Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 432

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 432 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 432); denen im Zuge der Wirtschafts- und Währungsunion zu rechnen ist. Ich denke dabei vor allem an Konkursstraftaten, Kapitalanlagen- und Subventionsbetrug, die der jetzige Entwurf des 6. Strafrechtsänderungsgesetzes noch nicht tatbestandsmäßig erfaßt. Da schon in absehbarer Zeit mit Konkursstraftaten in nicht geringer Zahl zu rechnen ist, erscheint die Übernahme entsprechender Straftatbestände aus dem Strafgesetzbuch der BRD geradezu dringend angezeigt. Ein letztes Problem, das ich anführen will. So sehr die Überwindung der unseligen Zweiteilung Strafrechtsschutz sozialistischen und persönlichen Eigentums mit dem vorliegenden Entwurf des 6. Strafrechtsänderungsgesetzes zu begrüßen ist, verabschiedet man sich jedoch von einigen Wirtschaftstatbeständen, die auch für die Zukunft, natürlich unter anderen Vorzeichen, durchaus von praktischer Bedeutung und Anwendbarkeit wären. Zu nennen wäre hier z.B. der § 165 des bisherigen StGB, der den Vertrauensmißbrauch unter Strafe stellte und, zumindest bezogen auf das Eigentum der öffentlichen Hand, nicht wegfallen sollte. Ebenso ist uns bekannt, daß der bisherige § 169 des StGB, Wirtschafts- und Entwicklungsrisiko als Rechtfertigungsgrund für bestimmte Fälle objektiv wirtschaftsschädigenden Verhaltens, von nicht wenigen BRD-Strafrechtswissenschaft-lern und -praktikern als eine durchaus interessante Bestimmung gesehen wird, die man mit entsprechenden Korrekturen sogar in das BRD-Strafgesetzbuch eingebracht wüßte. Alles in allem liegen uns mit dem Justizpaket durchaus akzeptable Gesetzentwürfe vor, die jedoch im Zuge der gründlichen Beratung in den genannten Ausschüssen bis zur 2. Lesung hier in der Kammer durchaus noch eine Nachbesserung erfahren können und müssen. - Ich danke. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Vielen Dank für den Beitrag der PDS. - Es schließt sich an die Fraktion der DSU. Für die DSU spricht Abgeordneter Manfred Dott. Dott für die Fraktion der DSU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Mitbürger im Land! Mit Freude und befreiender Gelöstheit darf ich heute als Landesvorsitzender der DSU in Sachsen-Anhalt zur Drucksache Nr. 71 sprechen. Diese Drucksache befaßt sich mit einer besonderen Sorte unserer ehemaligen Peiniger, nämlich mit der Staatsanwaltschaft der DDR. Viele Mitbürger in unserem Lande wurden quasi auf Knopfdruck in eine Unterdrückungsmaschinerie vielschichtiger Art hineingegeben, ohne daß sich danach die Staatsanwaltschaft die Hände zu beschmutzen brauchte. Viele Staatsanwälte waren in den Einsatzleitungen der SED als ständige oder zeitweilige Mitglieder integriert. Nicht nur in Fachkreisen waren diese Gremien bekannt und berüchtigt. Herr Modrow kann sicher bestätigen, wie unangenehm den betroffenen Bürgern dieses Gremium war. Ausgehend von der Aufhebung der Verfassungsartikel 97 und 98, mit denen der Kompetenzbereich dieser sozialistischen Staatsanwaltschaft festgelegt war, erfolgt mit dem uns vorliegenden Entwurf ein weiterer gewichtiger Schritt auf dem Wege zum freiheitlichen Rechtsstaat. Zur großen Zahl notwendiger wesentlicher Änderungen des geltenden Rechts in unserem Lande gehört somit auch mit besonderem Gewicht die Stellung der Staatsanwaltschaft in einem neuen Rechtssystem, woraus sich eine grundlegende Revision und Neugestaltung ergibt. Bei allen diesen Erfordernissen ist generell davon auszugehen, daß auch in diesem Rechtsbereich niemals wieder versucht werden darf, politische Widersprüche und Konflikte mit strafrechtlichen und untauglichen Mitteln lösen zu wollen, wie dies in der Vergangenheit unter maßgeblicher Anleitung durch die damalige Justizministerin, die Ziehmutter einer ganzen Unrechtshierarchie der SED, betrieben worden ist. Eine Analyse der vorgenommenen Veränderungen und Ergänzungen läßt aus unserer Sicht erkennen, daß mit dieser neuen Rechtsnorm die Zielstellung verfolgt wird, für die Bürger eine echte Rechtsstaatlichkeit zu schaffen, gewährleistet durch eine von politischen Machtverhältnissen unabhängige staatsanwalt-schaftliche Tätigkeit, verbunden mit der Tendenz einer Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative im klassischen Rechtssinn anzustreben. In Wegfall geraten sind alle Regelungen, die indirekt im Gegensatz zu Konventionen stehen. Befehlsstrukturen sind endlich beseitigt. Neben einer Entmilitarisierung der militärstaats-anwaltschaftlichen Tätigkeit sind Wirtschaftsbereiche von Rechtspflichten entbunden, die ihnen nicht zukommen. Es versteht sich von selbst, daß parteimäßige und sozialistische Floskeln eliminiert sind. Aufgaben und Stellung der Staatsanwaltschaft werden auf das Maß zurückgeführt, das ihr obliegt. Mit Blick auf die notwendigerweise herzustellende Angleichung und Kompatibilität mit dem System der Staatsanwaltschaft in der Bundesrepublik kann festgestellt werden, daß hier bereits eine erhebliche Annäherung hergestellt worden ist. Generell kann hier festgestellt werden, daß z. B. die nachfol gend genannten Grundprinzipien in beiden Staaten deckungsgleich ausgestaltet sind. Die Staatsanwaltschaft wird vorwiegend in Strafsachen tätig. Als Strafverfolgungsbehörde obliegt ihr die Leitung des Ermittlungsverfahrens, die Erhebung und Vertretung der Anklage sowie die Strafvollstreckung. In zivil-rechtlichen Rechtssachen hat sie ein Mitwirkungsrecht, insbesondere in Ehe- und Familiensachen, und in beiden Staaten muß der Staatsanwalt die Befähigung zum Richteramt besitzen. Aus diesen vorgenannten Erwägungen darf ich dem vorliegenden Entwurf seitens der DSU-Fraktion die Zustimmung geben. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Abgeordneter Dott. Zum Abschluß der Aussprache zu den Punkten 3 bis 5 spricht für die Fraktion der Liberalen der Abgeordnete Kley. Kley für die Fraktion Die Liberalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Infolge des ersten Staatsvertrages macht sich eine Anzahl von Gesetzesänderungen notwendig. Das vorliegende Gesetzesbündel ist Ausdruck dessen. Natürlich stehen wir alle unter Zeitdruck, doch sollte das nicht so deutlich in den Vorlagen zu spüren sein. Die Änderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes ist insofern positiv zu betrachten, daß endlich die zentrale Leitung der Gerichtsbarkeit beseitigt wird. Weiterhin begrüßen wir die Beschränkung der Kassation auf Strafrechtsangelegenheiten und die Einführung der Revision. Sicher der Eile geschuldet sind viele kleine Unsauberkeiten, doch auch wesentliche Fragen tauchen auf. Warum wird die Militärgerichtsbarkeit nach wie vor festgelegt und nicht endlich beseitigt? Im Antrag zur Verfassungsänderung wird nur von der Bindung an das Recht gesprochen, ohne dieses z. B. durch den Zusatz „der DDR“ zu spezifizieren. Im § 30 wird nach wie vor von Verbrechen gegen die Volkswirtschaft gesprochen. Im Text insgesamt entsteht Unklarheit, ob Schöffen und ehrenamtliche Richter identisch sind durch den ständigen Wechsel der Begriffe. Viele weitere Versäumnisse bei der grundlegenden Revision des Gesetzes sind festzustellen, doch das gilt für alle drei zur Be- 432;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 432 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 432) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 432 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 432)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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