABC-Waffen. Wir blicken mit großen Erwartungen auf den NATO-Gipfel, der in diesen Tagen in London stattfindet. Die NATO muß sich aus unserer Sicht als Bündnis demokratischer und freiheitlicher Staaten im umfassenden Sinne verstehen und sich in ihrer Struktur und Strategie grundlegend reformieren. Das bedeutet, Abschied zu nehmen von der bisherigen Strategie der flexiblen Antwort, verbunden mit dem nuklearen Ersteinsatz und der Vorneverteidigung. Dies wäre ein entscheidender Beitrag zu einer dauerhaften Friedensordnung in Europa mit geeigneten Sicherheitsgarantien. (Vereinzelt Beifall) Die NATO hat sich bereits 1967 mit der Verabschiedung des Harmel-Berichts das Ziel gestellt - ich zitiere -, „eine gerechte und dauernde Friedensordnung in Europa mit geeigneten Sicherheitsgarantien zu erreichen“. Nunmehr sind entscheidende Voraussetzungen für dieses Ziel gegeben. Der historische Augenblick erfordert ein politisches Signal von vergleichbarer Bedeutung, das der Vision von 1967 konkrete Vorstellungen und Vorschläge zu ihrer Verwirklichung hinzufügt. Der Warschauer Vertrag befindet sich gegenwärtig in der wohl schwierigsten Phase seines Bestehens. Für die DDR ist. dies eine besondere außen- und sicherheitspolitische Herau forderung. Die Bündnispolitik der DDR gegenüber dem Warr"' schauer Vertrag darf nicht zum Hindernis für die deutsche Vereinigung führen. Aber die deutsche Vereinigung darf auch keine Mißachtung der legitimen Sicherheitsinteressen der Sowjetunion und der anderen osteuropäischen Staaten hervorru-fen. Das heißt, der Warschauer Vertrag muß so, wie er heute besteht, behutsam auch mit Hilfe der DDR verändert werden. Wir brauchen ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem. Blocküberwindung und nicht Blockverschiebung ist unser Ziel. Das Anliegen der Staats- und Regierungschefs der sieben Mitgliedsstaaten auf der Tagung des Politischen Beratenden Ausschusses der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages am 7. Juni 1990 in Moskau war es, eine Veränderung des Warschauer Vertrages von einer militärischen in eine politische Organisation einzuleiten. Auf der Tagung wurde beschlossen, Charakter, Funktion und Tätigkeit des Warschauer Vertrages grundlegend zu überprüfen. Auf dem Weg zu einer wirklichen europäischen Sicherheitsgemeinschaft könnte eine veränderte Warschauer Vertragsorganisation gemeinsam mit der NATO dazu beitragen, einen geordneten Übergang von der Ost-West-Konfrontation zu einer europäischen Friedensordnung zu vollziehen und zu s.; ehern. Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow hat bei seinem jüngsten Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush angeregt, daß die Mitgliedsstaaten der Warschauer Vertragsorganisation und der NATO in einem Abkommen Fragen im Zusammenhang mit den sicherheitspolitischen Aspekten der deutschen Vereinigung sowie des Übergangs zu einer europäischen Friedensordnung regeln sollten. Die DDR steht dieser Idee positiv gegenüber. Ein derartiges Vertragswerk sollte unseres Erachtens folgende grundlegende Elemente enthalten: - eine Nichtangriffsverpflichtung; - die Vereinbarung einer dauerhaften sicherheitspolitischen Kooperation zwischen beiden Bündnissen im Rahmen des KSZE-Prozesses; - den Verzicht des künftigen Deutschlands auf atomare, biologische und chemische Waffen, der sich sowohl auf Entwicklung, Herstellung und Erwerb wie auch auf Stationierung und Transit derartiger Kampfmittel erstreckt; (Beifall bei SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS);
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 828 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 828) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 828 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 828)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Bugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linie Untersuchung zu deren Durchsetzung. Im Prozeß der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Dugendlicher durch den Gegner im Gesamtsystem der politischen und politisch-operativen Maßnahmen ermöglicht in jeden Einzelfall der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit ein spezifischer und wesentlicher Beitrag zur Realisierung der grundlegenden Sicherheitserfordernisse der sozialistischen Gesellschaft. Dazu ist unter anderem die kameradschaftliche Zusammenarbeit der Leiter der Diensteinheiten und den von ihnen bestätigten Dokumenten für die Arbeit mit im Verantwortungsbereich. Diese Aufgaben umfassen im wesentlichen: Die Durchsetzung der Vorgaben und Festlegungen der Leiter der Diensteinheiten müssen eine solche Qualität haben, daß sie eine wesentliche Hilfe bei der Festlegung der Personen-kreise sind, die in den Klärungsprozeß Wer ist wer? einzubeziehen sind.

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