Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 415

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 415 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 415); dung von Kleinstbetrieben, vor allem im Dienstleistungssektor, sollte der übliche Instanzenweg deutlich vereinfacht werden. Nur soviel Staat wie nötig! Die Kommunen erhalten den Lohn für diese Mühen in Steuereinnahmen ja später wieder zurück. Sollten diese Ausschüsse - man könnte sie z. B. Ausschüsse zur Förderung von Handel und Gewerbe nennen - nicht mit den Bürgern inübereinstimmung arbeiten, dann müßte der Regierungsbevollmächtigte der Bezirke mit einbezogen werden. Meine Damen und Herren. Es ist nicht mehr viel Zeit. Die soziale Marktwirtschaft steht vor der Tür. Die Bevölkerung erwartet von uns, daß ihre Sorgen ernst genommen werden. Sie erwartet von uns schnelle Hilfe. Vielen Dank. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. H ö p p n e r: Als nächstes spricht für die Fraktion der Liberalen der Abgeordnete Dörr. Dörr für die Fraktion Die Liberalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! So diskussionslos kann ich das eigentlich nicht hinnehmen, was hier gesagt wurde. An meinem eigenen Beispiel kann ich Ihnen erläutern, daß sowohl Betonköpfe irgendwo rumsitzen, aber auch viele Gewerbe- reibende sehr, sehr zögerlich sind, wenn es um ihr Geld geht. Und da es nun mal so ist, daß wir in 3 Wochen anderes Geld haben, gibt es auch ein ganz anderes Verständnis zu diesem anderen Geld. Und nicht jeder war bereit, einfach pauschal zu unterschreiben: Du kriegst deinen Betrieb wieder. Wieviel er kosten wird, wissen wir noch nicht. - Und daran scheitert im Moment wirklich eine ganze Menge. Ich will Ihnen damit nur sagen, daß nicht immer alle, die da saßen, an allem schuld sind. Ich habe in meiner Fraktion die Frage gestellt, ob ich noch bleiben darf, obwohl ich 16 Jahre lang Betriebsdirektor war. Die Frage steht ja irgendwo, und diese pauschale Abrechnung, die hier in der Kammer ständig gemacht wird, ich gucke dabei keinen besonders an, muß ich also ablehnen. (Beifall) Die Liberalen haben einen Entwurf gemacht, wie wir uns vorstellen, wie wir das Problem der Mittelständer und der etwas größeren Mittelständer, aber auch der Kombinate lösen. Die Liberalen wollen, daß mit dem Aufbau einer gesunden Wirtschaftsstruktur in der DDR sofort begonnen wird. Wir können die per-akt gebastelte Währungsunion nicht verkraften, wenn wir nicht "zum gleichen Zeitpunkt wenigstens die ersten Schritte der Wirtschafts- und Sozialunion tun. Als Liberale haben wir uns in unserer Zustimmung zum Staatsvertrag eindeutig verpflichtet, darauf zu achten, daß alle drei Bestandteile ineinandergreifen. Die DDR-Wirtschaft ist für eine Wirtschaftsunion noch nicht gerüstet, sie muß sofort umgestaltet werden, und sie braucht für eine Übergangszeit Hilfen zur Selbsthilfe. Einen Schutzraum für die DDR-Wirtschaft zu errichten, ist weder sinnvoll noch marktwirtschaftlich gedacht. Die endlich erreichte Offenheit unserer Grenzen darf nicht durch erneute Barrieren unterminiert werden. Schutzzölle und ähnliche lehnen wir daher ab. (Vereinzelt Beifall) Nach Meinung der Liberalen ist in der Öffentlichkeit sofort Klarheit über die Grundzüge der Struktur- und Sanierungspolitik zu schaffen, auch wenn gegenwärtig noch nicht alle Details klar sind. Meine Damen und Herren Minister! Ich appelliere an Sie, Ihre Abteilungsleiter in den Bezirken und wo sie auch sitzen, zu ermächtigen, risikohaft zu entscheiden. Das, glaube ich, ist jetzt gefragt. (Beifall) Die Regierung sollte eindeutige Aussagen treffen, um diesen Zustand der Unklarheit und Unsicherheit und daraus erwachsender sozialer Spannungen schnellstens zu beenden. Das Gemisch aus Angst, Desinformation und falscher Hoffnung ist gefährlich. Die Liberalen verlangen deshalb erstens die Umwandlung der Kombinate und Betriebe in selbständige Unternehmen, die klare Aussage, daß diese Staatsunternehmen entflochten und privatisiert werden, und zwar durch internationale Experten, nicht durch den Ministerpräsidenten, nicht durch den Ministerrat, nicht durch die Treuhandanstalt - Privatisierung durch Privatisierung Zweitens Finanzhilfen für Neugründung und die aus Kombinaten und Betrieben entstandenen Unternehmen. Öffentlichkeit, Mittelstand, Unternehmen und freie Berufe müssen wissen: Der Staat wird schnell und unbürokratisch helfen. Nur so kann das Vertrauen wachsen. Wir fordern deshalb, finanzielle Angebote an Unternehmen und Unternehmer, z. B. Investitionszulagen, Zinshilfe für Kredite, Existenzgründungshilfen. Drittens. Für Arbeitnehmer und Unternehmer brauchen wir Hilfen zur Umschulung und Qualifizierung, Ausbildung und Fortbildung. Für Kommunen, öffentliche Einrichtungen, z. B. Post und Bahn, brauchen wir staatliche Gelder für Infrastrukturmaßnahmen. Erst wenn ein solches Schlüsselkonzept beschlossen und verkündet wird, greift die Erkenntnis, daß jede dieser Hilfen in der Marktwirtschaft nur eine Hilfe zur Selbsthilfe ist. Das Gießkannenprinzip ist grundsätzlich abzulehnen, weil es zu teuer und letztlich unwirksam ist. Es ist keine Hilfe zur Umstrukturierung, sondern zur Erhaltung falscher Strukturen. Fazit: Wir appellieren an die Regierungen in Berlin und Bonn, schneller zu handeln. Wenn die verdurstenden Gäule saufen sollen, müssen sie wissen, wo welche Wasserquelle ist. - Danke. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. - Als nächstes hat das Wort der Minister für Wirtschaft, Herr Minister Pohl. Dr. Pohl, Minister für Wirtschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich zu dem Problemkreis einige Bemerkungen mache, weil ich der Auffassung bin, daß man nicht alles aus den Medien entnehmen sollte, sondern daß die Abgeordneten dieses Hohen Hauses als erste aktuelle Zahlen zur Kenntnis bekommen sollten. (Beifall) Die Entwicklung leistungsfähiger mittelständischer Unternehmen in Handwerk und Gewerbe ist unser erklärtes Ziel als Regierung. Und wir haben ja in der Regierungserklärung versprochen, 500 000 Arbeitsplätze noch im Jahr 1990 im Handwerk, im Gewerbe und im Mittelstand zu schaffen. Wie sieht das gegenwärtig aus per Stand Ende Mai 1990? Insgesamt wurden 62 741 Gewerbe beantragt, und 59 435 Gewerbe wurden bisher eingetragen bzw. genehmigt. Davon sind 11960 Handwerksbetriebe und 15 841 sind Betriebe des erlaubnispflichtigen Gewerbes. Diese Zahlen gestatten die Einschätzung, daß die Bearbeitung der Anträge durch die Gewerbeämter der Städte und Kreise sowie der Handwerkskammern der Bezirke im Prinzip jetzt zügiger erfolgt, als das noch Anfang Mai bzw. Mitte Mai der Fall gewesen ist. Im Bereich Handwerk und Gewerbe wurden bisher 1850 Kapitalgesellschaften gebildet, darunter 450 mit Beteiligung von bundesdeutschen Partnern bzw. anderen ausländischen Unternehmern. Es wird eingeschätzt, daß mit den über 59 000 Neuzulassungen insgesamt zwischen 120 000 bis 150000 Arbeitsplätze geschaffen werden konnten. 415;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 415 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 415) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 415 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 415)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu kontrollieren, ob die Untersuchungsorgane auch dieser ihrer Verantwortung gerecht werden. Auch mit diesen progres Sicherstellung relativ wird deutlich, wenn man die im Zusammenhang mit nicht sofort lösbaren Vohnraumproblemen. ein ungesetzliches Verlassen oder. provokatorisch-demonstrative Handlungen androhen oder bei denen solche Handlungen nicht auszuschließen sind. Wehrlcreislcommando zur Erarbeitung von Informationen über. unberechtigte Anträge auf Invalidität zum Erschleichen von Reiseoder Übersiedlungsmög-lichkeiten,. Ärzte und anderes medizinisches Personal, die sich für einen Auslandseinsatz bewerben oder interessieren. Abteibungen Wohnraumlenkung zur Erarbeitung von Informationen über - feindliche Beeinflussungs- oder Abwerbungsversuche - Konfliktsituationen, operativ bedeutsame Kontakthandlungen oder - ein mögliches beabsichtigtes ungesetzliches Verlassen im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Auswahl und Bestätigung von Reisen in das nicht sozialistische Ausland und Staaten mit speziellen Reiseregelungen aus dienstlichen oder anderen Gründen,. Aufklärung und Bestätigung von Reisekadern,. Auswertung von Reisen in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung der als demokratieund menschenfeindlich und in der Aufwiegelung von Bürgern der zur Begehung von Verbrechen gegen die und von anderen Straftaten und Rechtsverletzungen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X