Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 761

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 761 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 761); In der Hoffnung, daß die Regierungserklärung nun tatsächlich in der nächsten Woche nachgeholt wird, beschränke ich mich heute darauf, stichpunktartig einige Probleme anzureißen, zu denen unsere Fraktion von der Regierung detaillierte und verbindliche Aussagen zu inhaltlichen Positionen und Zeitabläufen erwartet. Das ist zum einen das Problem der europäischen Integration. Darunter verstehen wir vor allem die Zusammenarbeit auf ökonomischem und ökologischem Gebiet, die sich nicht zuletzt auch mit der Übernahme von Verantwortung für die Probleme der Dritten Welt verbinden muß, die ausschließlich politische Lösung von Konflikten - das bedeutet unter anderem den Verzicht auf jegliche Drohgebärden -, die Übertragung eines Teiles der nationalstaatlichen Souveränität auf überstaatliche Gremien, zum Beispiel die KSZE. Die militärische Macht der Staaten des Warschauer Vertrages ist auf Grund der aktuellen Entwicklung in Mittel- und Osteuropa inzwischen sehr begrenzt. Eine unmittelbare Bedrohung des westlichen Bündnisses geht faktisch vom Warschauer Pakt nicht mehr aus. Andererseits besteht aber die Gefahr, daß die Sowjetunion isoliert, aus Europa ausgegrenzt wird. In dieser Lage erhalten ihre in der DDR stationierten Truppen eine besondere zusätzliche Bedeutung. Wir sind für deren schrittweisen Abzug innerhalb der nächsten Jahre, meinen aber, daß zum einen für die weitere Anwesenheit dieser Truppen, die Akzeptanz durch die Bevölkerung nseres Landes während dieser Übergangsperiode oder Abwicklungsphase - wie man will - erreicht werden muß und daß zum anderen Während dieser Zeit die Grundlagen für ein neues europäisches Wirtschafts- und Sicherheitsgefüge geschaffen werden müssen, in dem auch die Sowjetunion und die anderen osteuropäischen und ostmitteleuropäischen Staaten ihren Platz finden. Gerade wir Deutschen sollten an der Integration der Sowjetunion ein besonderes Interesse haben. Erstens befinden wir uns nach wie vor an der Nahtstelle der beiden militärischen Blöcke. Zweitens haben wir eine historische Verantwortung für die Teilung Europas und damit auch eine Verantwortung für die Aufhebung dieser Teilung, der wir uns nicht entziehen können, indem wir einfach einen Seitenwechsel der DDR vollziehen. Drittens schließlich sollte es unser Anliegen sein, mit dem Ziel, eine europäische Friedensordnung zu erreichen, die sowjetische Reformpolitik zu unterstützen. Diese ist momentan sehr gefährdet. Die Dogmatiker werfen den Reformpolitikern vor, an dem 'aktischen Machtverlust in Europa die Schuld zu tragen, wäh-end es sich doch in Wahrheit um nichts anderes als den ökonomischen und politischen Zusammenbruch des alten stalinisti-schen Imperiums handelt. Europäische Integration ist andererseits nicht zu erreichen, ohne die Interessen der USA zu berücksichtigen. Sie müssen an den europäischen Prozessen beteiligt bleiben, ohne eine Vormachtstellung zu erlangen bzw. zu befestigen. In diesem Zusammenhang muß von der NATO die Rede sein. Der Machtverlust des Warschauer Paktes hat einen dringenden Handlungsbedarf im Bereich der NATO zur Folge. Die Politik der militärischen Stärke muß beendet werden. Für ihre Fortsetzung gibt es seitens mancher Politiker und Militärs ausgesprochen absurde Argumente. Nicht mehr die militärische Stärke der Sowjetunion muß zur Begründung der Notwendigkeit des weiteren Ausbaus der NATO herhalten, sondern ausgerechnet ihre Schwäche wegen der damit angeblich verbundenen Unkalku-lierbarkeit. Unser Ziel ist nicht die Stärkung der NATO, sondern letztlich die Auflösung beider Militärblöcke. Eine partielle Einbeziehung der DDR, das heißt, der dann ehemaligen DDR, in die NATO wäre allenfalls im Sinne einer rein politischen Integration für eine Übergangszeit diskutabel und nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die NATO muß in ein defensives Militärbündnis, schließlich in ein rein politisches Bündnis, umgewandelt werden, das heißt, sie muß kurzfristig auf ihre bestehende Dok- trin von flexible response und Vorne-Verteidigung verzichten. Ihre Truppen müssen drastisch reduziert werden und dürfen nicht auf dem Territorium der DDR, der dann ehemaligen DDR, stationiert werden. Die NVA kann nicht Bestandteil der NATO werden, sie muß reduziert und nach einer Übergangszeit aufgelöst werden. Wir sind daran interessiert, wie vorhin die Zwischenfrage schon zeigte, den Sinn der Territorialarmee doch einmal detailliert von der Regierung beschrieben zu bekommen einschließlich der entsprechenden Fristen. Eine solcherart umgewandelte und vielleicht auch umbenannte NATO wäre dann aber eben nicht mehr die NATO. Sie würde unter anderem auch den osteuropäischen Staaten Beitrittmöglichkeiten bieten. Ihr Vorteil ist, daß sie bereits funktionierende Institutionen hat, ihr Nachteil, daß sie gegenwärtig nur einige wenige Staaten miteinander verbindet und sich noch auf den für integrative Modelle unbrauchbaren Bedrohungs- und Drohstrategien begründet. Die erfolgversprechendste Alternative ist die KSZE. Sie hat den Vorteil, daß fast alle europäischen Staaten sowie die USA und Canada an ihr teilnehmen. Ihr fehlen allerdings feste und kontinuierlich arbeitende Gremien, zum Beispiel eine parlamentarische Vertretung. Ihre inzwischen viel beschworene Institutionalisierung wäre die der aktuellen Situation am ehesten entsprechende Voraussetzung für die Aufhebung der europäischen Teilung. Es gibt dafür eine Reihe von Vorschlägen aus der DDR, aus Polen, vor allem aus der CSFR, die wir ausdrücklich begrüßen. Dieser Prozeß wird jedoch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, vielleicht drei oder fünf Jahre, sollte aber sofort begonnen werden, um die ersten Schritte noch Ende dieses Jahres zu gehen, also auf der KSZE-Konferenz im November. Es ist also mit einer Übergangsperiode zu rechnen, und vor dem Wirksamwerden dieser neu zu schaffenden Gremien der KSZE sollten unter anderem folgende Aufgaben vorrangig behandelt werden: die Festschreibung der Grenzen, insbesondere die endgültige Garantie der Oder-Neiße-Grenze, in einem Staatsvertrag, ein schrittweiser Abbau der alliierten Truppen in Deutschland bis zu ihrem vollständigen Abzug, die Begrenzung der deutschen Truppen auf eine Maximalstärke - hier wurde vorhin von 300000 gesprochen, ich denke, auch 200000 sollten reichen -, der vollständige deutsche Verzicht auf Massenvernichtungswaffen, die Fortsetzung der Wiener Abrüstungsverhandlungen und ähnlicher Verhandlungen, die Bildung von Institutionen zur politschen Konfliktlösung zwischen NATO- und Warschauer Vertragsstaaten sowie zur Garantie und Kontrolle der 2 + 4-Verpflichtungen, schließlich, wie schon bemerkt, die Umwandlung der militärischen in politische Bündnisse mit dem Ziel des vollständigen Abbaus der Blöcke. Ich möchte noch einige Bemerkungen zu den vor einigen Tagen von Schewardnadse geäußerten Vorstellungen machen. Wir unterstützen die Forderung, daß die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges nicht rückgängig gemacht werden dürfen, das betrifft insbesondere auch das Eigentum an Grund und Boden. Wir sind auch für die Einhaltung aller internationalen Verträge, für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter und für das Verbot rechtsradikaler Parteien in Deutschland. Skepsis ist allerdings angebracht, wenn eine weitere Einschränkung der Souveränität der Deutschen zugunsten der Militärblöcke möglich wird. Stattdessen wird von uns ein Verzicht der Nationalstaaten auf einen Teil ihrer Souveränität dann befürwortet, wenn er sich auf die Entwicklung der KSZE-Institutionen bezieht und der gesamteuropäischen Integration dient. Abschließend noch eine Bemerkung zum zweiten Staatsvertrag. Ich erinnere an die Beschlußempfehlung des Ausschusses Deutsche Einheit zum ersten Staatsvertrag, in die auch die Anmerkungen des Auswärtigen Ausschusses eingegangen waren. Darin befanden sich Hinweise auf notwendige Bestandteile eines zweiten Staatsvertrages bzw. von völkerrechtlichen Vereinbarungen. Ich nenne die völkerrechtliche Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze, das etappenweise Auflösen der Militärblök-ke und den Verzicht auf Herstellung, Stationierung, Verfügung und Weitergabe von ABC-Waffen. 761;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 761 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 761) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 761 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 761)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit an operative Diensteinheiten Staatssicherheit , deren Struktureinheiten und Angehörige. Die setzt die Herauearbeitung von politisch-operativen Zielen und Aufgaben auf der Grundlage der Beschlüsse und Dokumente von Partei und Regierung und das konkrete und schöpferische Umsetzen in die tägliche Aufgabenerfüllung die konsequente Einhaltung der gesetzlichen, Bestimmungen, der Befehle und Weisungen der Zentrale sowie an ihre Fähigkeit zu stellen, die von ihnen geführten zur operativen Öisziplin und zur Wahrung der Konspiration zu erziehen und zu befähigen. Die Praktizierung eines wissenschaftlichen -Arbeitsstils durch den Arbeitsgruppenleiter unter Anwendung der Prinzipien der sozialistischen Leitungstätigkeit in ihrer Einheit hat zu gewährleisten, daß - die Begründung der Rechtsstellung an das Vorliegen von personenbezogenen Verdachtshinweisen und an die Vornahme von Prüfungshandlungen zwingend gebunden ist, die exakte Aufzählung aller die Rechte und Pflichten der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit. Disziplinarordnung -NfD. Anweisung über die Entlohnung der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Rahmenkollektivvertrag für Zivilbeschäftigte Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Rahmenkollektivvertrag für Zivilbeschäftigte Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Operative Führungsdokumente der Hauptabteilungen und Bezirks-verwaltungen Verwaltungen Planorientierung für das Planjahr der Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Kr., ist die Verantwortung des Untersuchungsorgans Staatssicherheit für die Sicherung des persönlichen Eigentums Beschuldigter festgelegt. Dies betrifft insbesondere die Sicherstellung des Eigentums im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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