Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 773

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 773 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 773); keine Stützung erhalten, und es wird zur Freisetzung von Arbeitskräften kommen. Es muß umgedacht werden. Aber dazu ist es erforderlich, sofort eine umfassende Aufklärung und Umschulung durchzuführen. Es ist keine Lösung, die bäuerlichen Genossenschaften klammheimlich um ihre Existenz zu bringen. Entscheidende Fragen, wie die Entschuldung von Genossenschaften, sind ungeklärt. Statt dessen wird auf einzelbäuerliche Wirtschaft orientiert. Wir haben doch das Ergebnis vor der Tür. Schauen wir uns doch die Nöte und Sorgen der Landwirte in der BRD an! Es sind dieselben wie bei uns. Es gibt keine Chancengleichheit im EG-Raum. Marktwirtschaft ist Wettbewerb in nie gekannter Härte. Eine Übernahme einzelbäuerlicher Wirtschaften würde sehr wahrscheinlich scheitern an fehlendem Kapital, fehlenden modernen Agrarmaschinen, fehlenden Arbeitskräften und Produktionsgebäuden. Das heißt, der Bauer würde sich über Kredite in hohem Maße verschulden und mit großer Wahrscheinlichkeit in den Konkurs getrieben. Ebenso ist der Handel in keiner Weise über die Arbeitsweise der ALM informiert, und im Vorfeld der ALM-Grün-dung abgeschlossene Verträge werden nicht mehr anerkannt. Das bringt den Warenproduzenten in große Schwierigkeiten, weil er seine Produkte nicht mehr abzusetzen vermag, wie es z. B. jetzt zwischen Molkereien und Genossenschaften bei der Milchproduktion auf der Tagesordnung steht. Der wirtschaftliche Ruin der Bauern ist so bereits vorprogrammiert. Grenznahe Gebiete sind besonders hart betroffen jurch den Warenstrom aus der BRD. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, meine Damen und Herren, die Zukunft unserer Landwirtschaft wird schon jetzt in Brüssel entschieden. - Darf ich noch um eine Minute bitten? -Ich danke. Sie wird die Anpassung an die EG sein mit all ihren Vorteilen, aber auch mit bösen Nachteilen. Das bedeutet Abbau von Subventionen, Strukturanpassung, Flächenstillegung, Marktanpassung, Kontingentierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Rückgang der Warenzölle, selbst Hofaufgaberenten und Voraltersrenten, wie sie in der Landwirtschaft der BRD üblich sind, werden uns nicht verschonen. Das Süppchen, das uns die Herren in Brüssel hier bereiten, wird uns noch lange schwer im Magen liegen. Meine Damen und Herren, unsere Bauern werden sich dafür besonders bedanken. Ich bin nun keinesfalls dafür, daß alles Gewesene zu erhalten und zu stützen ist. Das Kranke muß entfernt werden, um das Gesunde zu erhalten. Aber wir sollten nicht vergessen, daß viele Schicksale damit verbunden sind, und wir haben unseren Menschen gegenüber Verantwortung zu tragen. Ich möchte den Bau- /fern auch noch nach Beendigung dieser Legislaturperiode mit Anstand ins Angesicht sehen können, ohne mich schämen zu müssen. Wir haben kein Recht, irgendjemandem die Existenzgrundlage zu entziehen. Wir sollten eine Entwicklung der Veredlungsindustrie, der weiterverarbeitenden Industrie landwirtschaftlicher Produkte fördern, um so die Möglichkeit zu schaffen, freiwerdende Arbeitskräfte in der Landwirtschaft erneut zu binden. Dabei wird es sicher auch zu Wohnortwechsel kommen müssen. Hier ist die Regierung gefordert, ein Programm zu erarbeiten und Finanzierungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, und die Fraktion Bündnis 90 stimmt für die Überweisung in die Ausschüsse. (Beifall beim Bündnis 90/Grüne) (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?) Ja. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Herr Abgeordneter Seeger, bitte. S e e g e r (DBD/DFD): Eine ganz kurze Zwischenfrage, Herr Abgeordneter. Ich bitte Sie, das auch nicht falsch zu verstehen. Würden Sie uns bitte sagen, wie lange und wenn ja, bis wann Sie in der Landwirtschaft tätig waren? (Mäder, Bündnis 90/Grüne: Wie lange? Das kann ich Ihnen sagen. Ich bin in der Landwirtschaft tätig seit 1963, bin allerdings seit 1978 raus.) Aha, ja. (Mäder, Bündnis 90/Grüne: War das alles?) Ja. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Damit ist die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt beendet. Meine Damen und Herren, das Präsidium schlägt vor, den Gesetzentwurf des Ministerrates, Drucksache 100, zu überweisen an den Ausschuß für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft - federführend - sowie zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuß und den Ausschuß für Handel und Tourismus. - Ich sehe dazu keine Wortmeldungen. Wer diesen Überweisungsvorschlägen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann ist das so beschlossen. Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 6. Ist der Abgeordnete Opitz da? - Das heißt, ich möchte vielleicht einmal unterbrechen; bevor wir zum Tagesordnungspunkte kommen, möchte gern der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Weber das Wort zu einer Erklärung haben. Ich will Ihnen sagen, worum es geht. Es geht darum, daß zur Zeit nach unseren Informationen vor dem Kongreßzentrum des Palasthotels eine Demonstration der Akademie der Wissenschaften der DDR stattfindet, die in einer sehr schwierigen Situation ist, da die Mittel im Haushaltsplan des nächsten halben Jahres auf viele Kürzungen und damit große Unsicherheiten hinweisen. Und dazu sollte es eine Erklärung geben. Wir haben das bei anderen, ähnlichen Situationen ähnlich gehandhabt, und ich bitte um Ihr Einverständnis. Dr. Weber hat das Wort. Dr. Weber, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Forschung und Technologie: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie vielleicht viele von Ihnen gehört haben, zieht sich gegenwärtig durch die Presse eine unglaubliche Hetze bezüglich der Akademie der Wissenschaften der DDR. Mir scheint, daß diese fachlich nicht sehr begründete Aktivität möglicherweise auf Unkenntnis beruhen könnte. Sie wissen, daß die Akademie der Wissenschaften, eine recht große Organisation von etwa 24 000 Mitarbeitern, in der Vergangenheit entsprechend dem ja bekannten sowjetischen Modell einer stalinistischen Führung unterlag. (Zuruf von der PDS: Ist das Ihre Erklärung?) Bitte lassen Sie mich weiterreden. Sie können dann gern Anfragen stellen. (Zuruf von der PDS: Die darf ich ja nicht stellen!) Heute wird eine neue Leitung der Akademie bestätigt - Sie haben davon gehört -, im Palasthotel, und anläßlich dieser Gelegenheit finden Demonstrationen statt. Es fanden auch am vergangenen Montag Demonstrationen statt, und ich sehe mich aus diesem Grunde veranlaßt, einiges richtigzustellen. 773;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 773 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 773) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 773 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 773)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit ergeben. Ich setze voraus, daß der Inhalt dieses Abkommens im wesentlichen bekannt ist. Im Verlaufe meiner Ausführungen werde ich aufbestimmte Regelungen noch näher eingehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß qualifizierte Informationabeziehungen sowie wirksam Vor- und Nach- Sicherungen wesentliche Voraussetzungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Vorführungen sind, die insbesondere zum rechtzeitigen Erkennen und Aufklären von feindlich-negativen Kräften und ihrer Wirksamkeit im Innern der DDR. Je besser es uns gelingt, feindlich-negative Aktivitäten bereits im Keime zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich sowie der Möglichkeiten und Fähigkeiten der und festzulegen, in welchen konkreten Einsatzrichtungen der jeweilige einzusetzen ist. Die Intensivierung des Einsatzes der und insbesondere durch die Anwendung von operativen Legenden und Kombinationen sowie anderer operativer Mittel und Methoden; die Ausnutzung und Erweiterung der spezifischen Möglichkeiten der Sicherheitsbeauftragten, Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, Angaben über die Art und Weise sowie den Umfang der Gefahr zu machen oder zur Abwehr von weiteren Folgen beizutragen.

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