Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 516

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 516 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 516); ihre Halbherzigkeit und die ihnen innewohnende Bürokratie als Bremsklotz. (Beifall bei CDU/DA) Sie verzögerten den beabsichtigten Wirtschaftsaufschwung um fast ein halbes Jahr. Der DDR-Wirtschaftsmotor benötigt Beschleunigungseffekte, die aus eigener Kraft nicht erreicht werden können, entsprechend den Gesetzen einer Marktwirtschaft. Es muß, wie heute in der „Frankfurter Allgemeine“ vermerkt ist, die Verwaltungsblok-kade der DDR aufgegeben werden. Neun von zehn selbständigen Unternehmen der Bundesrepublik bemühen sich um wirtschaftliche Kooperation mit der DDR. Der vorliegende Gesetzesentwurf bietet bundesdeutschen und ausländischen Investoren in gleicher Weise wie Unternehmen aus der DDR den Zugang zum Markt. Zu letzterem ein Beispiel aus Freiberg: Der ehemalige VEB Geologische Forschung und Erkundung fusioniert zum Teil als Ingenieurgesellschaft mit einem der größten Bauunternehmen der Bundesrepublik, der Holzmann AG in Frankfurt am Main. Dieser Ingenieurbetrieb, der einzige dieser Art, wird damit auch in der Bundesrepublik wirksam, und viele Arbeitsplätze von Geologen bleiben erhalten. Sie wissen vielleicht, daß gerade auf diesem Gebiet bei uns zuviel Geologen existieren. Diese Regelung fordert unter anderem den notwendigen breiten Zustrom von westlichem Kapital. Dies ist - und darauf möchte ich besonders verweisen - kein Ausverkauf. Mit der Niederlassungsmöglichkeit kommen Investitionen und Know-how, kommen Arbeitsplätze und auch Wohlstand. Damit wird auch wesentlich der Aufbau des Mittelstandes in unserem Land gestärkt. Das ist wichtig; denn, meine Damen und Herren, in der Bundesrepublik erbringen mittelständische Unternehmen und freie Berufe 44 % der Investitionen, 49 % des Sozialproduktes, 66 % der Arbeitsplätze. Durch den Mittelstand werden 86% der Lehrlinge der Bundesrepublik ausgebildet. Das Verdienst des Mittelstandes ist auch ein Großteil der Erfindungen und Innovationen, auf denen unter anderem die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik beruht. Damit die mittelständischen Unternehmen und freien Berufe ihre spezifischen Vorteile im gesamtwirtschaftlichen Leistungswettbewerb voll entfalten können, brauchen sie faire wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Der vorliegende Entwurf stellt unserer Auffassung nach dazu einen Beitrag dar. Dieser Entwurf stellt eine gesetzliche Regelung dar, die, frei von diskriminierenden Einschränkungen, eine investitionsfreundliche Marktatmospähre schafft. Positiv zu vermerken ist auch, daß damit eine Angleichung an geltende Rechtsvorschriften der EG erfolgt. Die Textvorlage sollte entsprechend dem Vorschlag des Präsidiums in den Ausschüssen behandelt und schnellstmöglich der Kammer zur Bestätigung vorgelegt werden. - Danke schön. (Beifall, vor allem bei CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: % Ich danke dem Abgeordneten und rufe jetzt den Abgeordneten der Fraktion der SPD Dr. Harald Ringstorff. Dr. Ringstorff für die Fraktion der SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch das vorliegende Niederlassungsgesetz wird - so hoffen wir - durch vier kleine Paragraphen eine möglichst große Wirkung erzielt werden. Die Freiheit zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit oder eines freien Berufes durch Personen ohne Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in der DDR regelt endlich nach der Abschaffung des staatlichen Außenhandelsmonopols eine weitere zentrale Voraussetzung für die Teilnahme der DDR an der internationalen Arbeitsteilung. Mit diesem Gesetz wird die Konkurrenz effizient arbeitender Betriebe aus dem westlichen Ausland die-rekt in die DDR hereingeholt. So hoffen wir es zumindest. Erst mit der Niederlassungsfreiheit schafft man für Investitionen die notwendige Rechtssicherheit. Niederlassungsfreiheit ist die große Schwester der Gewerbefreiheit. Meine Damen und Herren, jedoch auch dies sei angemerkt: Wer die Konkurrenz direkt ins Haus holt, der muß sich auch gerade jetzt um die Folgen kümmern. Da wir nicht wollen, daß an sich überlebensfähige Gewerbebetriebe durch Konkurrenz vom Markt verdrängt werden, müssen entsprechende Maßnahmen so schnell wie möglich durchgesetzt werden: die DDR-Betriebe benötigen in den ersten Wochen nach der Währungsunion Liquiditätshilfen und Kreditbürgschaften, um überleben zu können. Rosinenpickerei bei der Privatisierung von umgewandelten VEBs muß vermieden werden. Bei Unternehmensbeteiligungen oder gar -übernahmen dürfen nicht nur die Guten ins Töpfchen von Westfirmen. Darunter würde übrigens auch die Kreditwürdigkeit der Treuhandanstalt leiden. Weiter sind strukturpolitische Sofortmaßnahmen und Konzepte erforderlich. Ich nenne nur wenige: a) Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, zum Beipiel in Form von Beschäftigungsgesellschaften b) steuerliche oder auch direkte Hilfen für betriebliche Investitionen zur Modernisierung des Produktionsapparates c) Wettbewerbshilfen beim Marketing der Produkte. Das ist besonders wichtig. d) Mittelstands- und Handwerksförderung durch Hilfen b. der Eigenkapitalbildung. Wenn Niederlassungsfreiheit nicht mit einer aktiven Regionalpolitik verbunden wird, wäre eine Konzentration von Investitionen auf wenige Gebiete die Folge. Wir wollen aber keinen neuen Hauptstadtzentralismus, sondern gleiche Entwicklungschancen für die Regionen der DDR. Angesichts der Bedeutung der modernen Kommunikationstechniken ist die vordringlichste Regionalpolitik der schnellstmögliche Ausbau eines modernen Kommunikationsnetzes auf digitaler Basis nicht nur in Berlin. Nicht Berlin ist vorrangig mit allem zu versorgen, sondern die oft in Vergessenheit geratenen Regionen der DDR, zum Beispiel Teile des Nordens. Regionalpolitik bedeutet auch den Aufbau von Forschungsund Entwicklungsparks mit helfenden Einrichtungen für die Betriebe der Region. Sie bedarf auch der regionalen Entwicklungsplanung. Es muß soweit wie möglich vermieden werden, daß Städte und Gemeinden zu sehr um die Ansiedlung von Betrieben miteinander konkurrieren. Dies hilft der Entwicklung der DDR wenig, sondern mehr den Unternehmern. Niederlassungsfreiheit ohne geordnete Baule' und Bauplanung führt zum Wildwuchs. Ökologische Erfordet-~ nisse sind also unbedingt zu berücksichtigen. Wir können nicht wollen, daß zum Beispiel die Ostseeküste mit Betonsilos zur Touristenunterbringung vollgepflastert wird. (Beifall) Deshalb sind besser gestern als heute entsprechende Gesetzesentwürfe zu Bauleit-, Regional- und Bauplanung vorzulegen. (Beifall) Wer will, daß sich Gewerbe- oder freie Berufe niederlassen, der muß auch für Gewerbeflächen und Arbeitsräume sorgen. Auch hier besteht Handlungsbedarf. (Beifall bei den Koalitionsfraktionen) Tag für Tag kommen Klagen auf meinen Schreibtisch, daß entsprechende Räumlichkeiten nicht verfügbar sind. Meine Damen und Herren! Wir von der SPD - und ich betone es! - begrüßen diesen Gesetzentwurf und stimmen der Überweisung in die entsprechenden Ausschüsse zu. Wir sind aber auch der Auffassung, daß wirtschaftspolitische Struktur- und Regio- 516;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 516 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 516) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 516 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 516)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Leiter und der mittleren leitenden Kader gestellt werden. Dabei sind vor allem solche Fragen zu analysieren wie: Kommt es unter bewußter Beachtung und in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, alle Vollzuosnaßnah-m mit Ausländern, die ihnen gewährten Rechte und auf erlegten Pflichten, konsequent auf gesetzlicher Grundlage zu gestalten und beweiskräftig zu dokumentieren.

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