Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 723

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 723 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 723); ist, als auch der Parlamentarische Staatssekretär Misseiwitz, der ebenfalls inzwischen einen Termin mit ausländischen Gästen hat, nicht mehr dabei sein kann. Es war für beide nicht absehbar; denn an sich stand die Aktuelle Stunde gleich nach dem Mittagessen auf der Tagesordnung. Der Staatssekretär kann morgen vormittag wieder anwesend sein. Ich frage Sie darum, ob Sie einverstanden sind, daß wir diese Aktuelle Stunde auf den morgigen Vormittag verschieben. Wir halten es für sachgemäß, wenn ein Vertreter bei dieser Debatte direkt dabei ist. Wer stimmt der Vertagung der Aktuellen Stunde von der heutigen auf die morgige Tagesordnung zu? Den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Zählen! Ich darf noch einmal fragen - ich hoffe, daß wir auf einen Hammelsprung verzichten können in dieser Angelegenheit. Wer ist dafür, daß die Aktuelle Stunde von heute auf morgen vertagt wird? Den bitte ich um das Handzeichen. - Bitte schön, wer ist gegen die Vertagung? - Stimmenthaltungen? -Einige, die brauchen wir nicht zu zählen. Ich gebe das Ergebnis bekannt, und Sie werden uns dann glauben, daß wir das von hier oben nicht entscheiden konnten. Für die Vertagung haben 134 gestimmt, gegen die Vertagung 126. Damit ist die Vertagung mit knapper Mehrheit beschlossen. Die Aktuelle Stunde findet morgen statt. Ich kann diejenigen, die sehr beunruhigt sind, trösten: Wir haben den Zeitplan für morgen '.urchgerechnet, es ist möglich. Wir fahren jetzt fort in der Beratung der Tagesordnungspunkte. Bitte schön. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung: Antrag des Ministerrates Gesetz zur Änderung des Familiengesetzbuches der DDR (1. Familienrechtsänderungsgesetz) (1. Lesung) (Drucksache Nr. 92) Meine Damen und Herren! Bevor wir die Begründung des Gesetzes durch den Minister hören, möchte ich Sie um eine Korrektur auf der Tagesordnung bitten. Der Überweisungsvorschlag lautet : Rechtsausschuß (federführend), Ausschuß Familie und Frauen sowie Arbeit und Soziales (mitberatend). Ändern Sie das bitte. Zur Begründung des Gesetzentwurfes erteile ich dem Staatsekretär im Ministerium für Justiz, Herrn Nissel, das Wort. Dr. Nissel, Staatssekretär im Ministerium der Justiz: Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem 1. Familienrechtsänderungsgesetz werden unaufschiebbare Korrekturen zur Lösung von brennenden Widersprüchen zwischen der gesellschaftlichen Realität und dem geltenden Recht vorgenommen. Zugleich werden erste Schritte auf dem Wege zur Rechtsangleichung auf diesem Gebiet gegangen. Änderungen des Familienrechts greifen tief in das Privatleben ein und beeinflussen die auf Dauer angelegten Beziehungen der Bürgerinnen und Bürger in Ehe und Familie nachhaltig. Daher muß jede Gesetzesänderung auf diesem Gebiet dem Gebot des Schutzes dieses Bereiches durch die staatliche Ordnung ebenso besonders Rechnung tragen wie der Wahrung des Vertrauensschutzes der Bürger in die Stabilität der sie betreffenden Rechte und Pflichten. Der vorliegende Gesetzentwurf beseitigt sozialistische Erziehungsvorgaben und darauf ausgerichtete staatliche Reglementierungen. An ihrer Stelle wurde von Formulierungen der Menschenrechte in UNO-Konventionen ausgegangen, so zum Beispiel besonders von der Konvention über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989. Der Gesetzentwurf enthält zudem Regelungen, die der in der Bundesrepublik geltenden Rechtslage nahekommen, so zum Beispiel zum ehelichen Güterrecht oder zum Namensrecht der Ehegatten. Die bisher in verschiedenen Bestimmungen des Familiengesetzbuches vorhandenen Aussagen über das Verhältnis der Familie zu Staat und Gesellschaft wurden in einer Bestimmung im § 1 Abs. 2 konzentriert zusammengefaßt. Das Primat der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder wurde dabei hervorgehoben. Die Formulierung von humanistischen, in jeder pluralistischen Gesellschaft akzeptablen Erziehungszielen folgt den Aussagen in der Präambel und den in Artikel 29 der Konvention über die Rechte des Kindes formulierten völkerrechtlichen Vorgaben. Ein Schwerpunkt des Gesetzes ist eine erste Anpassung des Unterhaltsrechts an die Einführung der Marktwirtschaft. Hier ist vor allem auf die mit der Neufassung von § 29 Abs. 3 erfolgte Eröffnung der Möglichkeit hingewiesen, vom geschiedenen Ehegatten auch erst nach Rechtskraft der Scheidung, und zwar maximal bis zu 2 Jahren nach der Scheidung, Unterhalt zu verlangen, wenn im Ergebnis neuer, nachträglich auftretender Entwicklungen Unterhaltsbedürftigkeit eintritt. Zur Vermeidung grober Unbilligkeiten für potentielle, insbesondere vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geschiedene Unterhaltsverpflichtete, die bei der Gestaltung ihres persönlichen Lebens nach der Scheidung davon ausgingen, daß sie zwar ihren Kindern, nicht aber den geschiedenen Ehegatten gegenüber unterhaltspflichtig sein würden, waren die Voraussetzungen für diesen Unterhaltsanspruch zu konkretisieren. Sie sind auf Faktoren beschränkt, die aus der Entwicklung der Verhältnisse während der Ehe oder aus der Ehescheidung resultieren. Zugleich ist die Zumutbarkeit einer solchen nachträglichen Unterhaltsverpflichtung in die gerichtliche Prüfung einzubeziehen. Den zu erwartenden Entwicklungen der Wirtschaft und den damit einhergehenden Veränderungen der persönlichen materiellen Verhältnisse dient die Ermächtung des Ministerrates, durch Rechtsverordnung eine einheitliche Anpassung der Unterhaltsverpflichtungen für noch nicht volljährige Kinder vorzunehmen, wie es in § 22 Abs. 8 vorgesehen ist. Von dieser Ermächtigung wird dann Gebrauch zu machen sein, wenn sich die Unterhaltsbedürftigkeit der Kinder und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten verändern. Sowohl der Preisindex des für den zum Unterhalt von Kindern benötigten Warenkorbes als auch das durchschnittliche Nettoeinkommen werden sich in einer Richtung entwickeln, die derartiges Reagieren erforderlich machen. Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die bisher geltende Regelung des ehelichen Güterrechts des Familiengesetzbuches war und ist fortan geeignet, den Schutz des geringerverdienenden oder ausschließlich den Haushalt führenden Ehegatten auf dem Gebiet des Vermögens zu gewährleisten. Sie ist aber vor allem unter marktwirtschaftlichen Bedingungen allein nicht mehr ausreichend. Insbesondere ist sie für die Ehe einer Unternehmerin bzw. eines Unternehmers untauglich. Die Neufassung von § 14, die Einführung der Vertragsfreiheit und des Ehevertrages in das Güterrecht des Familiengesetzbuches, hat die Öffnung für deren Bedürfnisse zum Ziel. Zugleich erfordert sie, den Schutz des sozial schwächeren Ehegatten insoweit zu gewährleisten, als der Bestand des ehelichen Haushalts der Familie zu sichern ist und im Falle der Scheidung gegebenenfalls auch teilweise dem anderen Ehegatten übertragen werden kann. Die Neufassung der §§27 und 46 sowie weitere Regelungen dienen der Milderung von seit Jahren aufgestauten Konflikten in bezug auf die Stellung des nicht erziehungsberechtigten El-temteiles - in der Regel bekannterweise der Vater -, insbesondere auf dem Gebiet des Umgangs mit den Kindern. Sie betreffen weiter die Änderung von Entscheidungen über das Erziehungsrecht und des Familiennamens von Kindern aus geschiedenen Ehen sowie die Einwilligung zur Adoption. Mit der jetzt vorgeschlagenen Umgangsregelung wird der Orientierung aus der Konvention über die Rechte des Kindes, Artikel 9 Abs. 3, Rechnung getragen und die Einführung der Sub- 723;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 723 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 723) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 723 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 723)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sowie in gemeinsamen Festlegungen zwischen der Abteilung Staatssicherheit und der НА dem weitere spezifische Regelungen zu ihrer einheitlichen Durchsetzung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit relevant sind, ohne dadurch gesetzliche, oder andere rechtliche Grundsätze über die Unterbringung und Verwahrung Verhafteter zu negieren zu verletzen. Vielmehr kommt es darauf an, die politisch-operativen Interessen Staatssicherheit ausreichend und perspektivisch zu berücksichtigen sowie die Pflichten und Rechte der hauptamtlichen herauszuarbeiten voll zu wahren. Es sollte davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze vorsnnehnen. Beide Seiten bilden eine untrennbare Einheit: Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit schließt ilire Durchsetzung unbedingt ein; Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung gerichtlicher HauptVerhandlungen einzustellen. Mit den Leitern der Diensteinheiten der Linie und anderen operativen Diensteinheiten sowie mit den Direktoren der Gerichte sind rechtzeitig Maßnahmen zur Sicherung der Geheimhaltung und zum Schutz evtl, gefährdeter anderer Inoffizieller Mitarbeiter sind einzuleiten. Die Erfassung und Registrierung von Kandidaten und Inoffiziellen Mitarbeitern.

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