Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 81

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 81 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 81); gungen nicht durch unnötige soziale Spannungen, Betriebsstillegungen und dadurch verursachte Verluste von Arbeitsplätzen zusätzlich belasten. Hieraus erwächst die Frage, welche Möglichkeiten die Regierung der DDR nach der Währungsunion haben wird, die in der Erklärung begründeten Aufgaben tatsächlich umzusetzen, wenn der Spielraum für ein eigenständiges Handeln weitgehend aufgehoben und mit der Einführung der D-Mark wichtige Elemente der ökonomischen Souveränität aufge-geben werden. Der in TAZ veröffentlichte Staatsvertrag, der eine sehr deutliche Sprache spricht, steht nicht zufällig unter der Überschrift „Unterwerfung der DDR“, und zeigt, glaube ich, die Problematik deutlich. Wie soll die drohende Arbeitslosigkeit bekämpft werden? Was sagen wir zu den bisher 38 000 Arbeitslosen? Hinter dieser Zahl, die nur der Anfang ist, verbergen sich viele schlimme Schicksale. Die Lösung dieser Frage erfordert viele neue Überlegungen. Dazu reichen unseres Erachtens die Vorstellungen in der Regierungserklärung noch nicht aus. Der Erhaltung der Arbeitsplätze in all den Betrieben, die auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen überlebensfähig sind, und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen müßte unseres Erachtens höchste Priorität zukommen. Hierfür sind vielfältige Förderungsmaßnahmen notwendig, die von Steuererleichterungen bis zu zeitweiligen Schutzzöllen und Importkontingentierungen reichen müßten. ssonders wichtig ist dies auch für die Landwirtschaft. Die hier-"Tur einzusetzenden Mittel des Staatshaushaltes - natürlich sind damit Ausfälle und zusätzliche Aufwendungen verbunden - werden auf jeden Fall perspektivisch geringer sein als die Mittel für die Arbeitslosenunterstützung bei sehr hohen Arbeitslosenzahlen, die auch von Wirtschaftsexperten der Bundesrepublik teilweise mit 2 oder 3 Millionen prognostiziert werden. So würden beispielsweise die Mittel für Arbeitslosenunterstützung bei einer angenommenen Arbeitslosenzahl von 2 Millionen bedeuten - wenn wir 700 Mark monatlich zugrunde legen als Unterstützung -, daß sie im Verlaufe von zwei Jahren die Riesensumme von 35 Milliarden Mark umfassen. Wir halten es für wesentlich sinnvoller, diese Mittel vorranig für die Erhaltung von Arbeitsplätzen, für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen und für notwendige Umschulungsmaßnahmen einzusetzen. Wir wollen nicht die Aufhebung des notwendigen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen. Wir sind aber dafür, den lebensfähigen Betrieben in dieser komplizierten Übergangszeit auch eine echte Chance zum Überleben zu geben. Um die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft der DDR zu erhalten, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe wiederherzustellen, ■nterstützen wir die Ausarbeitung und Verabschiedung all der prgeschlagenen Gesetze, die Leistungswillen, Innovationsund Risikobereitschaft wirksam fördern. Wir sind uns bewußt, nur durch kreative, verantwortungsvolle, aber auch harte Arbeit wird soziale Sicherheit dauerhaft verwirklicht werden können. Wer meint, Marktwirtschaft und Gewinnstreben seien quasi von allein sozial, der irrt. Deshalb halten wir staatliche Rahmenbedingungen - keinesfalls zu verwechseln mit einer dirigistischen Planwirtschaft, von der wir uns verabschieden, - Maßnahmen zur Förderung struktureller Anpassungsprozesse sowie zur Unterstützung strukturschwacher Regionen für unabdingbar. Hierzu gehört auch die Demokratisierung der wirtschaftlichen und sozialen Prozesse auf allen Ebenen, dabei vor allem auch der realen Mitbestimmung der Werktätigen in den Betrieben aller Eigentumsformen. Leider wird hierzu in der Regierungserklärung wenig gesagt. Wir halten es nicht für ausreichend, einfach das Betriebsverfassungsgesetz der Bundesrepublik zu übernehmen. Wir müßten vielmehr bei der Bestimmung der Rechte der Betriebsräte einige Schritte weiter gehen. Starke, selbstbewußte Gewerkschaften sind eine unerläßliche Voraussetzung dafür, die Rechte der Werktätigen, das heißt Menschenrechte, in den Betrieben wirksam vertreten und durchsetzen zu können. Wir begrüßen die klaren Aussagen in der Regierungserklärung zu den Ergebnissen der Bodenreform und zur Erhaltung unserer Landwirtschaft. Die Bauern unseres Landes und die Arbeiter in der Nahrungsgüterwirtschaft sind empört über die ungehemmten, unkontrollierten Importe von Nahrungsgütern. Wir fordern entsprechende Schutzzölle zur Erhaltung der Absatzfähigkeit. Hierzu ist schon einiges gesagt worden, was auch die Unterstützung unserer Fraktion findet. Wir erwarten - ich komme damit zum Schluß -, daß die vorgesehenen Vereinbarungen zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion rasch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, ein klares Wort gesprochen wird, wie auch angesichts des forcierten Zeitdrucks die berechtigten Interessen der Bürger der DDR vertreten und durchgesetzt werden können. Hierfür wünschen wir der Regierung in den bevorstehenden Beratungen Beharrlichkeit und ein optimales Verhandlungsgeschick. Danke. (Beifall) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Als nächstes spricht der Vertreter der Fraktion der CDU/DA, der Abgeordnete Nitsch. Abg. Nitsch (CDU/DA): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Trotz der fleißigen Arbeit unserer Menschen stehen wir nach vierzigjährigem Sozialismus-Versuch vor einem Scherbenhaufen. Es nützt jetzt nichts, Schönfärberei zu betreiben und gute Seiten in der DDR-Wirtschaft zu suchen. Wir übernehmen einen Staat mit einer Inlandsverschuldung von über 200 Milliarden Mark bei Abzug der 170 Milliarden Mark Spareinlagen. Wir übernehmen eine Auslandsverschuldung von über 30 Milliarden DM. Wir trinken vielerorts vergiftetes Wasser, und unser Abwasser ist der größte Skandal in Europa. Was wird uns noch an Überraschungen bevorstehen? Ursache für all das ist das sozialistische Planwirtschaftssystem der SED. (Beifall bei CDU/DA und DSU) Wir stehen vor einer wirtschaftlichen Aufgabe, die historisch ohne Beispiel ist und wofür es keine Theorie gibt: den Übergang von der Planwirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft in kürzester Frist zu gestalten. - Was ist zu tun? Was hat unsere Regierung zu tun? 1. Unsere Regierung und die Bundesregierung müssen sofort mit Verhandlungen zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion beginnen und dabei sicherstellen, daß die Zeche für die letzten 40 Jahre nicht noch einmal durch die Bevölkerung getragen wird. (Beifall bei CDU/DA und DSU) 2. Das vordringlichste Problem zur Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit und zur Überführung der Betriebe in die Marktwirtschaft ist das sofortige Wirksamwerden der Treuhandanstalten. Sie müssen beschleunigt personell in die Lage versetzt werden, die Umwandlung der VEB in Kapitalgesellschaften durchzuführen und dabei die Entflechtung der Kombinate und die Neuformierung von Firmen und deren Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen zu organisieren. Dabei ist jedem Bürger sein Anteil am sogenannten Volkseigentum zu sichern! (Beifall besonders bei Bündnis 90/Grüne) Bei den Treuhandverordnungen sollten noch einige Korrekturen angebracht werden. Es sind auch die Regelungen des Kartellgesetzes vorzuschreiben. Nicht alles, was eifrige Generaloder Betriebsdirektoren schnell und eigenmächtig abgeschlossen haben, wird von Bestand sein. (Beifall) 81;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 81 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 81) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 81 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 81)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung feindlicher Pläne, Absichten und Maßnahmen zum Mißbrauch des Transitverkehrs zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der in diesem Zusammenhang aufgenommenen Kontakte. Bei der Untersuchung von Vorkommnissen, insbesondere bei anonymen und pseudonymen Gewaltandrohungen, Gewaltverbrechen, Bränden, Havarien und Störungen, ist ein abgestimmtes Vorgehen zur Erarbeitung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung. Zur Verwirklichung der dem Staatssicherheit von der Parteiund Staatsführung gestellten Aufgaben hat die Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vor- gänge entsprecheno meiner Richtlinie, FeststellgalyAufklären von Gefahren, operativ bedeutsamen Vorkomm- chverhalten, damit im Zusammenhang stehenden Personen stehungsursachen für schädigende Ereignisse. xhtn von Teilaufgaben in der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere die Herausarbeitung und Beweisführung des dringenden Verdachts, wird wesentlich mit davon beeinflußt, wie es gelingt, die Möglichkeiten und Potenzen zur vorgangsbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet hat grundsätzlich nur bei solchen zu erfolgen, die ihre feste Bindung zum Staatssicherheit , ihre Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit sowie tschekistische Fähigkeiten und Fertigkeiten in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung zu geben; die Wach- und Sicherungsposten erhalten keine Schlüssel, die das Öffnen von Verwahrräumen oder Ausgängen im Verwahrhaus ermö glichen.

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