Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 67

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 67 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 67); Aussprache zur Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten Lothar de Maiziere. Wir haben uns im Präsidium darauf geeinigt, daß zunächst jede Fraktion, unabhängig von ihrer Größe, die Möglichkeit hat, 15 Minuten zu dieser Regierungserklärung zu sprechen. Wir beginnen mit der Fraktion DBD/DFD. Ich bitte den Abgeordneten Dr. Günter Maleuda, das Wort zu nehmen. Abg. Dr. Maleuda, Vorsitzender der Fraktion DBD/DFD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der gestrigen Regierungserklärung hat der Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik, Herr de Maiziere, ein Programm seiner Regierung vorgestellt, das den Weg zur Herstellung zur deutschen Einheit markiert. Ausgehend vom Willen unserer Mitglieder und Wähler findet dieses Programm die Zustimmung der Fraktion der Demokratischen Bauernpartei und des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands. Unsere Fraktion wird alle Maßnahmen der Regierung unterstützen, die unter Beachtung der Lebensinteressen der Menschen unseres Landes ergriffen werden. Wir treten dafür ein, daß das Volk der Deutschen Demokratischen Republik erhobenen Hauptes in die Einheit Deutschlands geht. Wir stimmen der Absicht der Regierung zu, mit klaren Positionen, die den Erfordernissen und Bedingungen der DDR entsprechen, in die bevor-henden Verhandlungen mit der Bundesregierung zu gehen. 'Das ist auch deshalb notwendig, weil seit dem 18. März zehntausende Bürger auf Kundgebungen und Demonstrationen ihre Vorstellungen und Forderungen dazu deutlich zum Ausdruck gebracht haben. So manche Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes wird immer wieder durch unakzeptable Äußerungen von Politikern und Spekulationen in der Presse der Bundesrepublik hervorgerufen. Kaum ein Tag vergeht ohne Ankündigung von Vorhaben mit nachfolgenden Dementis. Wir stimmen den entscheidenden Zielsetzungen in der Regierungserklärung zu, möchten aber folgendes hervorheben: 1. Die untrennbare Verbindung von Währungs- und Wirtschaftsunion mit einer Sozialunion, die das Abdrängen von Teilen der Bevölkerung, insbesondere der Rentner, der Behinderten, der Alleinstehenden, der Alleinerziehenden mit Kindern und anderen in das soziale Abseits verhindert. 2. Die unbedingte Umstellung der Löhne, Renten und Sparguthaben im Verhältnis 1:1 zu frühestmöglichem Termin. „ß. Der Schutz unserer Wirtschaft, vor allem auch der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft vor unlauteren Verdrängungswettbewerb durch westliche Unternehmen. 4. Die kurzfristige Erarbeitung von Lösungen zur Umbewertung der Fonds, Kredite und Guthaben der Betriebe, die ihre Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit unter den neuen Bedingungen sichern. 5. Die Sicherung der Eigentums- und Nutzungsrechte der Bürger, Betriebe und Genossenschaften entsprechend den seit 1945 in unserem Land entstandenen Eigentumsverhältnissen. 6. Die Unantastbarkeit der Ergebnisse der demokratischen Bodenreform, die Klärung von unrechtmäßigen Eigentumswechseln und die Haftung des Staates für Wiedergutmachung, damit altes Unrecht nicht durch neues Unrecht beglichen wird. Und schließlich die schrittweise Angleichung der Rechtsnormen der DDR und der Bundesrepublik, was eine generelle und kritiklose Übernahme bundesdeutscher Gesetze und Rechtsvorschriften für das Gebiet der DDR ausschließt. Letztgenanntes Problem gewinnt angesichts der bekundeten Absicht der Regierung und der gestrigen Diskussion zum Verfassungsentwurf besondere Bedeutung. Verehrte Abgeordnete! Große Erwartungen werden von Bäuerinnen und Bauern, den Arbeiterinnen und Arbeitern der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft an die neue Regierung gestellt. Die Bauerndemonstration während der 2. Volkskammertagung in der vorigen Woche hat das deutlich zum Ausdruck gebracht. Unsere Fraktion ist bereit, ihre Sach- und Fachkompetenz in die Lösung der anstehenden Aufgaben einzubringen, behält sich aber kritische Wertungen zu Entscheidungen vor, die nicht den Interessen der Landbevölkerung entsprechen sollten. Nicht aufschiebbar ist die Sicherung der Abnahme von Schlachtvieh, Eiern und Milch zur Gewährleistung einer stabilen Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, die aus eigenem Aufkommen zur Verfügung stehen. Das gilt auch für Gemüse, Obst, Zierpflanzen und Schnittblumen. Zu diesem Problem haben wir klare Aussagen in der Regierungserklärung vermißt. (Unruhe bei CDU/DA und DSU) Die Bäuerinnen und Bauern sowie die Beschäftigten in der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft unseres Landes fordern, die ungesetzlichen und unkontrollierten Einfuhren von Agrarerzeugnissen aus der Bundesrepublik zu verhindern. Die Bauern befinden sich in den Startlöchern, um Straßen und Grenzübergänge zu blockieren, wenn der Binnenmarkt nicht geschützt wird. Es geht um wirksame Sofortmaßnahmen. Unverständlich ist für Bürger, daß die Erzeugnisse der Land-und Nahrungsgüterwirtschaft nicht abgenommen werden, aber gleichzeitig die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs nicht immer und überall gesichert ist. Wir halten es für erforderlich und wollen mitwirken, das desolate Handelssystem in Ordnung zu bringen. Dringender Handlungsbedarf besteht zur weiteren Ausgestaltung der rechtlichen Regelungen zum Schutz des persönlichen und genossenschaftlichen Eigentums der Bauern an Grund und Boden, aber auch der Besitzer von Eigenheimen bzw. von Grundstücken für Erholungszwecke. Die staatliche Hoheit für die Nutzung des Bodens muß gewährleistet werden. Das ist übrigens auch in der Bundesrepublik so. Umgehend sind die ökonomischen und juristischen Rahmenbedingungen für eine gesicherte Perspektive der Genossenschaften, anderer Betriebe und Unternehmen aller Eigentumsformen beim Übergang zur sozialen und ökologisch orientierten Marktwirtschaft zu schaffen. Dazu gehören neue Gesetze für die Genossenschaften und die Unternehmensgründung. Dazu gehört die Entschuldung der Genossenschaften und Betriebe zur Sicherung der Chancengleichheit, und schließlich gehören dazu auch entschiedene Maßnahmen zur raschen und durchgreifenden Verbesserung der materiell-technischen Bedingungen in den Betrieben der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft. Das schließt eine vernünftige Subventionspolitik und vertretbare Quotenregelung ein. Wir nehmen zustimmend zur Kenntnis, daß die Regierung für die Landwirtschaft einen mehrjährigen Übergangs- und Anpassungszeitraum an die hohen Quali-täts- und Effektivitätsanforderungen auf dem EG-Markt gewährleisten will. Unsere Fraktion wird sich dafür einsetzen, daß der Übergang zur Marktwirtschaft nicht zur Vernichtung bäuerlicher Existenzen und zu sozialer Unsicherheit in den Dörfern führt. Verehrte Abgeordnete! Die Lebensinteressen der Menschen unseres Landes erfordern, dem Schutz und der Erhaltung der Natur und Umwelt sowie der rationellen Nutzung der Naturressourcen einen hohen Stellenwert beizumessen. Die Fraktion der DBD/DFD hebt die Notwendigkeit hervor, daß die Einheit von Ökologie und Ökonomie erreicht werden muß. Umweltschutzverträglichkeitsprüfungen bei allen Investitionsmaßnahmen und das Verursacherprinzip müssen konsequent durchgesetzt werden. Mit der Überarbeitung bestehender und neuer rechtlicher Regelungen ist durch die Volkskammer und die Regierung der DDR eine umfassende Umweltschutzgesetzgebung zu beschließen. 67;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 67 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 67) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 67 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 67)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin ist verantwortlich für die Wahrnehmung der Federführung bei der wirksamen und einheitlichen Durchsetzung des Untersuchungshaftvolzuges im Staatssicherheit . In Wahrnehmung seiner Federführung hat er insbesondere zu gewährleisten: die ständige aktuelle Einschätzung der politisch-operativen Lage im Zusammenhang mit der operativen Aktion oder dem operativen Sicherungs eins atz, die qualifizierte Erarbeitung der erforderlichen Leitungsdokumente wie Einsatzpläne, Inforraations-ordnung sowie weiterer dienstlicher Bestimmungen und Weisungen sowie der mit der Einschätzung der politisch operativen Lage erkannten Erfordernisse und Bedingungen der politisch-operativen Sicherung des Jeweiligen Verantwortungsbereiches und die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

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