Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 725

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 725 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 725); Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich danke dem Herrn Abgeordneten und bitte jetzt die Abgeordnete Frau Birthler von der Fraktion Bündnis 90/Grüne. Frau Birthler für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Familiengesetzbuches ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung. Das bisher gültige Familiengesetzbuch wurde ideologisch entrümpelt. Dazu ist eben schon etwas gesagt worden. Es ist nicht mehr als die vornehmste Pflicht der Eltern bezeichnet, daß sie ihre Kinder zu aktiven Erbauern des Sozialismus erziehen. Begriffe wie vertrauensvolles Zusammenwirken, allseitig gebildete Menschen sind ihrem Sinn nach natürlich nicht anzugreifen, aber sie wurden so mißbraucht und inflationiert, daß es gut tut, wenn diese Begriffe nicht mehr im Gesetz zu finden sind. Zu den Erziehungszielen: Dort meine ich auch, daß sie wirklich humanistisch sind. Daß Kinder zur Achtung der Menschenrechte erzogen werden sollen und vieles andere mehr, ist zweifellos richtig. Diskutiert werden sollte noch einmal, wie sinnvoll es ist, solche Erziehungsziele in einem Gesetzestext zu verankern. Ich bin dafür, aber man muß sich die Frage gefallen lassen, wie dann die Wirksamkeit einer solchen Festschreibung durchzusetzen sei. Hervorheben möchte ich auch, daß die Bedeutung einer ver-wfaulichen und sachkundigen Beratung verstärkt wurde - bei der Eheschließung und auch in der Zeit danach. Partnerschaftliche Beziehungen zwischen den Ehepartnern wurden ausgebaut. Es ist schön, daß in § 10 die Vereinbarkeit von Beruf und Kindererziehung nicht nur für die Frau, sondern für beide Ehepartner gefordert wird. Zur Möglichkeit des Ehevertrages: Dies ist eine ziemlich neue Vokabel in der DDR. Ich will mich dazu auch nicht ausführlich äußern. Das ist wohl mehr Sache der Juristen. Ich glaube, daß dies für relativ wenig DDR-Bürger interessant ist. Bekanntlicherweise werden Eheverträge für außerordentlich Begüterte gebraucht. Davon haben wir in der DDR nicht so viele. Es ist traurig, aber wahr, daß Familiengesetzbücher meistens erst zur Kenntnis genommen werden, wenn es zu Konflikten kommt. Insofern sind die Themen Scheidung, Erziehungsrecht, Umgangsrecht, glaube ich, die am meisten diskutierten Themen im Zusammenhang mit Familienrecht. Wichtig ist, daß an einem dieser sensiblen Punkte das Recht des Kindes stärker in den Vor-dergrund gerückt wird. Es geht weniger darum, daß Eltern das Umgangsrecht wahrnehmen. Es wird ausdrücklich gesagt: Das Kind hat das Recht auf Umgang mit beiden Eltern. Ich finde die-n Ansatzpunkt ganz wichtig, weil er sicherlich eine Entschei-clunghilfe ist. (Beifall vor allem bei der PDS) Das Umgangsrecht der Väter wurde hier auch schon erwähnt. Ich finde es auch nötig, in diesem Zusammenhang zu thematisieren, wie es mit dem Umgang von den Vätern zu den Kindern ist, die nicht mit der Mutter verheiratet waren. Hier ist sicher noch Handlungsbedarf. Wir wissen, daß es zur Realität gehört, daß es Familien gibt, deren Eltern nicht verheiratet sind. Da war bis jetzt ein rechtsfreier Raum. Und Männer, auch wenn sie jahrelang mit ihren Kindern zusammengelebt hatten, hatten keine rechtlichen Ansprüche. Hier ist schon ein Ansatz vorhanden. Ich denke, der muß ausgebaut werden. Verstärkt wurde auch die Einbeziehung der Kinder bei Entscheidungen und die Notwendigkeit, daß Kinder, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, in die Entscheidung über das Sorgerecht einbezogen werden müssen. Ich möchte jetzt noch einiges sagen, das zur Weiterarbeit zwingt und Defizite aufzeigt. Ich meine, auch dieser vorliegende Gesetzentwurf manifestiert das klassische Familienmodell. Wir dürfen aber, denke ich, nicht an der Realität vorbei, die da so aussieht, daß es auch eine große Reihe von Familien mit alleinerzie- henden Eltern gibt, daß es kinderlose Ehepaare gibt und daß es Lebensgemeinschaften gibt. Ich meine, daß ein Gesetz, das sich vorwiegend mit der privaten Sphäre der Bürger beschäftigt, auch die Sicherung und den Schutz anderer Lebensgemeinschaften, also auch gleichgeschlechtlicher Beziehungen thematisieren muß. (Beifall bei SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Weiterhin besteht Handlungsbedarf bei der Frage nach dem Erziehungsrecht für Unverheiratete. Ich bin darauf eben schon im anderen Zusammenhang gekommen. Ich weiß, das ist ein schwieriges Thema, aber ich meine, daß man bei Familien, wo die Eltern nicht verheiratet sind, klare Regelungen schaffen muß. Man könnte in eine Richtung denken, die sozusagen die Bereitschaft für ein gemeinsames Erziehungsrecht rechtlich begründen kann, auch wenn die Eltern nicht verheiratet sind. Es ist schwierig, Regelungen zu finden, aber ich glaube, daß es um so notwendiger ist. Noch einmal zum Thema Scheidung: Während bei Eheschließung die Notwendigkeit einer Beratung betont wurde, meine ich, daß an dieser Stelle ganz besonders Beratungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen. Scheidung, auch wenn es uns gelingt, die Zahl der Scheidungen herabzusetzen, sind eine Krise im Leben der Menschen, aber sie gehören zu unserer Realität. Ich glaube, es ist insbesondere im Interesse der Kinder wichtig, daß Kinder und auch die Eltern in dieser Phase in einer besonderen Weise begleitet werden, in einer Phase, die eine Krise ist, die mit Versagen zu tun hat, aber auch mit der Chance eines Neuanfangs. Es kann sehr viel verdorben werden, und da ist Begleitung besonders wichtig. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne) Noch eins zur Sprache in diesem Gesetz. Man hat den Eindruck, daß es sich bei den ganzen Ehepaaren, von denen im Gesetz die Rede ist, ausschließlich um Männer handelt. Es geht immer um den Gatten und den Gatten. Nachweislich bestehen Ehepaare zu 50 % aus Frauen, und ich wünschte mir, daß das auch im Gesetzestext zum Ausdruck kommt. (Beifall bei SPD und Bündnis 90/Grüne) Bei einem so wichtigen Gesetz, das in das Leben jedes einzelnen Bürgers hineinreicht, wünschte ich mir eine breite Diskussion in der Bevölkerung und auch eine Einbeziehung vieler Interessen- und Selbsthilfegruppen. Ich denke an die Selbsthilfeorganisation Alleinerziehender und an die Initiative Streitfall Kind. Herr Klein hat vorhin gesagt - ich bin gleich am Ende meines Beitrags daß eine direkte Übernahme des bundesdeutschen Familienrechts sinnvoll wäre. Ich bin da etwas vorsichtiger und froh, daß dieser Gesetzesentwurf auf der Grundlage des DDR-Gesetzes entwickelt wurde. Ich möchte Ihnen eine kleine Leseprobe aus dem Familienrecht der Bundesrepublik, das wir dann mit übernehmen würden, vorlesen, das doch sehr den Geist der Jahrhundertwende atmet. Geltendes Recht in der Bundesrepublik ist nach wie vor der § 1300 des Bürgerlichen Gesetzbuches, in dem es heißt: „Hat eine unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie, wenn die Voraussetzungen des § 1298 oder des § 1299 vorliegen, auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Dieser Anspruch ist nicht vererbbar.“ (Beifall bei SPD und Bündnis 90/Grüne) Ich habe das vorgelesen, um darauf hinzuweisen, daß es vielleicht doch ab und an sinnvoll ist, sich die bundesdeutschen Gesetze anzusehen, bevor wir sie übernehmen. (Beifall bei SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Ich möchte noch etwas zur Überweisung sagen. Ich bin froh, 725;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 725 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 725) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 725 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 725)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftvollzugsan-etalt besser gerecht werden kann, ist es objektiv erforderlich, die Hausordnung zu überarbeiten und neu zu erlassen. Diese neu zu erarbeitende Hausordnung hat auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Dienstan-weisungivl über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Hausordnung - erarbeitet auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten des. Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Der politisch-operative UntersuchungshaftVollzug stellt einen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Ei- Vf- gentums Beschuldigter!däziMfei, daß die im Artikel der Vejfä ssung-geregelten Voraussetzungen der Staatshaftung nicht ZürnTragen kommen. Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik Ministerium für Staatssicherheit. Der Minister - Berlin, den Diensteinheiten Leiter. Zur vorbeugenden politisch-ope negativ-dekadenten Jugendlich Abwehrarbeit unter Jungerwachsenen Vertraulich Staatssicherheit chlußsach rung von Großveranstaltungen, Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten.

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