Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 431

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 431 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 431); Ich denke, die politische Hygiene in unserem Lande erfordert es, daß auch das Strafvollzugsgesetz, das einen besonders sensiblen Bereich des gesellschaftlichen Lebens betrifft, konsequent von überlebtem Gedankengut befreit wird. In diesem Zusammenhang könnte dann auch der § 18 der 1. Durchführungsbestimmung zum Strafvollzugsgesetz vom 7.4. 1974, wonach -ich zitiere - „Zuschläge für gesundheitsgefährdende Arbeiten den Strafgefangenen in voller Höhe zur Arbeitsvergütung gewährt werden“, eine humane Zielbestimmung erfahren. Im Entwurf zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft - Drucksache Nr. 71 - werden die Aufgaben der Staatsanwaltschaft rechtsstaatlichen Erfordernissen angepaßt. Die übermäßige Stellung - auch das haben Vorredner hervorgehoben - der Staatsanwaltschaft und die ihr bislang obliegenden Aufgaben der allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht erfahren notwendige Korrekturen, die von den Vorstellungen von einer rechtsstaatlichen Justiz bestimmt sind. (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Ich darf an die Redezeit erinnern.) Jawohl, einen Satz bitte noch. In den weiteren Beratungen des Gesetzentwurfes wird die Frage nach dem Fortbestand der Militärstaatsanwaltschaft zu 'teilen sein. Der Abgeordnete Fiedler ist bereits darauf einge-.gangen. Ich möchte das ebenfalls mit unterstreichen, und möch- te auch, um abzuschließen, die Verbindung zum vorliegenden Entwurf des Richtergesetzes anknüpfen, in dem ebenfalls ein Prüfungsausschuß vorgesehen ist für die Prüfung von Richtern. Ein ähnliches Verfahren ist zwar im Entwurf für das Staatsanwaltschaftsgesetz vorgesehen. Es wird aber notwendig sein, daß die Erkenntnisse aus der Diskussion des Richtergesetzes Berücksichtigung finden, insbesondere hinsichtlich der Aufgabenstellung und hinsichtlich der Zusammensetzung des Ausschusses. Danke schön. (Beifall von der SPD-Fraktion) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Abgeordneter Hacker. Als nächster spricht für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Dr. Norbert Kertscher. Dr. Kertscher für die Fraktion der PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der i'DS gibt den vorliegenden Entwürfen zum Gerichtsverfassungsgesetz, zum Staatsanwaltschaftsänderungsgesetz und zum 6. Strafrechtsänderungsgesetz ihre generelle Zustimmung. Ohne Zweifel gehören die hier zur Debatte stehenden Rechtsvorschriften zu den wichtigen Schritten, die vollzogen werden müssen, um Rechtssicherheit für den Bürger und den Schutz seiner Individualsphäre zu erhöhen sowie den notwendigen Rechtsangleichungsprozeß fortzusetzen. Da es sich sowohl um materiell-rechtliche wie prozessuale und organisatorische Regelungen handelt, die eng miteinander verzahnt sind, beantragt die Fraktion der PDS, die Entwürfe in den Ausschuß für Verfassung und Verwaltungsreform sowie in den Innen- und Rechtsausschuß zu verweisen. Damit sollte die Möglichkeit gegeben werden, vor allem die Paßfähigkeit der Vorlagen zueinander zu prüfen. Die Stimmigkeit sich berührender Rechtsvorschriften scheint mir zu einem generellen Problem unserer derzeitigen gesetzgeberischen Arbeit zu werden. Ob der Fülle und des Zeitdrucks besteht die Gefahr, daß dies nicht mehr voll zu beherrschen ist. So sieht z. B. das Gerichtsverfassungsgesetz im § 16 Abs. 2 eine allgemeine Kassationsmöglichkeit vor, während im Staatsanwaltschaftsänderungsgesetz dem Staatsanwalt gemäß §22 das Kassationsantragsrecht nur zugunsten zusteht. Ebenso werden im § 38 Abs. 3 dieses Gesetzes unerklärlich andere Bemessungskriterien für die Befähigung eines Staatsanwaltsbewerbers festgelegt als im § 9 des Richtergesetzes für die Berufung eines Bewerbers für das Richteramt. Unsere Zustimmung findet die Abschaffung der bisher der Staatsanwaltschaft übertragenen allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht, womit die Staatsanwaltschaft aus der Situation herauskommt, ständig in andere Bereiche der Justiz, des Staates und der Wirtschaft dirigistisch hineinwirken zu müssen. Das hat jedoch vor allem zur Folge, daß die Staatsanwaltschaft in gerichtlichen Verfahren als tatsächlich gleichberechtigte Partei auftritt. Die Abschaffung der allgemeinen Gesetzlichkeitsaufsicht darf jedoch nicht zu einer Situation des zusammenhanglosen Nebeneinanderwirkens justitieller und staatlicher Organe bei einer wirksamen Ursachenanalyse und Kriminalitätsvorbeugung führen. Dieser Gedanke sollte in den Ausschüssen noch einmal zur Debatte stehen, da mit den vorliegenden Entwürfen die gesetzliche Pflicht eben jener Organe zur Zusammenarbeit im Interesse von Gesetzlichkeit und Ordnung aufgehoben wurde. Wir befürworten ebenso die Aufhebung der alleinigen Befugnis des Obersten Gerichts zur verbindlichen Auslegung der Gesetze gemäß § 20 GVG. Diese als Leitung der Rechtssprechung bezeichnete Praxis führte zur faktischen Einschränkung des Entscheidungsspielraumes der nachgeordneten Gerichte, was de facto einer Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit gleichkam. Das grundlegende Prinzip der Gleichstellung aller Bürger vor dem Gericht erfordert jedoch unseres Erachtens eine konstruktive Neuregelung der Auslegungsbefugnis, um den Richtern in allen Gerichten eindeutige Kompetenzen zuzuweisen. Hier steht das Problem des Richterrechts bzw. der Rechtsfortbildung durch Richterrechtsprechung, worüber man sich zweifelsohne verständigen muß. Anzusprechen wäre weiterhin die ebenfalls von uns unterstützte Zurückdrängung der Einflußmöglichkeiten des Ministeriums der Justiz auf die Tätigkeit der Gerichte. Mit der Aufhebung dieser bisherigen Bestimmungen geht andererseits die Verantwortlichkeit für die Fortbildung aller Mitarbeiter der Gerichte verloren, also z. B. der Justizssekretäre, der Justizprotokollanten usw., was zu unerwünschten Folgen für die Qualität der Arbeit der Gerichte führen kann. Deshalb bedarf es auch hier der exakten Zuweisung der Verantwortlichkeit gerade unter dem Aspekt der mit der Rechtsangleichung nicht nur vor den Richtern, sondern auch vor den Mitarbeitern der Justizorgane stehenden neuen fachlichen Probleme. Auch im prozessualen und materiell-rechtlichen Bereich enthalten die Entwürfe einige Punkte, die einer detaillierten Erörterung in den Ausschüssen bedrüfen. So bietet die Modellierung der Strafprozeßordnung die Möglichkeit, das Recht auf Verteidigung wesentlich auszubauen und juristisch sauber zu formulieren. Leider geht der Entwurf an dieser Stelle - das betrifft die Punkte 10 ff. der Anlage 2 zum 6. Strafrechtsänderungsgesetz -nicht darüber hinaus, einige bisher im Gesetz enthaltene Floskeln ideologischer Art zu korrigieren, statt konzeptionell neu an dieses Problem heranzugehen. So ist z. B. nach wie vor keine Aussage getroffen, welche Rechte der Beschuldigte hat, wenn er sich selbst verteidigt. Ebensowenig ist geregelt, daß der Verteidiger ein Recht darauf hat, an Vernehmungen seines Mandanten oder anderen Untersuchungshandlungen teilzunehmen. Hier muß der Entwurf um inhaltliche Änderungen und Ergänzungen wesentlich erweitert werden. Im Zusammenhang mit der Beratung prozessualer Gegenstände in den Ausschüssen sollte ebenso die Frage erörtert werden, ob man die gegenwärtige Regelung des Kassationsverfahrens ersetzen sollte durch die Revision, was vor allem zur Konsequenz hätte, daß nicht nur Staatsanwaltschaft und Oberstes Gericht das Antragsrecht besitzen, sondern auch der Verurteilte selbst. Ähnliche Ergänzungen sind aus unserer Sicht im materiellrechtlichen Teil der Entwürfe notwendig und bedürfen der weiteren Diskussion. Hier gilt es, das Strafrecht um Regelungen zu ergänzen, die sich auf neue Kriminalitätsformen beziehen, mit 431;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 431 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 431) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 431 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 431)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen-Linien und Diensteinheiten Entscheidungen vorzubereiten, wie diese Aufgaben und Probleme insgesamt einer zweckmäßigen Lösungzugeführt werden sollen, welche politisch-operativen Maßnahmen im einzelnen notwendig sind.

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