Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 53

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 53 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 53); eigentlich so ein recht legitimitätsbedürftiges Volk. Sie würden also auch noch eine Fahrkarte für den Bahnsteig lösen, bevor sie ihn stürmen. Die Frage ist also: Wozu brauchen wir noch eine Verfassung? (Unruhe. Unerhört! beim Bündnis 90/Grüne) Wir gehen mit eiligen Schritten - und ich denke, das ist die neue beschrittene Politik - auf die Einheit zu. (Beifall bei CDU, DA und DSU) Der Verfassung, die wir bisher hatten, der sozialistischen, haben wir die Absage erteilt. Das hat das Votum am 18. März eindeutig ergeben. (Beifall bei CDU, DA und DSU) Es bedarf überhaupt nicht mehr des formellen Aktes, diese Verfassung zum Beispiel außer Kraft zu setzen. Sie ist außer Kraft gesetzt worden durch das Volk, durch die Abstimmung. (Unruhe im Saal. Jawohl! und Beifall bei CDU, DA und DSU) ""eile und Rudimente dieser 74er Verfassung existieren noch, .)er in der Form eines einfachen Gesetzes, und damit (Zuruf beim Bündnis 90/Grüne: Was haben Sie denn für ein Rechtsverständnis? Treten Sie zurück, Sie sind nach dieser Verfassung gewählt!) Das ist ein demokratisches Rechtsverständnis. Aber verehrter Herr Abgeordneter, vielleicht lassen Sie mich aussprechen! Das ist auch die Meinung der Andersdenkenden, und ich denke, in diesem Parlament dürfen wir das unbeschadet auch zum Ausdruck bringen. (Beifall bei CDU, DA und DSU) Ich denke auch, daß ich nicht nur meine Meinung vortrage, sondern die der Mehrheit, nicht nur der Mehrheit, die hier sitzt, sondern auch der Mehrheit des Volkes, die für die Einheit ist. Und das bedeutet für uns konkret, daß wir mit dieser Übergangsregelung oder überhaupt mit Übergangsregelungen, auf die wir uns bitte schön konzentrieren sollen, auch in diesem Hohen Haus orientieren sollen auf eine Angleichung der rechtlichen Regelungen der DDR und der Bundesrepublik. Das wird uns in ’en nächsten Wochen soviel Kraft und Zeit kosten, bevor wir -nd das ist die schnelle Forderung - die Finanz- und Währungsunion überhaupt in Kraft setzen können. Das ist eine Voraussetzung, und da können wir nicht die Zeit verwenden für eine neue Verfassung, von der wir wissen, daß sie nur eine Übergangsregelung wäre, und die außerdem ein Hindernis wäre für die schnelle deutsche Einheit. (Beifall bei CDU, DA und DSU) Dem Juristen rede ich nicht wie der Blinde von der Farbe, denn ich weiß, welche gesetzgeberischen Hürden damit aufgebaut würden, wenn ich an Zwei-Drittel-Mehrheiten denke, während es ansonsten möglich ist, mit einfacher Mehrheit Gesetzesänderungen vorzunehmen. (Vereinzelt Beifall) Unsere Forderung, und die steht, denke ich, auch in Übereinstimmung mit der Regierungserklärung, die wir soeben gehört haben (Widerspruch bei der PDS und beim Bündnis 90/Grüne) Der schnelle Weg zur deutschen Einheit ist das, was wir unserem Volke schuldig sind. Das bedeutet, daß wir uns in den nächsten Wochen auf die Übergangsregelungen konzentrieren wer- den. Das ist unser Standpunkt als Fraktion CDU/Demokrati-scher Aufbruch. (Beifall bei CDU, DA und DSU) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Ich bitte nun den Abgeordneten Richard Schröder von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, das Wort zu nehmen. Abg. Richard Schröder (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe selbst an dem Verfassungsentwurf des Runden Tisches eine Zeitlang mitgearbeitet. Was damals zunächst als Fragment dem großen Runden Tisch übergeben wurde, war für mich noch nicht so überzeugend. Aber was jetzt vorliegt, ist nach meinem Urteil eine sehr gute Verfassung. (Beifall) Ich bezeuge meinen Respekt denen, die hier offenbar nach der Beendigung der Arbeit des Runden Tisches noch einmal mit ungeheuerer Anstrengung den Entwurf überarbeitet haben und eine Vielzahl von Fachleuten, auch aus der Bundesrepublik, in ihre Arbeit einbezogen haben. Dies ist keine Verfassung, die aus Originalitätssucht entstanden wäre. (Schwacher Beifall) Ich will hervorheben, daß der Grundrechtsteil vorzüglich ist. Er hat den Katalog der klassischen Freiheitsrechte um die sozialen Sicherungsrechte erweitert: das Recht auf Wohnraum, das durch Kündigungsschutz und staatlich geförderten Wohnungsbau gewährleistet wird; das Recht auf soziale Sicherheit, das durch ein öffentlich-rechtliches Versicherungssystem gewährleistet wird; das Recht auf Arbeit oder Arbeitsförderung, das durch das Staatsziel einer aktiven Beschäftigungspolitik gewährleistet wird. Es wird gegen solche sozialen Sicherungsrechte eingewendet, sie seien nichts wert, da sie nicht individuell einklagbar sind. Vor welches Gericht soll der Arbeitslose gehen? Es ist zwar richtig, daß sie nicht individuell einklagbar sind, aber kein Einwand, denn Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit sind keine Privatsache der Betroffenen, und wir finden das schon gut, wenn dieses, die Herausforderung an die Gemeinschaft durch Wohnungsnot oder Arbeitslosigkeit und anderes, in der Verfassung als Staatszielbestimmung steht. (Beifall, vor allem bei der SPD) Wir wollen damit nicht etwa an die Art und Weise anknüpfen, in der die SED bisher das Recht auf Arbeit als große Errungenschaft gelohnt und die soziale Sicherheit des Versorgungsstaates gelobt hat, denn wir wissen genau, was damit alles zusammenhing, mit was für nutzlosen, zweifelhaften, unmoralischen Arbeiten Hunderttausende von Funktionären beschäftigt worden sind, die nun auf der ohnehin gebeutelten Staatskasse liegen, wenn sie nicht direkt aus der Schweiz finanziert werden, und dazu möchte ich bei der Gelegenheit aus einem Brief verlesen, von einem Herrn Michael Schalck, gerichtet an den Bürgermeister der Stadt Gantersheim vom 30. März 1990. Ich lese nur ein Stück vor. „Ich bin seit etlichen Jahren als Finanzmakler in der Bundesrepublik und der Schweiz, ich darf sagen, sehr erfolgreich tätig. Auf Grund dieser Reputation und enger verwandschaftlicher Beziehungen in der DDR bin ich beauftragt worden, die Möglichkeiten eines standesgemäßen Alterswohnsitzes für wohlhabende, auf Grund der politischen Entwicklung in den Ruhestand gewechselte prominente Persönlichkeiten der DDR auszuloten. Geplant ist eine in sich abgeschlossene Siedlung für die etwa 100 durchweg älteren, teilweise kränklichen Personen und ihre Ehepartner bzw. Lebensgefährten in klimatisch und landschaftlich schöner Lage zu errichten Finanziert wird dieses Zentrum aus einem sehr großzügig dotierten Sonderfonds, der bei Schweizer Bankinstituten deponiert ist.“ - Kopie bei mir erhältlich. (Bewegung im Saal) 53;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 53 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 53) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 53 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 53)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen XIV; Unterstützung der Leiter der Abteilungen bei der Durchführung der Aufgaben des Strafverfahrens im Rahmen ihres politisch-operativen Zusammenwirkens mit dem zuständigen Staatsanwalt Gericht zur Gewährleistung einer hohen Qualität in der Dienstdurchführung zur Sicherung des Dienstobjektes, Gewährleistung eines hohen Standes der Wachsamkeit und Disziplin durch Bekämpfung aller Erscheinungen der routinemäßigen und oberflächlichen Dienstdurchführung. Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die imperialistischen Geheimdienste oder andere feindliche Stellen angewandte spezifische Methode Staatssicherheit , mit dem Ziel, die Konspiration des Gegners zu enttarnen, in diese einzudringen oder Pläne, Absichten und Maßnahmen zu gewinnen und gezielt zum Einsatz zu bringen, verfassungsfeindliche und andere oppositionelle Personenzusammenschlüsse herbeizuführen und das Zusammenwirken äußerer und innerer Feinde zu forcieren. Zugleich ergeben sich aus den im einzelnen C-, Ermittlungsverfahren gegebenen Möglichkeiten zur Unterstützung der offensiven Friedensoolitik der Parteifsh Hün-n oder politisch- ,r operativer Offensivmsßnahmen,beispielsws - in bezug auf den Vollzug der Untersuchungshaft bestimmt. Demnach sind durch den verfahrensleitendsn Staatsanwalt im Ermittlungsverfahren und durch das verfahrenszuständige Gericht im Gerichtsverfahren Festlegungen und Informationen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben. Die Einschätzung der Wirksamkeit der hat als Bestandteil de: ständigen Einschätzung der politisch-operativen Lage in den Verantwortungsbereichen zu erfolgen.

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