Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 498

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 498 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 498); Schmidt für die Fraktion der DSU: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Abgeordnete! Die Frau Minister Hildebrandt, der Kollege Fiedler und auch die Kollegin von der SPD als Vorredner haben mir schon wesentliche Punkte weggenommen. Dem Kollegen von der PDS möchte ich sagen: Es ist vorgesehen, daß erst die gesetzlichen Krankenkassen in der DDR zugelassen werden und nicht diese 1300 doch in der Überzahl der betrieblichen Krankenkassen. Das vorliegende Gesetz über die Sozialversicherung regelt die Umgestaltung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten in unserem Land gemäß dem Vertrag über die Wäh-rungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Es stellt einen ersten Schritt zum Umbau der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten, Eigenständigen, Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechtes dar. Neu ist, daß die Finanzierung aller einzelnen Versicherungszweige getrennt erfolgt, und zwar im wesentlichen durch die Beiträge der Versicherten. Alle bisherigen von der SVAA erbrachten Leistungen werden auch künftig gewährt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. In den ersten 6 Wochen erhalten künftig die Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitgeber eine Entgeltfortzahlung entsprechend dem Durchschnittsverdienst. Das wurde auch schon erwähnt. Die Beitragsbemessungsgrenze ist auch schon erwähnt worden. Vielleicht von der Fraktion der DSU ein Hinweis zur Änderung des Gesetzeswerkes: Die Beitragsbemessungsgrenze ist nicht identisch mit der Pflichtversicherungsgrenze. Das sollte unbe-digt eingebaut werden. Das Gesetz bedarf noch einer Klärung, z. B. im § 16, der die Befreiung von der Versicherungspflicht regelt. Hierbei muß die Frage beantwortet werden, warum selbständig Tätige erst nach dem 30.6. 1991 die Pflichtversicherung durch eine Privatversicherung ersetzen können. Ähnliches gilt auch für Beschäftigte mit Einkommen deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze. Weiter sollten die §§ 32 und 33 verändert werden. Der § 32 Abs. 1 sollte den letzten Satz gestrichen bekommen. Es sollte ersetztl-werden: Es sind die Voraussetzungen für den Aufbau eigenständiger Versicherungsträger für die Renten-, Unfall- und eine gegliederte Krankenversicherung zu schaffen. An den §33 sollte angefügt werden: Der Minister für Gesundheitswesen wird ermächtigt, Einzelheiten für das Tätigwerden von Krankenkassen für die Übergangszeit bis zur Verabschiedung eines Krankenversicherungsgesetzes zu regeln. Das Krankenversicherungsgesetz fällt dann in das Ressort des Ministers für Gesundheitswesen und nicht in das Ressort der Frau Minister Hildebrandt. Kurz und knapp abschließend: Die Arbeitsgruppe Gesund-heits- und Sozialwesen der Deutschen Sozialen Union stimmt grundsätzlich diesem Entwurf zu. - Danke. (Beifall) Stellvertreter derPräsidentinDr. Gottschall: Ich danke dem Abgeordneten Schmidt und rufe jetzt den Abgeordneten Dr. Dieter Wöstenberg von der Fraktion Die Liberalen auf. Dr. Wöstenberg für die Fraktion Die Liberalen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vom Ministerrat vorgelegte Gesetzentwurf verdient Anerkennung, denn er stellt eine solide Grundlage für die kommenden Beratungen dar. Aus liberaler Sicht enthält er jedoch einige Punkte, die nicht akzeptabel sind. Darüber wird in den Ausschüssen zu verhandeln sein. Die wichtigsten Punkte will ich nennen. Erstens. Aus unserer Sicht ist nicht nachvollziehbar, warum im § 16 Abs. 1 eine bestimmte Personengruppe, die Selbständigen, von der allgemeinen Krankenversicherungspflicht befreit werden kann, wenn im Abs. 2 desselben Paragraphen erzwungen wird, eine Versicherung abzuschließen, die nach Art und Umfang im wesentlichen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen muß. Das ist ordnungspolitischer Unsinn. Außerdem müssen Anträge auf Freistellung bereits ab 1.7.1990 gestellt werden können. Zweitens. Wir brauchen ein gegliedertes System der Altersund der Krankenversicherung. Von Einheitspartei, Einheitsgewerkschaft und Einheitsversicherung, mit undurchsichtigen Sonderversorgungen gewürzt, haben die Menschen in unserem Lande die Nase voll. Ich muß fordern, daß die Vorbereitungen zur Einführung eines gegliederten Systems der Krankenversicherung bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein müssen, denn die Gliederung dieser Krankenversicherung ist demokratisches Prinzip, ist die Abkehr von der zentralistischen Einheitsversorgung. Mehr Anbieter bedeuten mehr Markt, bedeuten Wettbewerb, bedeuten mehr Leistungsfähigkeit, bedeuten sorgfältigen Umgang mit den von den Bürgern entrichteten Beiträgen. Einheitsversicherung birgt immer die Gefahr der Über- oder besonders der Unterversorgung in sich. Letztere haben wir realisiert, stellt man die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitswesens dem der Bundesrepublik gegenüber. Drittens. Wir wollen mit diesem Gesetz eine Versicherungspflichtgrenze im Sinne des § 17 einführen. Dies entspricht dem Staatsvertrag Artikel 18. Wir sind jedoch der Meinung, daß wir mit jedem Gesetz, das wir beraten, aufgerufen sind, Zwänge abzubauen und ein Stück Rechtsangleichung zur Bundesrepublik./ zu erzielen. Ich weiß, allgemeiner Versicherungszwang war schon immer ein Lieblingskind sozialistischer Politik. Liberales Prinzip ist aber, daß Selbstvorsorge und staatliche Fürsorge eine Einheit bilden müssen. Sich einer der gesetzlichen oder einer privaten Krankenversicherung anzuschließen oder bei gegebener sozialer Sicherheit gar nicht zu versichern, muß der Freiheit des Individuums überlassen bleiben. Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige Hinweise zu den rentenrechtlichen Regelungen des Sozialversicherungsgesetzes. Nach § 39 trägt der Staat 1990 das mögliche Defizit in der Rentenkasse. Für 1991 - das wurde schon bemängelt -ist ein Zuschuß von 18,8 % vorgesehen. Ich meine, hier muß noch einmal überlegt und gerechnet werden, ob nicht auch für 1991 eine staatliche Defizithaftung oder Liquiditätshilfe im Haushalt vorzusehen ist, damit die Rentenkasse nicht in die roten Zahlen gerät. An anderer Stelle frage ich mich, warum bezüglich der Versicherungsfreiheit von der Rentenversicherung nicht auf bewährte Regelungen aus der Bundesrepublik zurückgegriffen wird. Analog dazu sollten rasch die Voraussetzungen für die Grün- dung berufsständischer Versorgungssysteme geschaffen werden. Diese quasi Genossenschaften oder Selbsthilfeeinrichtungen werden nicht nur besser den berufsspezifischen Bedingungen gerecht, nein, sie entlasten auch den Steuerzahler, da sie ohne Staatszuschüsse auskommen. Verehrte Abgeordnete! Mit dem Gesetz wurde eine solide Basis für die Arbeit in den Ausschüssen gelegt. Deshalb stimmen wir seiner Überweisung zur weiteren Beratung zu. - Ich danke Ihnen. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich danke dem Abgeordneten Wöstenberg und rufe jetzt auf Prof. Dr. Reich vom Bündnis 90/Grüne. (Zuruf: Ich habe eine Frage!) Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen. Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Anfrage? 498;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 498 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 498) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 498 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 498)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit durch ihre berufliche oder gesellschaftliche Tätigkeit bereits bestimmte Sachkenntnisse über das zu sichernde Objekt den Bereich besitzen oder in der Lage sind, sich den Zielobjekten unverdächtig zu nähern und unter Umständen für einen bestimmten Zeitraum persönlichen Kontakt herzustellen. Sie müssen bereit und fähig sein, auf der Grundlage und in schöpferischer Umsetzung der allgerne ingültigen Wege ihrer ständigen Qualifizierung zur Bereicherung der Tätigkeit der einzelnen Arbeitsbereiche der Linie Untersuchung beizut ragen. Neuralgische Punkte für die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougend-licher durch den Genner. Das sozialistische Strafrecht enthält umfassende Möglichkeiten zur konsequenten, wirksamen unc differenzierten vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher in der Tätigkeit der Linie Untersuchung und im Zusammenwirken mit den anderen am Strafverfahren beteiligten Staatsorganen, die Gerichte und der Staatsanwalt, im Gesetz über die Staatsanwaltschaft. sowie im Gerichtsverfassungsgesetz. detailliert geregelt.

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