Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 755

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 755); des DSU-Antrages vom 17. Juni zum sofortigen Beitritt über Artikel 23 zur Behandlung unter außenpolitischen Aspekten mehrfach abgelehnt wurde. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der äußeren Fragen halte ich den Umgang mit diesem Thema in unserem Parlament einfach für unerträglich. Es ist eine Mißachtung der gewählten Volksvertretung durch die Regierung, wenn nach mehrmaliger Verschiebung der Außenminister nunmehr wieder nicht zur Verfügung steht, um endlich mal sein Konzept, das Konzept seines Ressorts, zur Regelung dieser Fragen aus Sicht der Regierung zu erläutern, denn, und ich glaube, da werden Sie mir zustimmen, meine Damen und Herren, gerade wenn es um die bündnispolitischen Fragen geht, ist mit einem Ja-Ja, Nein-Nein, wie wir es vor geraumer Zeit hier im Parlament gehört haben, keine Politik und kein Staat zu machen. Die Siegermächte des zweiten Weltkrieges schenkten den Deutschen hohes Vertrauen, als sie trotz ihrer bestehenden Vorrechte meinten, das deutsche Volk sollte souverän über seine Vereinigung entscheiden und sie auch verwirklichen. Aber das war doch wohl nicht ernsthaft ein Freibrief dafür, die europäischen Nationen vor vollendete Tatsachen zu stellen, mit denen sie sich sicherheitspolitisch abzufinden hätten. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf den eklatanten Widerspruch aufmerksam machen, der meines Erachtens zwischen den verbalen Absichtserklärungen der Regierung ~;nerseits besteht - ich erinnere an die Regierungserklärung, in w;t die Herstellung der Einheit Deutschlands in einem ungeteilten friedlichen Eruopa gefordert wird - und dem praktischen De-facto-Verzicht auf aktive Mitgestaltung des europäischen Einigungsprozesses, insbesondere im sicherheitspolitischen Bereich andererseits. Dies kann auch durch die weitschweifigen Erklärungen des Außenministers in dieser Kammer nicht verdeckt werden. Es reicht nicht aus, laut und - wie Herr Meckel hier letztlich sich ausdrückte - bis zur Absurdität über Visionen und Projekte nachzudenken. Erforderlich ist unseres Erachtens ein Handlungskonzept in den Kernfragen, die bei 4 + 2 zur Diskussion und Regelung anstehen. Das sehe ich im Moment nicht. Hier hat sich die Regierung bisher viel bzw. alles vergeben. In der Substanz geht es doch wohl um zwei Kernfragen: zum einen die Rolle, die ein geeintes Deutschland im künftigen Europa spielen wird. Wir wollen ein Deutschland, das in Frieden, guter Nachbarschaft, fruchtbarer Zusammenarbeit mit allen Völkern Europas und den anderen Kontinenten lebt, das sich zum Brückenkopf zwischen Ost und West entwickelt. Das wird unseres Erachtens nicht gelingen, wenn wir darauf zusteuern, das künftige gesamte Deutschland politisch und militärisch einsei- g in den derzeitigen NATO-Block einzubinden. 1 / Mit der vollen Integration in die NATO würde eine Zementierung nicht nur des Blockdenkens, sondern auch des Blockhandelns in der Perspektive einhergehen. Ergebnis wäre die Ausgrenzung der UdSSR und anderer osteuropäischer Staaten. Europa wäre im Gegensatz zur Forderung des Ministerpräsidenten in der Regierungserklärung eben nicht geeint. Wir stimmen Herrn de Maiziere zu, wenn er jüngst erneut von der Aufhebung der Blöcke sprach. Es ist jedoch überhaupt nicht einzusehen, meine Damen und Herren, warum die Menschen der DDR auf dem Weg dahin erst einmal in die NATO integriert werden sollen. Und zweitens: Nach Auffassung unserer Fraktion sollte im Zuge der aktuellen Prozesse ein sich entmilitarisierendes, die Blöcke überwindendes, kooperativ, partnerschaftlich und vertrauensfördernd strukturiertes Europa entstehen. Die Warschauer Vertragsorganisation hat auf dem Moskauer Gipfel Anfang Juni Beschlüsse gefaßt, die die Umwandlung dieses Bündnisses in ein politisches fördern sollen und letztlich seine Auflösung im Auge haben. NATO-seitig lauten die Positionen doch sehr viel anders. So bekräftigten Bush und Kohl letztlich in Washington ihr Streben nach einem erweiterten politischen Aufgabenkreis der NATO, was ja wohl die Beibehaltung des Grundkonzepts dieses Bündnisses impliziert. Natürlich stimmen wir allen Auffassungen gegen ein militärisches Vorrük- ken der NATO nach Osten zu. Deutlich wird aber zugleich, daß das Problem viel komplexer ist. Es geht um die Überwindung der Blöcke und nicht um das Aushandeln ihrer künftigen Grenzen. Wir sind uns auch der Kompliziertheit der Problemstellung sehr wohl bewußt. Wir wissen, daß ein neues, kooperatives Sicherheitssystem auf unserem Kontinent nicht von heute auf morgen gestaltbar ist, daß Übergangsphasen und Mechanismen unumgänglich sein werden. Nichtsdestoweniger ist es unsere Auffassung, daß bereits jetzt wichtige Signale gesetzt werden müssen und auch gesetzt werden können. Ich denke z. B. an folgende: 1. Von den NATO-Staaten erwarten wir ebenso wie vom Warschauer Vertrag vor allem klare Signale und Beschlüsse dahingehend, daß eine Phase der Überwindung der Blöcke durch schrittweise Übertragung der sicherheitspolitischen Aufgaben an KSZE-Organe eingeleitet wird. Zum zweiten meinen wir: Die Regierung sollte jetzt aktiv darauf hinwirken, daß im Rahmen der KSZE ein neues, gesamteuropäisches kooperatives Sicherheitssystem entsteht, das kontrollfähig ist, gleichberechtigt alle Staaten einbezieht und von den Prinzipien der gleichen Sicherheit, der Hinlänglichkeit des Verteidigungsaufwandes, der strukturellen Nichtangriffsfähigkeit ausgeht. Nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa sollte frei werden von jeglichen Massenvemichtungswaffen, und in diesem Sinne sollte die DDR die laufenden Abrüstungsverhandlungen aktiv befördern. Und ein dritter Gedanke: Wir meinen, gerade die Deutschen haben die Möglichkeit und auch die moralische Pflicht, vertrauensfördernde Signale gegenüber den Völkern Osteuropas, insbesondere der Sowjetunion, zu setzen. Ich halte es für erforderlich, daß sowohl das Parlament als auch die Regierung einen weitaus intensiveren Dialog mit den entsprechenden Partnern einleiten. Warum sollten wir nicht die Schaffung eines ständigen deutsch-sowjetischen Konsultationsmechanismus über die gesamte Breite der künftigen Zusammenarbeit anstreben, wie er z. B. zwischen der Bundesrepublik und Frankreich seit vielen Jahren existiert. Anknüpfend an die Empfehlung des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten in seiner Stellungnahme zum ersten Staatsvertrag schlagen wir die Erarbeitung einer völkerrechtlichen Vereinbarung mit der BRD vor, in der sich beide deutsche Staaten zu konkreten Schritten verpflichten, die das künftige Deutschland gleichberechtigt in eine neue gesamteuropäische Sicherheitsstruktur einbetten. Unsere Fraktion wird dem Auswärtigen und dem Abrüstungsausschuß demnächst entsprechende Vorschläge unterbreiten. Werte Abgeordnete! Es steht also für uns die Grundfrage, welche Konzeption verfolgt die Regierung nunmehr in den laufenden 2 plus 4-Verhandlungen, vor allem bezüglich des künftigen sicherheitspolitischen Status unseres Landes. Danke schön. (Beifall bei der PDS) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Ich danke Ihnen. Ich rufe jetzt den Parlamentarischen Staatssekretär, Herrn Misseiwitz, auf als Vertreter der Regierung. Dr. Misseiwitz, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wichtigste Aufgabe unserer Außenpolitik ist es, unseren Beitrag dazu zu leisten, daß alle Fragen, die sich im Zusammenhang mit den äußeren Aspekten der deutschen Vereinigung stellen, unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten und im guten Einvernehmen mit ihnen beantwortet werden. Die Erledigung dieser Aufgabe kann uns niemand abnehmen. Die Menschen in der DDR haben sich die demokratische Souveränität, die wir für diese Aufgabe brauchen, durch die friedli- 755;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 755) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 755 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 755)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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