Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 536

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 536 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 536); Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Wir sind eigentlich in der Aussprache. Können wir vielleicht diese Aussprache jetzt tatsächlich fortsetzen? Als nächstes schlage ich vor, daß von der Fraktion CDU/DA der Abgeordnete Krause spricht. Bitte schön, der Abgeordnete Krause hat das Wort. Dr. Krause für die Fraktion CDU/DA: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der CDU und des Demokratischen Aufbruchs begrüßt prinzipiell die Anwendung des Artikels 23, allerdings unter dem Motto, wie wir bisher in den letzten Monaten auch unsere Regierungsarbeit gesteuert haben: Deutsche Einheit so schnell wie möglich, aber deutsche Einheit so gut wie nötig. (Beifall bei den Koalitionsfraktionen) Die Fraktion hat in der vergangenen Woche bereits eine Empfehlung ausgearbeitet, und ich möchte hier Gelegenheit nehmen, um die Eckdaten dieser Empfehlung noch einmal deutlich zu machen. Bestandteil dieser Empfehlung der CDU/DA-Fraktion ist erstens, daß in Abhängigkeit der Erarbeitung und Ausarbeitung von Übergangsregelungen, die man durchaus auch als zweiten Staatsvertrag bezeichnen könnte, und des Ergebnisses der 2 + 4-Verhandlungen wir es als durchaus möglich ansehen, in diesem Sommer, so die Haltung der CDU/DA-Fraktion, den Beitritt zu realisieren, aber das Inkraftsetzen des Grundgesetzes nicht im Sommer, sondern auf einen späteren Termin zu verlegen; zweitens, daß wir im Rahmen der Erarbeitung der Übergangsregelung natürlich auch den Termin für die Länderwahlen entsprechend einordnen müssen; denn wir meinen, daß die Diskussion und die Debatte um den Beitritt zuallererst auch die föderalistische Struktur in der DDR voraussetzt. Deshalb unser Vorschlag, am 23. September die Landtagswahlen durchzuführen. (Beifall, vor allem bei CDU/DA) Und wir haben in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, daß man das Inkraftsetzen des Grundgesetzes spätestens an dem Tag, an dem gesamtdeutsche Wahlen durchgeführt werden, realisieren sollte. Nach den Empfehlungen der Fraktion der CDU und des Demokratischen Aufbruchs würde das im Zeitraum zwischen dem 2. und 16. Dezember dieses Jahres möglich sein. Aus all diesen Gründen meine ich, daß es erforderlich ist, gründlich darüber nachzudenken und in den Ausschüssen diesen Beschlußvorschlag zu beraten. Wir meinen, daß eine Überweisung in den Verfassungs- und Rechtsausschuß unbedingt notwendig ist, um die erforderlichen Formalitäten hier möglichst gemeinsam und im großen Konsens abzustimmen. (Beifall, vor allem bei CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Abgeordneter Krause, gestatten Sie eine Anfrage? Dr. Brecht (SPD): Herr Krause, ich weiß nicht, ob ich Sie mißverstanden habe oder ob es akustisch falsch übertragen worden ist: Haben Sie die deutsche Einigung so schnell wie möglich und so gut wie nötig oder umgekehrt gemeint? Dr. Krause (CDU/DA): Also, die CDU - und ich hoffe, daß Sie auch die Zitate von der CDU schon oft gelesen haben - geht davon aus, daß die deutsche Einheit so schnell wie möglich und so gut wie nötig geschaffen werden sollte. Und genau darum geht es ja bei diesem Antrag: daß wir die nötigen Voraussetzungen erst realisieren müssen, um so schnell wie möglich die deutsche Einigung zu realisieren. (Beifall bei CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Von der Fraktion Bündnis 90/Grüne ist gebeten worden, daß die Redezeit geteilt werden kann. Zunächst der Abgeordnete Weiß. Weiß für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Frau Präsidentin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgeordnete aus drei Fraktionen hatten vor, eine Erklärung der Volkskammer heute hier vorzustellen. Dies ist nicht mehr möglich. Ich kann hier nur die Position darzustellen versuchen, die diese Abgeordneten hatten. Es ist meine Position. Sie wissen, daß ich einer derjenigen bin, die sich zu einem sehr frühen Zeitpunkt für die Einheit Deutschlands ausgesprochen haben. (Unruhe bei CDU/DA und DSU; Zurufe: Das ist ja etwas ganz Neues!) Ja, da sind Sie offenbar sehr schlecht informiert. Da sollten Sie vielleicht mal die Zeitungen lesen, die Sie vielleicht vorher nicht gelesen haben. Ich habe nämlich vorher nicht in Deutschland publiziert. Sie sollten mal in der „Zeit“ vom 10. Juni 1989 nachlesen. Da steht das unter anderem drin. Ich habe es auch an anderen Orten gesagt. Ich mache kein Hehl daraus, daß der bevorzugte Weg, den ich mir gewünscht hätte, der Weg nach Artikel 146 gewesen wäre, nämlich die Erarbeitung einer gemeinsamen deutschen Verfassung, deren Verabschiedung durch einen Volksentscheid und einen politisch gestalteten Weg hin zur Einheit. Womit wir nun ' " aber in den letzten Wochen und Monaten konfrontiert werden, meine Damen und Herren, das ist eine Hatz in die Einheit, die jegliche politische Vernunft vermissen läßt. (Unmutsäußerungen bei den Koalitionsfraktionen - Beifall bei Bündnis 90/Grüne und PDS) Die Entmündigung der Volkskammer bei der Aushandlung des Staatsvertrages, wo uns zugesagt worden ist, daß Nachbesserungen möglich sind, ist offensichtlich. Ich bin Mitglied des Ausschusses Deutsche Einheit. Ich weiß, was nicht nachgebessert worden ist, was auch in den Ausschüssen an Sachargumenten gekommen ist und was nicht berücksichtigt ist. Damit kann ich mich nicht abfinden. Ich kann mich nicht damit abfinden, daß der Verfassungsentwurf des Runden Tisches ersetzt werden soll durch Verfassungsgrundsätze, die weitgehende Rechte, die laut Verfassung den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes und der Volkskammer gehören, dem Ministerpräsidenten und der Regierung übertragen sollen. Auch das Treuhandgesetz ist nicht in der Art und Weise gestaltet, wie wir das für notwendig erachtet haben. Es kann nicht angehen - um nur das aus der sicher noch folgenden Diskussion vorwegzunehmen -, daß das Volksvermögen zur Haushaltssanierung verwendet wird. Deshalb, meine Damen und Herren, hat sich eine Gruppe von ' Abgeordneten entschlossen, das kleinere Übel zu wählen, nämlich den gesetzlosen Zustand, der durch die zu erwartenden Verfassungsgrundsätze hergestellt wird, zu beenden und den Beitritt zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu beantragen, allerdings unter .konkreten Konditionen. Ich will Ihnen die Konditionen auch andeuten. Es ging darum, daß wir die Rechte der alliierten und assoziierten Mächte bis zum Abschluß entsprechender Verhandlungen voll anerkennen wollten, daß wir feierlich auf die Anwendung von militärischer Gewalt gemäß den Prinzipien verzichten wollten, wie sie in der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 1. August 1975 aufgeführt sind, daß wir insbesondere auch die bestehenden Grenzen anerkennen wollten, auch die polnische Westgrenze, wie sie in den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz und im Artikel 1 des Abkommens zwischen der Republik Polen und der Deutschen Demokratischen Republik festgelegt sind. Vor allem aber, meine Damen und Herren, ging es uns darum, gemäß Artikel 146 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland eine verfassunggebende Versammlung der Deutschen einzuberufen innerhalb eines Zeitraums, den wir uns vorgestellt haben, mit der Maßgabe, eine neue Verfassung zu erarbeiten und diese durch einen Volksentscheid zu verabschieden. 536;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 536 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 536) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 536 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 536)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Verbreitung derartiger Schriften im Rahmen des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher eine wesentliche Rolle spielt und daß in ihnen oftmals eindeutig vorgetragene Angriffe gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung stellt sich aus jugendspezifischer Sicht ein weiteres Problem. Wiederholt wurde durch Staatssicherheit festgestellt, daß unter Ougendlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder rnaoistischer Gruppierungen der im Untersuchungshaf tvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung strikt duroh-gesotzt und im Interesse einer hohen Sicherheit und Ordnung bei Vorführungen weiter vervollkommnet werden. Die Absprachen und Informationsbeziehnngen, insbesondere zur Effektivierung einzuleitender SofortoaSnah-men und des für die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages sowie der Weisungen und Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit gestellt werden, wachsen und komplizierter werden, kommt der Arbeit mit den idem wachsende Bedeutung.

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