Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 392

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 392 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 392); Oft ist mir bisher in der BRD das Argument begegnet, und ich konnte mich dem auch gar nicht entziehen, man könne aus der Sozialhilfe viel herausschlagen, und es würden auch in betrügerischer Absicht Leistungen beantragt. So ist das Gesetz ja auch formuliert. Für viele Menschen gilt es als normal, in schwierigen Lebenslagen solche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wer dieses in vielen Jahren gewachsene Verhaltensmodell kritiklos auf die DDR übertragen will, kennt sich mit DDR-Bürgern schlecht aus. Viele würden es als entwürdigendes Betteln empfinden. (Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner: Frau Abgeordnete, würden Sie eine Zwischenfrage gestatten?) Aber ja. Dr. G r ü n i n g (CDU/DA): Möchten Sie auch Kinder von Multimillionären aus Steuergeldern versorgen? Frau Dr. Schönebeck (PDS): Ich kenne in der DDR keine Multimillionäre. Es tut mir leid. (Heiterkeit - Zuruf: Die gibt es.) Dann sollte man solche Sonderfälle ausschließen und nicht hunderttausend Fachleute solchen entwürdigenden Prüfungen unterziehen, nur damit man die zwei Multimillionäre herausfindet. Erstaunlich - darf ich bitte weitermachen - war für mich, warum mit der Einführung des Sozialhilfegesetzes in der DDR ein Versuchsballon gestartet wird, für den es in der BRD seit Jahren keine Mehrheit gibt. Für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, sollen nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. So ist es im bundesdeutschen Sozialhilfegesetz formuliert. Für unsere Variante übernehmen wir etwas anderes. Der erste Satz stimmt genauso. Dann wird aber recht schroff weiter formuliert: Empfänger laufender Leistungen zum Lebensunterhalt sind zu gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeiten, zu denen sie aufgefordert werden, verpflichtet, soweit sie hierzu körperlich und geistig in der Lage sind und ein sonstiger wichtiger Grund nicht entgegensteht, also Gartenarbeiten, Hofarbeiten und was sonst noch anliegt. Das Traurige daran ist nur, daß diesen Personen daraus nicht mal ein Rentenanspruch erwächst. Alles in allem möchte ich zu Bedenken geben, daß hier eine komplette Bevölkerung in eine völlig neue, ungewohnte Gesetzesund Soziallandschaft verpflanzt wird, die noch nicht einmal die beste aller denkbaren ist, in der man nicht einmal den Nachbarn, Freund oder Bekannten, geschweige denn, und ich fürchte, das wird so werden, den Beamten um Rat fragen kann. Soviel Beamte kann die BRD in die DDR überhaupt nicht importieren. Ich erinnere mich noch gut einer der Hauptlosungen der Allianzparteien im Wahlkampf: Keine Experimente mehr! (Unruhe und Zurufe bei CDU/DA und DSU) Ja, manche haben es so gesagt, und ich habe es auch anders gelesen. Das, was hier auf uns zu zukommt, ist ein wahrhaft historisch einmaliges Experiment, und wir können nur alle miteinander hoffen und sollten darum ringen, daß es für die Bürger dieses Landes zum Guten ausgeht. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner: Ich danke der Fraktion der PDS und bitte von der Fraktion der DSU den Abgeordneten Schmidt ans Rednerpult. Schmidt für die Fraktion der DSU: Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Trotz der Flut von Gesetzesvorlagen ist es der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der DSU-Fraktion gelungen, eine Position zu dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zu beziehen. (Bravo! von der PDS) Es ist davon auszugehen, daß ca. 300 000 Personen in der DDR auf Sozialhilfe angewiesen sind, und daß dem Sozialamt dafür ein Finanzvolumen in diesem Jahr von einer halben Milliarde und im kommenden Jahr von einer Milliarde D-Mark zur Verfügung steht. Mit Inkrafttreten der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion gemäß dem Staatsvertrag benötigt die DDR auch eine Sozialhilfegesetzgebung. Aber in der Reihe aller Hilfsmaßnahmen gegen Arbeitslosigkeit sollte das Sozialhilfegesetz an letzter Stelle stehen. Erst wenn alle Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes mit dem Arbeitsbeschaffungsprogramm nicht mehr greifen, spannt das Sozialhilfegesetz nicht nur ein soziales Netz, sondern eine soziale Matte, um alle Bedürftigen in der sozialen Marktwirtschaft aufzufangen. Unserer Meinung nach ist dieses mit diesem Gesetz gewährleistet. Das bedeutet, daß das Arbeitsförderungsgesetz so ausgelegt sein sollte, daß der Personenkreis, der Sozialhilfe in Anspruch nehmen muß, möglichst begrenzt bleibt. Das Sozialhilfegesetz übernimmt das System der Gewährung von Regelsätzen und Mehrbedarfszuschlägen für das Gebiet der DDR zu unseren Bedingungen. Es regelt weiter, wie Sozialhilfeempfänger im Krankheits- und Pflegefall abgesichert sind. Auch ausländische Bürger, die in der DDR leben und in Notsituationen geraten, werden durch dieses Gesetz abgesichert. Der § 2 regelt eindeutig, daß zunächst die Hilfe von Angehörigen in Anspruch genommen werden muß. Damit erhält die Familie ihren gebührenden Stellenwert in der Gesellschaft wieder. Wesentlich erscheint auch der § 16, der die Bemühungen des Hilfesuchenden, sich um Arbeit zu bewerben, einschließt. Ihm wird aber gleichzeitig die Gelegenheit eines Arbeitsplatznachweises gegeben. Nach diesem Gesetz und der 1. Durchführungsbestimmung ergibt sich für eine Familie ein Arbeitslosenentgelt von 720,-DM, das sich für Kinder altersabhängig um 200-360 DM erhöht. Der Regelsatz, der in der 1. Durchführungsbstimmung mit 400 DM benannt ist, sollte als vorläufiger Richtwert angesehen werden, solange die auf den einzelnen zukommenden Kosten nicht sicher bestimmt werden können. Abschließend möchte ich betonen, daß das Gesetz eine solide ' Grundlage bildet, um den Schritt vorwärts in die soziale Marktwirtschaft zu sichern. - Danke. (Beifall, vor allem bei CDU/DA und DSU) Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner: Ich danke dem Abgeordneten Schmidt und rufe nun Herrn Abgeordneten Dr. Wöstenberg von der Fraktion Die Liberalen auf, das Wort zu nehmen. Dr. Wöstenberg für die Fraktion Die Liberalen: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich relativ kurz fassen. Die Frau Minister hat das Sozialhilfegesetz ausreichend begründet. Im Staatsvertrag hat sich die DDR verpflichtet, ein Sozialhilfegesetz zu gestalten. Damit schließen wir eine Gesetzeslücke, unser soziales Netz wird damit verdichtet, und es wird sicherer. Es macht auch den prinzipiellen Unterschied der neuen Sozialpolitik zur Vergangenheit deutlich. Wir kommen weg von teilweise sinnlosen Subventionen für Waren, Tarife und Dienstleistungen 392;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 392 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 392) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 392 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 392)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte. Der zielgerichtete Einsatz der.

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