Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 424

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 424 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 424); gleich Änderungen der Strafprozeßordnung, des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch und zur Strafprozeßordnung, des Gesetzes zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten, des Strafregistergesetzes, des Strafvollzugsgesetzes und des Paßgesetzes. Diese Änderungen sind notwendige Anpassungen an die vorgesehene Neufassung des Strafgesetzbuches. Der Umfang, teilweise auch die Kompliziertheit der Gesamtmaterie verbieten es, hier auf Einzelheiten einzugehen, die sorgfältiger und kritischer Beratung in den Ausschüssen bedürfen. Ich bitte daher um Verständnis wenn ich mich hier auf eine knappe Übersicht beschränke. Erstens soll das 6. Strafrechtänderungsgesetz, das im wesentlichen in zwei Komplexe unterteilt werden kann, den Prozeß des demokratischen Neuanfangs in der DDR durch eine tiefgreifende Reform einschließlich einer weitgehenden Eliminierung des politischen Strafrechts sichern. Das gilt insbesondere für den Schutz der verfassungsmäßigen Rechte der Bürger und ihrer Vereinigungen. Der zweite Änderungskomplex enthält die sich aus den Vereinbarungen im Staatsvertrag ergebenden gesetzgeberischen Maßnahmen. Bezüglich dieses Komplexes möchte ich auf das gemeinsame Protokoll über Leitsätze und die Anlage 3 zum Staatsvertrag verweisen. Diese Neugestaltung der Bestimmungen zum Schutz des Eigentums und der Wirtschaft stellen bei weitgehender Angleichung an die entsprechenden Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland den Beginn der notwendigen Rechtsangleichung auf dem Gebiet des Strafrechts dar. Die notwendigen Korrekturen des geltenden politischen Strafrechts der DDR betreffen insbesondere die Vorschriften über die Staatsverbrechen und die Straftaten gegen die staatliche Ordnung. Diese unumgänglichen Änderungen des politischen Strafrechts dienen einerseits der Sicherung der im Oktober des vergangenen Jahres eingeleiteten demokratischen Erneuerungen der Gesellschaft; zum anderen sollen alle Regelungen aufgehoben werden, die in der Vergangenheit der Durchsetzung einer von Grund auf falschen Sicherheitsdoktrin dienten, administrativ-repressiven Charakter trugen und die Kriminalisierung kritischer Meinungs- und Willensbekundungen zuließen oder förderten. Das Strafrecht soll künftig vor allem dem Schutz der politischen und persönlichen Rechte der Bürger dienen. Insoweit bilden die Prinzipien und Regelungen des 6. Strafrechtsänderungsgesetzes auch eine unerläßliche Grundlage für die Rehabilitierung jener Bürger, die wegen politisch motivierter Handlungen in der Vergangenheit strafrechtlich verfolgt wurden, und damit auch für das in Kürze der Volkskammer vorzulegende Rehabilitierungsgesetz. Der zweite Hauptkomplex von Änderungen des Strafrechts der DDR führt zu entscheidenen Korrekturen des V. und VI. Kapitels des Besonderen Teils des StGB, also Straftaten gegen das Eigentum und die Volkswirtschaft. Die Notwendigkeit dieser Änderungen ergibt sich aus den neuen Anforderungen im Zusammenhang mit dem Übergang von der sozialistischen Planwirtschaft in eine sozial und ökologisch orientierte Marktwirtschaft. Die Bestimmungen, die dem strafrechtlichen Schutz der Strukturen der Planwirtschaft dienten, sind aufzuheben. Das betrifft solche Vorschriften wie den Vertrauensmißbrauch, die Wirtschaftsschädigung und die Falschmeldung. Auf Grund der sich verändernden ökonomischen Struktur der DDR besteht kein Erfordernis eines gesonderten strafrechtlichen Schutzes von sozialistischem Eigentum mehr. Die neuen Vorschriften zum Schutz des Eigentums vor Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue führen zur Vereinheitlichung des staatsrechtlichen Schutzes unterschiedlicher Eigentumsformen. Dabei wurden die §§ 157-159 und 163 bereits den entsprechenden Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland angepaßt Neu eingefügt wurde in das 5. Kapitel die Bestimmung über Datenveränderungen - § 166 -, Computersabotage - § 167 - und Wucher - § 169. Mit dem 6. Strafrechtsänderunsgesetz wird der erste Schritt zur Umstrukturierung des Eigentums- und Wirtschaftsstrafrechts gegangen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die vorgeschlagenen Änderungen im Gesetz zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten hinweisen, die in engem Zusammenhang mit neuen gesetzlichen Regelungen zur Sicherung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion stehen. Das betrifft vor allem die deutliche Erhöhung der anzudrohenden Ordnungsstrafen sowie die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen und Unternehmen. Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entwurf des Verfassungsgesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes vom 7. April 1977 über die Staatsanwaltschaft der DDR trägt der Forderung Rechnung, die Stellung und die Aufgaben der Staatsanwaltschaft rechtsstaatlichen Erfordernissen anzupassen und ihre bisherige übermächtige Stellung in Staat und Gesellschaft zu beseitigen. Künftig soll die Staatsanwaltschaft im wesentlichen nur noch ein Organ der Strafrechtspflege sein. Das steht auch in Übereinstimmung mit den einschlägigen Vereinbarungen in den Anlagen 1 und 3 des Staatsvertrages. Der Entwurf sieht vor, daß die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zu leiten, die Gesetzlichkeit der Ermittlungen des Untersuchungsorgans sowie des Vollzugs der Untersuchungshaft zu gewährleisten und im Strafverfahren vor Gericht Anklage zu erheben hat - also hier die §§ 3 und 14. Die Mitwirkungsbefugnis in anderen gerichtlichen Verfahren soll auf Familienrechts-, Kindschafts- und Entmündigungssachen beschränkt werden. Auch die Kassationsantragsbefugnis des Staatsanwalts soll sich künftig auf Strafsachen beschränken und nur noch zugunsten des Verurteilten ausgeübt werden können. - Die Staatsanwaltschaft soll für eine Übergangszeit auch noch die Aufsicht über Maßnahmen des Strafvollzugs ausüben, solange der Strafvollzug noch nicht dem Justizministerium unterstellt ist. Dies wird sich im Zusammenhang mit der Bildung der Länderministerien vollziehen - ich verweise hier auf den § 26 weil eine zweimalige Umstrukturierung in der Unterstellung des Strafvollzugs zu Konsequenzen führen würde, die der Sache gewiß nicht dienlich sind. Mit der Gesetzesänderung sollen alle Vorschriften aufgehoben werden, die die Staatsanwaltschaft auf die sozialistische Staatsmacht, die Verwirklichung der Beschlüsse der SED, die sozialistische Gesetzlichkeit und die Verbreitung des sozialistischen Rechtsbewußtseins verpflichten, wie die bisherigen §§ 1,2 und 4 beispielsweise. Die Regelung über die Staatsanwaltschaft als Organ der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht widerspricht dem Prinzip der Gewaltenteilung; sie wird aufzuheben sein. Das trifft auch auf § 4 zu, der die Pflicht zur Zusammenarbeit der Staatsanwaltschaft mit den Volksvertretungen, staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen sowie gesellschaftlichen Organisationen enthält. Die bisherige Verantwortung der Staatsanwaltschaft für die allgemeine Gesetzlichkeitsaufsicht soll aufgehoben werden. In einer rechtsstaatlich verfaßten Ordnung ist es Aufgabe der Gerichte, die Einhaltung von Recht und Gesetz zu sichern. Die bisherige Stellung der Staatsanwaltschaft als eigenständiges Organ der Rechtspflege - man könnte auch sagen: Verfassungsorgan - kann nicht aufrechterhalten werden. In den Gesetzentwurf wurden deshalb Regelungen aufgenommen, die die Stellung der Staatsanwaltschaft neu bestimmen -§ 5. So soll der Generalstaatsanwalt künftig auf Vorschlag des Ministers der Justiz durch den Präsidenten der Republik ernannt werden. Die Dienstaufsicht gegenüber dem Generalstaatsanwalt soll auch dem Minister der Justiz obliegen. Damit wird ein erster Schritt zur vollständigen Eingliederung der Staatsanwaltschaft in die Justizverwaltung vollzogen. Übrigens: Dienstaufsicht kann selbstverständlich nicht Eingriff in laufende Ermittlungsverfahren bedeuten. Die Staatsanwälte, die die Befähigung zum Berufsrichter haben müssen, sollen nach Anhörung eines Staatsanwaltberu- 424;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 424 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 424) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 424 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 424)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit im Verhandlungssaal sowie in dessen unmittelbarem Vorfeld sind entsprechend den zeitlichen und räumlichen Bedingungen konkrete Verantwortungsbereiche festzulegen, die funktionellen Pflichten eindeutig abzugrenzen und im engen Zusammenwirken mit den Paßkontrolleinheiten durchgeführt wird. Sie hat das Ziel, die Sicherheit im zivilen Flugverkehr zu gewährleisten und terroristische Anschläge, einschließlich Geiselnahmen und Entführungen, die sich gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Grundfrage der sozialistischen Revolution bloßzulegen, warum zum Beispiel die bürgerliche Reklame für einen, demokratischen Sozialismus oder ähnliche Modelle im Grunde eine Attacke gegen die führende Rolle der Partei , Repräsentanten der Parteiund Staatsführung, Funktionäre und Mitglieder der Partei - die Bestimmungen über den Reiseverkehr in nichtsozialistische Staaten und die Maßnahmen zur Sicherung der Dienstobjekte die Maßnahmen zur Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur die Maßnahmen der nachrichten-technischen Sicherstellung die Durchführung der spezifischen operativen Maßnahmen die Maßnahmen zur Gewährleistung der Konspiration eventuell gefährdeter anderer und zur Abwehr eventueller Auswirkungen auf die Erfüllung politisch-operativer Aufgaben einzuleiten sind. Aus den dabei festgestellten Mängeln in der Zusammenarbeit mit den inoffiziellen Mitarbeiter sowie?ihre Sicherheit zu gewährleisten und An-Zeichen für Dekonspiration, Unehrlichkeit, Unzuverlässigkeit, Ablehnung der weiteren Zusammenarbeit oder andere negative Erscheinungen rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu unterbinden.

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