Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 70

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 70 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 70); scheinung tritt, wird auch die Unsicherheit der gegenwärtigen Situation für sie die stärksten Auswirkungen haben. Zum Schluß einige Bemerkungen zur Arbeit dieses Parlaments. Vor dem Hintergrund des In-die-Schranken-gewiesen-Werdens der Oppostion durch Vertreter der Koalitionsparteien, wie das gestern eindrücklich vom Abgeordneten Schwarz vorgeführt wurde, beeindruckt die demokratische Haltung des Ministerpräsidenten, der die Bedeutung der neuen, demokratischen Gruppen würdigt und uns alle, auch das Parlament, mahnt, gesellschaftlich erwachsen zu werden. (Beifall bei PDS, SPD und Bündnis 90/Grüne) Die meisten der versammelten Abgeordneten haben wenig Erfahrung in diesem Geschäft, und seit Jahren im Parlament zu sein, ist in diesem Land durchaus kein Indiz für das Vorhandensein demokratischer Gewohnheiten. (Beifall) Der Verweis auf die Mehrheitsverhältnisse im Parlament, der mit gewisser Drohgebärde schon des öfteren zu hören war, ist insofern überflüssig, als wir diese Mehrheitsverhältnisse immer wieder deutlich zu spüren bekommen. Die Mehrheitsverhältnisse im Präsidium z. B. ermöglichen es, die Redezeit der nicht an der Regierung beteiligten Fraktionen beliebig zu kürzen (Beifall besonders bei der Fraktion der PDS) und dies in diesem besonderen Fall, da es um die Auseinandersetzung mit der Regierungserklärung geht! (Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner mahnt mit Klingelzeichen) (Abg. Dr. Gysi, PDS: überstimmt, überstimmt!) Noch einmal möchte ich den Ministerpräsidenten zitieren: „Wir sind dabei, uns die Demokratie zu erarbeiten.“ Schließt das nicht ein, daß die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, unterschiedliche im Parlament vertretene Positionen zu kennen, den Weg zum Kompromiß mit zu verfolgen und sich auf diese Weise ein Urteil über die Politik einzelner Fraktionen zu machen? Die Vereinbarungen der Koalition beinhalten, daß im Vorfeld der Parlamentsarbeit wichtige Fragen abgestimmt werden, und daß Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten nicht zulässig sind. Soweit ist das, glaube ich, übliche Praxis bei Koalitionen. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß dadurch die Öffentlichkeit von der Entscheidungsfindung der 3/4-Mehrheit des Parlaments ausgeschlossen wird, weil diese hinter verschlossenen Koalitionstüren stattfindet. Zugeschaut werden darf dann erst bei der Auseinandersetzung der Opposition mit dem zustandegekommenen, inzwischen unerschütterlichen Kompromiß. - Ich danke Ihnen. (Beifall besonders bei den Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Grüne und PDS) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Als dritter Redner spricht der Vertreter der Liberalen; der Abg. Prof. Dr. Ortleb. Abg. Prof. Dr. Ortleb, Vorsitzender der Fraktion der Liberalen: Meine Damen und Herren! Wir Liberalen stimmen der Regierungserklärung zu. Sie benennt die Probleme und Aufgaben, die gelöst werden müssen auf dem Wege der politischen, wirtschaftlichen und moralischen Gesundung unseres Volkes und der würdigen Vereinigung der Deutschen in einem Vaterland. Es bedarf eines selbstbewußten Parlamentes und einer starken Regierung. Die Regierung de Maiziere kann eine starke Regierung sein, (Beifall besonders bei der Fraktion der CDU/DA) 70 denn sie ist getragen von einer breiten Koalition, deren Übereinstimmung in Grundfragen in zähen, weil gründlichen Verhandlungen erarbeitet wurde. Entschlossen, an Vereinbarungen, die die Regierungserklärung richtig widerspiegelte, festzuhalten und sie durchzusetzen, betrifft es für uns Liberale vor allem geordnete Vereinigung auf vertraglicher Grundlage, eingebettet in europäische Prozesse; den dringend erforderlichen wirtschaftlichen Aufschwung im Interesse der Bürger; den weiteren Ausbau der Demokratie und die Schaffung wirklich rechtsstaatlicher Verhältnisse. Die Regierung braucht Vertrauen und Vollmacht, nötige Entscheidungen zu treffen und auf den Weg zu bringen. Die Kraft der Regierung kommt aus dem Vertrauen der Koalition in sie und der demokratischen Kontrolle durch das ganze Parlament. Es sei bemerkt an dieser Stelle - aufgreifend die Regierungserklärung von gestern - die Empfehlung, die Legislaturperiode der Bezirkstage mit den Kommunalwahlen zu beenden, daß dazu im Gleichklang dieses Hohe Haus beschließen sollte, auch Regierungsvertreter als Regierungsbeauftragte anstelle der Vorsitzenden der Räte der Bezirke zu setzen, die dann von diesem Hohen Haus bestätigt werden können. (Beifall besonders bei der Fraktion der CDU/DA und der Fraktion der Liberalen) Die geordnete Vereinigung auf vertraglicher Grundlage und ohne Verzögerung betonen wir in dieser Formel, weil wir die Ai Schlußbestrebungen - was eine Fehldeutung von Artikel 23 ist -auch ablehnen. Wir sind aber auch gegen Verzögerungsmanöver der verschiedensten Art. Manche Antragsfreudigkeit scheint uns übertrieben in diesem Hohen Haus. Wir sind dafür, im Zusammenhang mit der Herbeiführung der Wirtschafts-, Wäh-rungs- und Sozialunion auch über eine gemeinsame deutsche Staatsbürgerschaft zu entscheiden. Das würde Prozesse erleichtern und beschleunigen. Geordnete Vereinigung schließt für uns rechtzeitige, umfassende, kontrollierende und bestimmende Einbeziehung des Parlaments in die Entscheidungsprozesse selbstverständlich und unabdingbar ein. Der Herr Ministerpräsident hob die Rechtsstaatlichkeit hervor und verwies unter anderem auf Verwaltungsgerichtsbarkeit und Verfassungsgericht. Es ist uns Veranlassung zu sagen, daß die Republik dringend gesetzliche Rahmenbedingungen braucht, die verfassungsähnlichen Charakter haben, und dabei sind wir bei dem Thema, das uns gestern schon beschäftigt hat. Sie werden benötigt dafür, weitreichende politische Entscheidungen zu treffen. Wir können nicht permanent die jetzige Verfassung ändern und ergänzen, sondern wir brauchen sie als Ir strument der Vereinigung, aber durchaus nicht zuletzt ai„ Grundgesetz des täglichen Handelns. Wie gehen wir das aber an? Vor mir sprachen die Grünen. Das regt mich an zu formulieren: Wenn man auf einen schweren Wanderweg geht, sollte man das nicht mit neuen, ungebrauchten Schuhen tun. (Beifall bei den Liberalen und CDU/DA) Und deswegen meinen wir, so ehrlich und gut der Vorschlag des Runden Tisches gemeint ist, wir haben nicht die Zeit, die neuen Schuhe einzulaufen. (Beifall bei den Liberalen und CDU/DA. Zwischenruf vom Bündnis 90/Grüne: Aber auch nicht barfuß!) Wir müssen uns gute gebrauchte suchen. (Heiterkeit beim Bündnis 90/Grüne) Und wer das tun soll, sollte ein Verfassungsausschuß dieses Hohen Hauses sein, und dieser Verfassungsausschuß sollte sich nicht zu viel Zeit nehmen. Lassen wir es wieder mit einem Bild bewenden: Wenn man;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 70 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 70) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 70 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 70)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Im Zusammenhang mit der Aufklärung straftatverdächtiger Handlungen und Vorkommnisse wurden darüber hinaus weitere Personen zugeführt und Befragungen unterzogen. Gegen diese Personen, von denen ein erheblicher Teil unter dem Einfluß der politisch-ideologischen Diversion und verstärkter Eontaktaktivitäten des Gegners standen, unter denen sich oft entscheidend ihre politisch-ideologische Position, Motivation und Entschluß-, fassung zur Antragstellung auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft der gestellt hatten und im Zusammenhang mit der darin dokumentierten Zielsetzung Straftaten begingen, Ermittlungsverfahren eingeleitet. ff:; Personen wirkten mit den bereits genannten feindlichen Organisationen und Einrichtungen in der bei der Organisierung der von diesen betriebenen Hetzkampagne zusammen. dieser Personen waren zur Bildung von Gruppen, zur politischen Untergrundtätigkeit, zun organisierten und formierten Auftreten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Handlungen zu initiieren und mobilisieren. Gerichtlich vorbestrafte Personen, darunter insbesondere solche, die wegen Staatsverbrechen und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten der allgemeinen Kriminalität gerecht werden. Dabei müssen sich der Untersuchungsführer und der verantwortliche Leiter immer bewußt sein, daß eine zu begutachtende. Komi pap Straftat oder Ausschnitte aus ihr in der Regel nicht umfassend voraussehbaren Realisierungsbedingungen und Wirkungen ein sofortiges Handeln der Organe Staatssicherheit zur Unterbindung tatsächlicher oder möglicher Gefahrenmomente für die sozialistische Gesellschaft für das Leben und die Gesundheit der durch dasVogckiinininis Bedroh- ten zu schützen, - alle operativ-betjshtrefi Formationen entsprechend der er-, jilf tigkeit zu jne;a und weiterzuleiten, die Sicherung von Beweismitteln während des Aufnahmeprozesses in den Untersuchungshaftanstalton Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die innere Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit zur Vorbeugung und Verhinderung von Provokationen Inhaftierter zur Gewährleistung eines den Normen der sozialistischen Gesetzt lichkeit entsprechenden politis ch-operativen Untersuchungshaft? zuges Pie Zusammenarbeit:mit anderen Dienst-ein beiten Ministeriums für Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit ihnen durch die Linie Untersuchung unter den Bedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft ein erhöhtes qualitatives Niveau erfordert.

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