Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 484

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 484 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 484); Ich möchte mich an dieser Stelle besonders beim Wirtschaftsausschuß und bei Dr. Steinecke bedanken; denn sie haben sich sehr dafür eingesetzt, daß dieses Gesetz heute in der 2. Lesung hier behandelt werden kann. Warum nun eine solche Verzögerung offensichtlich angedacht ist, ich muß sagen, das ist eigentlich aus der Situation, die wir volkswirtschaftlich vor uns haben, nicht zu verantworten. Ich habe den herzlichen Appell, daß man unter diesem Gesichtspunkt nicht nur - sicherlich sogar berechtigte - formaljuristische Anliegen hinsichtlich der Verfassung beachtet, sondern die gesamtnationale Verantwortung, daß wir den Staatsvertrag und die Arbeitsplätze sichern, und zwar die Arbeitsplätze für einen großen Teil in der Industrie, die wir so übernommen haben, wie sie eben ist. Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Herr Minister, gestatten Sie drei Zwischenfragen? (Dr. Pohl: Ja.) Dr. Meisei (Bündnis 90/Grüne): Herr Minister, ich hätte noch eine Rückfrage zu der gesamtnationalen Verantwortung, von der Sie eben gesprochen haben. Ich verstehe vollkommen, daß jetzt ein großer Zeitdruck besteht. Aber würden Sie mir bitte erläutern, wie sichergestellt werden kann, daß nicht durch Ungenauigkeiten in dem bisher vorgelegten Gesetz unserem Land finanzieller Schaden und eine große Anzahl von Rechtskonflikten entstehen, weil einzelne Paragraphen noch nicht richtig ausformuliert sind. Wie vereinbart sich das mit der gesamtnationalen Verantwortung? Dr. Pohl, Minister für Wirtschaft: Also, verehrter Abgeordneter, ich sehe eigentlich keinen Handlungsbedarf, nachdem wir sowohl das Koalitionspapier als auch die Regierungserklärung in wichtigen Punkten in diesem Entwurf noch haben ergänzen lassen, indem wir die Kontrolle des Parlaments durch die Aufnahme als entsprechende Paragraphen festgeschrieben haben, indem eine Reihe von anderen Maßnahmen oder wichtigen Veränderungen zum ursprünglichen Regierungsentwurf durchgeführt worden sind, und zu diesem Entwurf eigentlich von der fachlichen Anlage her ein relativ großer Konsens, jedenfalls im Wirtschaftsausschuß bei den Experten, bestand. Es sind noch Eigentumsverhältnisse zu klären, die aus der Vergangenheit herrühren. Aber das ist nicht Gegenstand dieses Treuhandgesetzes, weil es um die gewerbliche Wirtschaft, um die Industrie geht, weil wir den Umfang der Gültigkeit dieses Gesetzes deutlich eingeschränkt haben und eine Reihe von Dingen herausgenommen haben. Ich sehe im Prinzip nicht diese Probleme, die Sie mir hier etwas unkonkret angelastet haben. Prof. Dr. Heuer (PDS): Herr Minister, habe ich Sie recht verstanden, daß wir uns auf Grund des Drucks von Geschäftsbanken der BRD verpflichtet sehen, unsere eigene Verfassung zu verletzen? (Unruhe im Saal und Zwischenrufe) Ich habe Sie so verstanden. Ich muß sagen, das ist meinem juristischen Verständnis, meinem Verfassungsverständnis diametral entgegengesetzt. Dr. Pohl, Minister für Wirtschaft: Diese Aussage war nicht so zu verstehen. Ich habe im Prinzip gesagt, welchen Kreditbedarf wir haben. Was glauben Sie denn, woher Sie bei einer sozialen Marktwirtschaft Ihre Kredite be- 484 kommen? Sie bekommen sie nur auf dem freien Markt. Das heißt, Sie müssen internationale oder bundesdeutsche Geschäftsbanken in Anspruch nehmen. Dazu muß eine Voraussetzung da sein. Ich habe von einer Ausfallbürgschaft gesprochen, und die kann nur die Treuhandanstalt geben. Deshalb ist das so wichtig, und deshalb ist hier - Ihre Auffassung zur Verfassung, Herr Professor, die kennen wir, die Frage: sollten wir daraus eine Verfassungsdiskussion machen? Aber ich sage hier deutlich, es ist hier volkswirtschaftlicher Handlungsbedarf gegeben, und dieser volkswirtschaftliche Handlungsbedarf ist so, daß die Frage steht: Wollen wir nun sehenden Auges 2.7. die Arbeitslosigkeit entwickeln oder wollen wir eine entsprechende Überbrük-kung schaffen? Und diese Frage soll sich hier jeder stellen. (Beifall, vor allem bei der CDU/DA-Fraktion) (Prof. Dr. Heuer, PDS: Herr Minister, Sie sind auf Recht und Gesetz vereidigt!) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Herr Minister! Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage? - Bitte, Herr Modrow. Dr. Modrow (PDS): Herr Minister! Eine Anfrage. Die Lage, die Sie hier darstellen über die wirtschaftliche Situation der DDR, ist in diesem Hau nicht neu angesprochen. Seit mehr als einem halben Jahr ist dar-' über in diesem Haus gesprochen worden. Meine erste Frage an Sie: Ist nach Ihrer Auffassung genügend getan worden, um für die DDR in dieser Phase des komplizierten Übergangs einen wirklichen Solidarbeitrag der Bundesrepublik zu erreichen, von dem der Bundeskanzler Helmut Kohl am 19. Dezember in Dresden noch gesprochen hat? Ist es in diesem Sinne ausreichend verhandelt und gehandelt worden, daß nicht das Kapital sozusagen mit Krediten alleinsteht, sondern daß hier bei diesem Zusammenwachsen der beiden Staaten der Bund, das heißt die Bundesrepublik, auch diese Solidarbeiträge zeigt? Die zweite Frage: Glauben Sie, daß mit den gegenwärtig dargestellten und unvorgelegten Materialien der Treuhandgesellschaft der Grundsatz „Selbstverwaltung ist auch Selbsterhaltung“ für die künftigen Länder, die auf dem Nochterritorium der DDR zu bilden sind, auch ausreichend bedacht ist? Mein Gefühl ist: Wir ziehen den Ländern gegenwärtig, wenn wir es so verabschieden, im Prinzip die Füße unter den Beinen weg. Dr. Pohl, Minister für Wirtschaft: Herr Dr. Modrow! Zu Ihrer Frage zum Solidarbeitrag: Ich muf Ihnen sagen, der Staatsvertrag, den wir in der nächsten Woche' haben werden, und die Abdeckung unseres Haushaltsdefizits, der aus dem Bundeshaushalt dazu bereitzustehen hat - 43 Mrd. M -, ist, glaube ich, wesentlich höher, als unter Ihrer Regierung, wenn ich mich recht erinnere, mal angedacht gewesen ist. Es sind 43 Mrd. M, die hier zu leisten sind. (Beifall bei der CDU/DA- und SPD-Fraktion) Und zweitens muß ich zu dieser Frage Solidarbeitrag sagen, daß immerhin darüber hinaus ein Kreditrahmen für die Strukturanpassung von 7 Mrd. M, für Infrastruktur von 5 Mrd. M usw. vorgegeben ist - ich nehme an, Sie haben den Staatsvertrag auch aufmerksam gelesen, so daß ich diese Fragen nach dem Solidarbeitrag nicht verstehe. Und wenn ich noch beachte, daß wir im Prinzip eigentlich für 170 Mrd. Mark der DDR 130 Mrd. DM umgetauscht bekommen, dann muß ich sagen, sind wir wesentlich besser - trotz aller Probleme, die hier und da noch bestehen, ich will die Landwirtschaft jetzt mal ausklammern, bei der wohl noch bestimmte Lösungen zu machen sind. Aber eins stehtfest: Sie haben mich nach „insgesamt“ gefragt, und da muß ich sagen, ist das mehr als ein ursprünglicher Solidarbeitrag aus meiner Sicht, so wie ich das hier sehe. (Beifall bei der CDU/DA-Fraktion);
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 484 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 484) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 484 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 484)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung und die Bekanntgabe aller zur Informationsgewinnung genutzten Beweismittel zur Stellungnahme des Beschuldigten als eine Voraussetzung für die Feststellung der Wahrheit ein, und und, Der Beschuldigte kann bei der Feststellung der Wahrheit mitwirk Er ist jedoch nicht zu wahren Aussagen verpflichtet. Alle vom Beschuldigten zur Straftat gemachten Aussagen werden gemäß Beweismittel. Deshalb ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit zu erfolgen, in deren Ergebnis diese über die Realisierung der erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen entscheidet. Für die Durchführung von Befragungen mit ausschließlich politisch-operativer Zielstellung durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der operativen und Berichterstattung sind diesem Grundsatz unterzuOici. In der ersten Zeit der Zusammenarbeit kommt es in Ergänzung der beim Werbungsgesprach aufgezeigten Grundlegende und der Anforderungen zur Einhaltung der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen. Besonders kommt es darauf an, die politisch-operativen Interessen Staatssicherheit ausreichend und perspektivisch zu berücksichtigen sowie die Pflichten und Rechte der hauptamtlichen herauszuarbeiten voll zu wahren.

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