Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 524

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 524 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 524); Gerlach (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren dieses Hauses, die Sie den Versuchungen des Sandmännchens vor etwa einer Stunde erfolgreich widerstanden haben und hiergeblieben sind. Die SPD-Fraktion betrachtet den vorliegenden Entwurf des Umweltrahmengesetzes als Ausfüllung des Artikels 16 der Abs. 1 und 4 des Staats Vertrages zur Umweltunion, obwohl die Umweltunion nicht in voller Gleichberechtigung im Staatsvertrag stehen wird. Deshalb begrüßen wir ein auch durch das Drängen der SPD zustandegekommendes Gesetz, was wesentliche Bestandteile dieser Umweltunion beider deutscher Staaten enthält. Wäh-rungs-, Wirtschafts- und Sozialunion haben gegenüber der Umweltunion den Vorteil, daß sie sofort und unmittelbar bei allen Menschen in der DDR erlebbar sind und sich damit im Denken und Verhalten tief einprägen werden. Die Auswirkungen der Umweltunion, die das vorliegende Gesetz mit Leben erfüllen soll und wird, werden Jahre oder Jahrzehnte brauchen, bis sie in ihrer vollen Wirksamkeit von allen Menschen erlebbar sind. Stinkende Luft ist nicht so leicht durch saubere ersetzbar wie Weichgeld durch Hartgeld. (Beifall) Mit dem vorliegenden Gesetzeswerk werden wir eine Fülle von Gesetzen und teilweise bis ins Detail gehende Regelungen übernehmen, die in der DDR nur wenigen Verantwortlichen bekannt sind, von denen wiederum nur einige damit auch arbeiten können. Es ist also ein Vollzugsdefizit zu befürchten. Der Entwurf bietet allein die Stellungnahme Amtshilfe. Wir wünschen uns jedoch den personellen und instrumenteilen Ausbau der Behördenamtshilfe zwischen beiden deutschen Staaten. Diese Amtshilfe halten wir auch im Hinblick auf die Vorbereitungen zur Länderbildung in der DDR sowie zur Ausgestaltung der Rechte der Länder für wichtig, da wesentliche Teile der Umweltverantwortung an die Länder übergehen werden. Der Gesetzestext wendet sich schwerpunktmäßig an Wirtschaft und staatliche Verwaltung. Wir erwarten eine stärkere Einbindung der Öffentlichkeit, wie das hier auch schon erwähnt wurde, die gegenüber bundesdeutschem Recht teilweise sogar noch vermindert wurde, z. B. im § 5 beim Emissionsschutz. Die als Ergebnis der Wende in der DDR erstrittenen Rechte der gesetzlichen Offenlegung von Umweltdaten sowie weitgehende Recht von Bürgerkomitees und Bürgerinitiativen vermissen wir ebenfalls in diesem Rahmengesetz. (Vereinzelt Beifall) In Artikel 1 § 4 wird die Freistellung von Altlastensanierung thematisiert. Sollte Abs. 3 in der vorliegenden Form beibehalten werden, wäre es z. B. für ehemalige VEB durch einen geschickten Ringtausch möglich, nach Wiedererwerb der eigenen Anlage vollständig von Sanierungspflichten befreit zu sein. Hier bieten wir konkrete Änderungen an. Das zu übernehmende bundesdeutsche Recht ist sehr detailliert in Fragen der Verbrennung und Deponierung von Müll. Ein erhaltenswertes Stück DDR, auch wenn es aus der Not geboren war, ist das Sekundärrohstofferfassungssystem, auch SERO genannt. Hier wird in vorbildlicher Weise die abfallpolitische Reihenfolge: 1. Vermeiden, 2. Verwerten, 3. Sonstige Entsorgung eingehalten. Zum Einbau des SERO-Systems in das vorliegende Gesetz liegen ebenfalls detaillierte Vorstellungen von uns vor. Ein Hinweis auf Bundesumweltminister Töpfer sei mir an dieser Stelle gestattet. Er sagte vorgestern dem Saarländischem Rundfunk, daß das SERO-System etwas sei, was die DDR in die deutsche Umweltunion einbringen könne und daß es wichtig sei -jetzt wörtlich -: „ daß die DDR ihr SERO-System erhält und wir auch bei uns vergleichbare Strukturen aufbauen“. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne) Und viele von uns wissen, welchen Problemen sich Minister Töpfer gegenübersieht. Wir aber haben ein noch nicht aufgelöstes Abfallsammelsystem. Für nicht akzeptabel halten wir beim Schutz vor Emissionen eine Verzehnfachung der Frist, bis zu der bei Neuanlagen nach der Zusatzbelastung eine Nettoentlastung eintreten muß. Wir schlagen statt der im Entwurf genannten Fünfjahresfrist eine Zweijahresfrist vor. Das ist ein Zugeständnis sowohl an dringend notwendige wirtschaftliche als auch umweltpolitische Interessen. Unter den denkbaren, noch in den Entwurf aufzunehmenden Gesetzen halten wir das Hohe-See-Einbringungsgesetz für ein sehr wichtiges. Es soll möglichen Schleichwegen über die DDR gleich von vornherein einen Riegel vorschieben. Wir begrüßen es, daß gegenüber früheren Arbeitspapieren in diesem Gesetz die Einführung einer Härteklausel nicht enthalten ist, strafrechtliche Bedingungen aufgenommen wurden und die sogenannte Succowschen Naturschutzgebiete einstweilen gesichert sind, die einen großen ökologischen Reichtum für das kommende vereinigte Deutschland darstellen werden. (Beifall bei PDS und Bündnis 90/Grüne) Um die bereits erwähnte Beteiligung der Öffentlichkeit auch beim Naturschutz zu sichern, schlagen wir eine Anpassung des § 3 im Artikel 6 zur Anerkennung von Verbänden vor. Das westdeutsche Anerkennungsverfahren setzt eine Länderstruktur, langjährige Tätigkeit der Verbände und ein langjähriges Prüfungsverfahren voraus. Diese Bedingungen waren in einer e maligen, noch vor knapp einem Jahr herrschenden Diktate-nicht erfüllbar. Wir folgen dem Präsidiumsvorschlag, diesen Gesetzentwurf federführend an den Ausschuß für Umweltschutz, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit zu überweisen. Im Rechtsausschuß wäre zu prüfen, ob parallel mit diesem Entwurf auch dasjenige bundesdeutsche Strafrecht übernommen wird, was zur Bestrafung bei Umweltdelikten herangezogen wird. Präzise Formulierungen zu den von mir nur angerissenen Punkten werden den zuständigen Ausschußmitgliedern übergeben bzw. sind ihnen bereits übergeben worden. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei PDS und Bündnis 90/Grüne) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gerlach. Ich bitte nun den Abgeordneten Prof. Hegewald von der Fraktion der PDS, das Wort zu nehmen. Prof. Dr. Hegewald für die Fraktion der PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fragen Was bringen wir in das zukünftige Deutschland ein? muß ab sofort in der Richtung beantwortet werden, eine ökologisch orientierte Produktions- und Lebensweise zu fördern. Es geht nicht nur um Marktwirtschaft, die ganze Produktions- und Lebensweise ist radikal zu verändern im Sinne einer Ökologisierung. Das betrifft auch die kritische Überprüfung unserer Konsumtionsbedürfnisse. Das Grundrecht auf gesunde Lebensweise in gesunder Umwelt darf nicht nur zum Verfassungsrecht erklärt, sondern muß auch durch eine übersichtliche Umweltgesetzgebung, durch neue Technologien, durch ökologisch orientierte Ökonomie und umweltbewußtes Handeln aller Bürger mit Leben erfüllt werden. Oberstes Ziel unserer Umweltpolitik ist sowohl Leben und Gesundheit der Menschen, die Tier- und Pflanzenwelt jetzt und in Zukunft vor Schäden, insbesondere vor Schadstoffeinträgen in die Umwelt zu bewahren, als auch diese Umwelt so menschenwürdig und auch schön zu gestalten, daß reiches und glückliches Leben möglich wird. Zum Leben gehören auch Ideale. Wenn wir diese aufgeben, würden wir uns selbst aufgeben. Umwelt, das ist für uns die Welt des Menschen. In ihr und durch sie muß er in der Gemeinschaft, in der Tätigkeit zu sich selbst finden. Die Umwelt ist der Spiegel unserer selbst. 524;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 524 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 524) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 524 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 524)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte Staatssicherheit - Ordnung Sicherheit Dienstobjekte - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ooeos Realisierung des sucherve kehr im Besuchergebäude Alfred-straße. Aus den persönlichen Kontakten der Verhafteten ergeben sich erhöhte Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft, insbesondere zur Gewährleistung einer hohen Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, unumgäng- lieh und hat folgende grundsätzliche Zielstellungen zu erfüllen: Vorbeugende Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung bereits zu Beginn des Untersuchungshaf tvollzuges Akzente gesetzt, die sich sowohl positiv -als auch negativ auf das Verhalten des Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt entgegenwirken sowie von Reaktionen im Ergebnis erzieherischer Einwirkung durch die Sicherungs- und Kontrollkräfte, um die zweckmäßigsten Methoden der individuellen Einflußnahme auf den Verhafteten zu erarbeiten.

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