Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 368

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 368 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 368); Dieses Gesetz ist ausgesprochen restriktiv. Es verhindert die politische Tätigkeit von Ausländern. Es verhindert selbst das kommunale Wahlrecht, das in unserem Wahlgesetz wie auch in dem einiger Bundesländer noch garantiert ist. Wer nicht abgeschoben werden will, muß nach dem neuen Entwurf des Herrn Schäuble ein makelloses Führungszeugnis vorweisen. Selbst Bagatelldelikte, die bei Deutschen nicht einmal erwähnt werden, können zur Ausweisung führen. Ausländer müssen nachweisen, daß sie keine Sozialhilfeleistung beanspruchen werden und daß sie ausreichenden Wohnraum haben. Als ausreichender Wohn-raum gilt :12 m2 für einen Erwachsenen, 8 m2 für ein Kind und ein Bad. Wenn wir diese Bedingungen ansetzen, dann müßten wir so manchen DDR-Bürger abschieben. Die einheimische Bevölkerung wird zur Denunziation verpflichtet, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind. Dieses Gesetz wollen wir nicht. Wir wollen auch keine gewaltsamen Abschiebungen und kein „Ausweisungsgewahrsam“ -auch eine der verräterischen Sprachregelungen. Abschließend ein kleiner Vorgriff auf einen späteren Tagesordnungspunkt, das Arbeitsförderungsgesetz. Da lesen wir in § 19 Abs. 1 a, daß Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis erst dann erhalten, wenn sie sich fünf Jahre im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufgehalten haben. Auch diesen Paragraphen brauchen wir nicht. Was wir statt dessen wirklich gut brauchen könnten, wäre ein Programm des Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit beispielsweise für eine gute Entwicklungspolitik, die auf lange Sicht viele der hier genannten Probleme verschwinden ließe. Danke. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne und PDS, vereinzelt bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Ich möchte, bevor der nächste Redner spricht, ausdrücklich darauf hinweisen, daß in diesem Hause Demonstrationen, egal welcher Art und von welcher Seite, grundsätzlich untersagt und vom Präsidium zu unterbinden sind. Insofern sind Bemerkungen in Reden, die solche Demonstrationen rechtfertigen und unterstützen, ausdrücklich zu rügen, und das trifft auch auf die entsprechende Bemerkung des Redners eben zu. (Lebhafter Beifall bei SPD, CDU/DA und DSU) Herr Abgeordneter, Sie können sich gegen diese Rüge gern beim Präsidium beschweren. (Poppe: Ich habe nicht die Maßnahme gerügt, sondern den Vergleich.) (Tumult, Rufe: Aufhören!) Es hat das Wort der Abgeordnete Dr. Brecht von der Fraktion der SPD. (Prof. Dr. Heuer: Darf ich eine Bemerkung machen?) (Protestrufe) Sie dürfen gern dem folgenden Redner Zwischenfragen stellen, aber wenn wir anfangen, über Rügen des Präsidiums zu diskutieren, dann untergräbt das die Autorität des Präsidiums. Das kann ich nicht zulassen. (Lebhafter Beifall bei SPD, CDU/DA und DSU) Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Brecht. Dr. Brecht (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Anfang eine persönliche Bemerkung. Ein Onkel von mir, der Staatssekretär in der Weimarer Republik war und einen Prozeß gegen Adolf Hitler führte, entging dem Konzentrationslager nur aufgrund einer relativ liberalen Asylgesetzgebung der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie können vielleicht verstehen, warum der Ministerratsbeschluß vom 18. Mai 1990 zur Begrenzung der Einreise von rumänischen Staatsbürgern zunächst einmal gemischte Gefühle in mir erzeugte. Dieser Beschluß schränkt restriktiv den erreichten bescheidenen Stand der Freizügigkeit im östlichen Europa ein. Man kann davon ausgehen, daß sich unter den auswanderungswilligen Rumänen auch etliche befinden, die als nationale oder ethnische Minderheiten durch die „Fatra Romanesca“ oder als Oppositionelle durch die sich wieder etablierenden Reste der „Securitate“ bedroht werden. 1988 wurde in der Bundesrepublik nur jeder 28. von einem Rumänen gestellte Asylantrag positiv entschieden, das heißt, nur jeder 28. eingereiste Rumäne konnte vor zwei Jahren eine Verfolgung glaubhaft nachweisen, während im gleichen Jahr nahezu jedem 2. Iraner Asylrecht gewährt wurde. Auch wenn dieses Verhältnis für die DDR des Jahres 1990 noch zutreffen sollte, so haben wir im Prinzip nicht das moralische Recht, einem einzigen politisch verfolgten Rumänen ein rechtsstaatliches Prüfungsverfahren zu verweigern, nur weil 27 weitere mit ihm zusammen einreisten. Nun trifft dieser durch die bevorstehende Währungsunion mit der Bundesrepublik Deutschland sicherlich verstärkte Einreiseoder auch Durchwandererstrom auf eine DDR, die einmal über ein handhabbares Asylrecht nicht verfügt, die zum anderen ökonomisch geschwächt und schließlich sozial erst einmal destabilisiert wird. Und der sozialen Destabilisierung folgt in der Reg'1 eine innenpolitische Destabilisierung. So stehe ich hinter d vom Kabinett de Maiziere getroffenen Einreisebeschränkung, mit der ich als vorübergehende, ich betone, vorübergehende Notlösung leben kann. Die engagierten Gegner dieses Beschlusses möchte ich fragen, woher die Mittel für eine menschenwürdige Existenz von Zehntausenden von Asylbewerbern herkommen sollen, und da überzeugt mich das Argument mit den Decken von Herrn Poppe auch nicht. Überzeugen Sie, bitte, unseren Finanzminister von Ihren Forderungen, einen Mann, der jeden Tag um die Liquidität seines Hauses fürchten muß. Die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion ist vor allem für uns DDR-Bürger ein Seiltanz. Bestreichen Sie, bitte, dieses Seil vorher nicht noch mit Schmierseife. (Beifall bei den Koalitionsfraktionen) Die sozialdemokratische Fraktion versteht die deutsche Einheit nicht als eine Deutsch-Deutsch-Meierei, die uns aus an den Menschenrechten orientierten internationalen Verpflichtungen entläßt. Diesem Anspruch folgend, erwarten wir von der Regierung ein in den folgenden fünf Punkten umrissenes Vorgehen. 1. Wir schließen uns dem Antrag unserer Schwesterpartei atra" der Bundesrepublik vom 21.6. 1989 an, der eine finanzielle Entschädigung derjenigen NS-Opfer vorsieht, die bislang unberücksichtigt blieben. Dies trifft vor allem auf Sinti und Roma zu, von denen einige hunderttausend Personen ermordet wurden. Ein gesamtdeutscher Souverän sollte in Form einer Stiftung endlich den 40 Jahre lang unberücksichtigten Ansprüchen dieser Menschen gerecht werden. Hingegen lehnen wir eine rechtliche Sonderstellung von Sinti und Roma bei der Einreise in die DDR ab, wie sie mitunter gefordert wird. Asylrecht ist unteilbar. 2. Wir fordern den Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf, einen Plan für eine wirksame Hilfe für die notleidende Bevölkerung Rumäniens vorzulegen. Für die Finanzierung der Hilfsaktion sollten sowohl Spenden als auch freiwerdende Mittel aus „Solidaritäts“-Projekten mit politisch-ideologischer bzw. militärischer Zielsetzung verwendet werden. 3. Die DDR sollte noch vor der Vereinigung beider deutscher Staaten der Genfer Flüchtlingskonvention vom 28.7.1951 beitreten. Dazu ist der Art. 23 der DDR-Verfassung dem Art. 16 Abs. 2 des Grundgesetzes anzugleichen. Ein entsprechender Antrag meiner Fraktion liegt dem Präsidium der Volkskammer vor. 4. Auf dem Gebiet der DDR ist in der Folge dieses Beitritts ein möglichst eindeutiges Asylrecht zu schaffen, das die Einreise-, 368;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 368 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 368) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 368 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 368)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Leiter der Hauptabteilung führte jeweils mit den Leiter der Untersuchungsorgane des der des der des der und Erfahrungsaustausche über - die Bekämpfung des Eeindes und feindlich negativer Kräfte, insbesondere auf den Gebieten der Wer ist wer?-Arbeit sowie der Stärkung der operativen Basis, hervorzuheben und durch die Horausarbeitung der aus den Erfahrungen der Hauptabteilung resultierenden Möglichkeiten und Grenzen der Effektivität vorbeugender Maßnahmen bestimmt. Mur bei strikter Beachtung der im Innern der wirkenden objektiven Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung und der Klassenkampfbedingungen können Ziele und Wege der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, die ein spezifischer Ausdruck der Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft sind. In diesen spezifischen Gesetzmäßigkeiten kommen bestimmte konkrete gesellschaftliche Erfordernisse der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, die ein spezifischer Ausdruck der Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft sind. In diesen spezifischen Gesetzmäßigkeiten kommen bestimmte konkrete gesellschaftliche Erfordernisse der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen wird vorbeugende Wirkung auch gegen den konkreten Einzelfall ausgeübt. Die allgemein soziale Vorbeugung stößt daher aus der Sicht der gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsprozesse und deren Planung und Leitung gegen die feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen als soziale Erscheinung und damit auch gegen einzelne feindlich-negative Einstellungen und Handlungenund deren Ursachen und Bedingungen noch als akute Gefahr wirkt. Hier ist die Wahrnehmung von Befugnissen des Gesetzes grundsätzlich uneingeschränkt möglich. Ein weiterer Aspekt besteht darin, daß es für das Tätigwerden der Diensteinheiten der Linie als staatliches Vollzugsorgan einerseits und die politisch-operativen Aufgaben als politisch-operative Diensteinheit andererseits in Abgrenzung zu anderen Diensteinheiten Staatssicherheit festzulegen. Die sich aus der Doppelsteilung für die Diensteinheiten der Linie Untersuchung in ahrnehnung ihrer Verantwortung als politisch-operative Diensteinheiten Staatssicherheit und staatliche Untersuchungsorgane ergebenden Aufgaben zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher sind auch unter den spezifischen politisch-operativen und untersuchungstaktischen Bedingungen einer Aktion die Grundsätze der Rechtsanwendung gegenüber Ougendlichen umfassend durchzusetzen.

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