Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 72

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 72 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 72); re für die Regierungserklärung danken. Wir stimmen im wesentlichen mit dieser überein, wollen aber von dieser Stelle aus einige zusätzliche Gedanken unserer Fraktion vortragen. Wir verstehen uns auch als eine der neuen demokratischen Gruppierungen, deren Mitglieder mit Entschiedenheit die Fesseln der Vergangenheit gesprengt haben, wie Sie, Herr Ministerpräsident, ausführten. Auch Mitglieder unserer Partei wurden beispielsweise in Dresden im Herbst 1989 niedergeknüppelt von den Bütteln, die die Lokalfürsten von der Kette gelassen hatten. Unser Dank muß deshalb, Herr Ministerpräsident, an die ehemalige Regierung Modrow etwas anders ausfallen. Entgegen einer von der SED-PDS gepflegten Verklärung hat die Regierung Modrow weniger zur Stabilität als mehr zur Instabilität dieses Landes beigetragen, (Vereinzelt Beifall) und die Regierung Modrow war auch keineswegs überparteilich oder gar demokratisch. Sie nutzte die Zeit, um Beschlüsse zu fassen und Gesetze zu verabschieden, die ehemaligen Funktionären weitere Privilegien einräumen sollten. (Beifall, vor allem bei CDU/DA, DSU und SPD. Zwischenruf: Es soll zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gesprochen werden!) Ich habe 15 Minuten Zeit, Monsieur! So erließ die Regierung Modrow am 18.12.1989 einen Ministerratsbeschluß über den Verkauf von staats- und parteieigenen Liegenschaften, der auf einer Geheimen Verschlußsache Nr. 0008-21/86 des ehemaligen MfS, Unterschrift Mielke, basiert. Bezeichnenderweise gab die vorangehende Regierung die Anweisung, diesen Beschluß nach der Realisierung zu vernichten. Warum wohl? Weiterhin wurde von der vorangegangenen Regierung am 20.3.1990 ein Beschluß gefaßt, die Tantiemen der Mitarbeiter des Staatsapparates drastisch zu erhöhen. Und Herr Modrow insbesondere - er ist leider nicht da - verdient auch deshalb unsererseits keinen Dank, weil er dem Stasi-Chef des Bezirkes Dresden maßgeblich Anweisungen in den Jahren seiner Tätigkeit als Vorsitzender der Bezirksleitung der SED gab. (Beifall, vor allem bei CDU/DA, DSU und SPD) Und auch als Regierungschef der Übergangsregierung verdient er wohl nicht nur Dank, da wesentliche Probleme im Zusammenhang mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion nicht oder viel zu spät angepackt wurden. Als in den Augen von Teilen der Öffentlichkeit weniger belasteter Spitzenfunktionär wurde er von der SED eingesetzt, um den zusammengerafften Nachlaß entsprechend dieser Partei in die neue Zeit hinüber zu retten. (Beifall, vor allem bei CDU/DA, DSU und SPD) Wieso war es möglich, daß, obwohl vielfach dementiert, Akten der Stasi verschwanden und nicht ausreichend gesichert wurden? Aus den genannten Gründen ist die DSU allenfalls in der Lage, den letzten SED-Regierungschef dieses Landes als den besten unter allen SED-Regierungschefs zu bezeichnen, die diese Partei uns 40 Jahre lang beschert hat. (Vereinzelt Beifall. Zwischenruf: Zur Sache, Herr Abgeordneter!) Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sie sprachen die Sicherung der Eigentumsrechte sowie der Eigentumsübertragung nach Treu und Glauben an. Wird aber diese Formel den realen Tatbeständen in diesem Land voll gerecht? Muß man nicht zeitlich und sachlich differenzieren? Es geht doch wohl nicht an, das Praktiken aus der unmittelbaren Zeit nach 1945 auf die letzte Enteignungswelle Anfang der siebziger Jahre übertragen werden konnten. Letztendlich war die gesamte Geschichte der DDR begleitet von einer nie abreißenden Kette von massiven Brüchen des Eigentumsrechts. Bereits mit dem unter unsäglichen Umständen zustande gebrachten Volksentscheid in Sachsen zur sogenannten Enteignung der Kriegsverbrecher verschaffte man sich eine Scheinlegitimation, um gegen den Privatbesitz als Ganzes schrittweise und systematisch Vorgehen zu können. (Zurufe von der PDS) Den vom Klassenhaß verdüsterten Gehirnen der SED-Kommu-nisten (Beifall, vor allem bei CDU/DA, DSU, und SPD) erschien Privateigentum als verbrecherisch. Entsprechend wurden zuerst Schuldige wie Unschuldige und später nur noch letztere um ihr Vermögen gebracht. (Zuruf von der PDS: Zur Sache, Herr Abgeordneter!) Die soziale Nivellierungswut dieser Partei und ihres Staates traf große, mittlere und kleinere Unternehmer und Landwirte ebenso wie freipraktizierende Ärzte und selbst Sammler von Kunst- und Kulturgut. (Zwischenruf: Konstruktivität bitte!) Die Liste der betroffenen Personengruppen ließe sich beliebig fortsetzen. Wie wir alle wissen, schreckte die Nichtachtung des Eigentums zuletzt auch nicht mehr vor dem Eigentum des Volkes und des Staates zurück. (Stellvertreter des Präsidenten, Dr. Höppner: Herr Abgeordneter! Sie haben die letzte Zeit verwendet, um zu einem Satz der Regierungserklärung, nämlich zu dem zu sprechen, daß Ihr Dank an Herrn Modrow nicht so intensiv ausfallen würde. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie die restliche Zeit auch noch anderen Themen widmen könnten.) (Beifall, vor allem bei der PDS und SPD) Herr Ministerpräsident! Wir unterstützen Ihr wirtschaftliches Konzept hinsichtlich der Gestaltung der sozialen Marktwirtschaft voll und ganz. Kartellamt und Gewerbeaufsichtsrat als Regulatoren der Marktwirtschaft sind unumgänglich und sofort zu bilden. Meine Damen und Herren! Die kommunale Selbstverwaltung muß ebenfalls schnellstens hergestellt werden, so daß die Eigenwirtschaftlichkeit der Kommunen durch Steuereinnahmen au den im Territorium liegenden Betrieben, vor allem im Bereich der Handwerker, der mittelständischen Industrie und des Dienstleistungsgewerbes sichergestellt werden kann. Die Selbstverwaltung muß ebenfalls für das neue Genossenschaftsrecht zutreffen. Dieses Recht für die Landwirtschaft muß die Möglichkeit privater Kooperationsformen beinhalten und die Reprivatisierung eingebrachten Landes und Waldes in freier Selbstbestimmung ermöglichen. Wir unterstützen von ganzem Herzen die Absicht, den Schwachen der Gesellschaft zu helfen, insbesondere den Behinderten, die auf materielle sowie andere notwendige Heil- und Hilfsmittel angewiesen sind. Unser Vorschlag geht dahin, ein entsprechendes Sofortprogramm zu erarbeiten. Als Schwache der Gesellschaft sehen wir z. B. auch diejenigen an, die unter katastrophalen Haftbedingungen und eventuell zu revidierenden Urteilen in Strafvollzugsanstalten einsitzen. (Beifall) Deshalb bitten wir, in das Regierungsprogramm nachträglich eine Strafvollzugsreform aufzunehmen. Wir begrüßen die Umstrukturierung der Volksarmee in eine territoriale Schutzmacht und betrachten die Angehörigen der 72;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 72 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 72) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 72 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 72)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie Kenntnisse zu vermitteln über - Symptome und Krankheitsbilder, die für psychische Auffälligkeiten und Störungen Verhafteter charakteristisch sind und über - mögliche Entwicklungsverläufe psychischer Auffälligkeiten und Störungen und den daraus resultierenden Gefahren und Störungen für den Untersuchungshaftvollzug. Zu grundlegenden Aufgaben der Verwirklichung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliohe Ordnung und Sicherheit hervorruf. Die kann mündlich, telefonisch, schriftlich, durch Symbole sowie offen oder anonym pseudonym erfolgen. liegt häufig im Zusammenhang mit der Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug, wie Aufnahmeverfahren durch die Diansteinheiten der Linie Erstvernehmung durch die Diensteinheiten der Linie ärztliche Aufnahmeuntersuchung, richterliche Vernehmung innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteter Haltungen. Unterschriftenleistungen zur Demonstrierung politisch-negativer. Auf fassungen, zur Durchsetzung gemeinsamer, den sozialistischen Moral- und Rechtsauffassungen widersprechenden Aktionen.

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