Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 36

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 36 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 36); Abg. Dr. Ullmann (Bündnis 90/Grüne): Ich möchte hier erklären ausdrücklich, daß ich mich mit dem Vorschlag, wie er von der Fraktion Bündnis 90/Grüne eingebracht worden ist, einverstanden erklären kann, freilich schweren Herzens. Meine Damen und Herren! Das ist in unserer Fraktion so üblich, daß wir persönliche Meinungen auch öffentlich äußern. Meine persönliche Meinung geht dahin, daß sich in diesem Hohen Hause an diesem Vormittag etwas, ich denke, in der Verfassungsgeschichte der verschiedenen deutschen Länder Singuläres abgespielt hat. Ich erkläre erstens, daß dieser Antrag hier auf der Tagesordnung im Widerspruch zur Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses steht. Das ist nun einmal geschehen, ich will es nur konstatieren, aber wir sind nun in der Debatte. Zweitens: Wir stehen der Tatsache gegenüber, daß der Innenminister der künftigen Regierung hier in aller Deutlichkeit erklärt hat, daß er die Verfassung dieses Landes ablehnt. Ich frage mich: Was ist das für eine Fraktion, die in diesem Hohen Hause zu erklären wagt, sie lehnt die Verfassung dieses Landes ab, auf Grund derer sie gewählt worden ist. (Beifall, vor allem von der Fraktion der PDS und der Fraktion Bündnis 90/Grüne) Ich erkläre ferner: Es dürfte einmalig sein in der deutschen Geschichte, daß der künftige Premier es ablehnt, auf die Verfassung des Landes vereidigt zu werden, auf Grund derer er gewählt worden ist. (Beifall, vor allem von der Fraktion der PDS und der Fraktion Bündnis 90/Grüne) Und ich frage Herrn Ministerpräsidenten de Maiziere, wie es sich damit verhält: Als er stellvertretender Ministerpräsident in der Regierung Modrow gewesen ist, ist er meines Erachtens, wenn es dabei ordentlich zugegangen ist, auf eben diese Verfassung schon einmal vereidigt worden. (Vereinzelt Beifall) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Reich. Abg. Prof. Dr. Reich (Bündnis 90/Grüne): Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß das in der 1. Lesung Vorschläge gewesen sind, keine Sachanträge. Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Das habe ich auch so verstanden. Sonst hätte ich die Sachanträge auch schriftlich haben müssen, und sie wären erst in der 2. Lesung möglich gewesen. Danke schön. Abg. Frau Kögl er (Demokratischer Aufbruch): Brigitta Kögler, Demokratischer Aufbruch, Fraktion CDU/De-mokratischer Aufbruch. Ich meine, daß die Verfassung, die bisher eine sozialistische gewesen ist, nicht unsere Verfassung ist, und darauf wird auch nicht der Ministerpräsident vereidigt. (Beifall bei den Koalitionsparteien) Wir haben eine Revolution durchgeführt. (schallendes Gelächter, vereinzelt Beifall) Das bedeutet, diese Verfassung existiert nicht mehr. Und das, was übrig ist, ist ein Fragment. (Protestrufe, Gelächter, Beifall) Das ist ein Fragment, und es ist notwendig, eine neue Verfassung anzunehmen. Das steht an. (Beifall, vor allem bei den Koalitionsparteien) Aber darüber werden wir in demokratischer Weise entscheiden. (Beifall, vor allem bei CDU, DA und DSU) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Der Abg. Schröder hat das Wort. Abg. Richard Schröder (SPD): Meine Damen und Herren! Es gibt vielleicht zwischen den beiden Alternativen, die sich hier gegenüberstehen, noch Zwischendinge. Der Text, der Wortlaut der Verfassung, in dem die Forderung, die sozialistische Moral zu akzeptieren, eine sozialistische Planwirtschaft zu akzeptieren, inbegriffen ist, ist weder von der Regierung Modrow so eingehalten worden - und das begrüßen wir ja - noch kann es ernsthaft von einem, der heute darauf vereidigt wird, verlangt werden, daß er den Torso wortwörtlich akzeptiert. (Beifall, vor allem bei den Koalitionsparteien) Zweitens aber enthält dieser Verfassungstext außer dem, was ich mal sozialistische Lyrik oder so nennen will, (Heiterkeit) das Grundgerüst, das die Verfahrensfragen regelt, nach denen hier bei uns gearbeitet wird. Dieses Grundgerüst muß als gültig angesehen werden. (Beifall, vor allem bei der SPD) Wenn dieses Grundgerüst gilt, dann ist es sinnvoll, den Herrn Ministerpräsidenten darauf zu verpflichten, daß er sich auf Recht und Gesetze der DDR verpflichten läßt. Dies gibt ihm die Freiheit, das substantielle Grundgerüst von der rhetorischen Lyrik, die die bisherigen Gesetzestexte haben, sinnvoll zu unterscheiden. (Beifall, vor allem bei der SPD) Stellvertreter des Präsidenten Dr. Höppner: Danke schön. Ich sehe keine weiteren Bitte schön. Alles korrekt. Wenn ich wirklich keinen mehr sehe, dann schließe ich die Debatte. Abg. Prof. Dr. Heuer (PDS): Gestatten Sie mir als Juristen eine Bemerkung. Erst einmal möchte ich vielleicht doch etwas zum Verständnis der Rolle des Rechts und der Rolle von Regeln und Verfahren sagen. Ich sehe schon, der künftige Innenminister oder vielleicht schon Innenminister schüttelt den Kopf. Ich glaube, daß es wichtig ist, sich an Regeln und Verfahren zu halten. Eine zivilisierte Gesellschaft kann sonst nicht miteinander umgehen. (Beifall bei der PDS) Der Abgeordnete Ullmann hat gesagt, Rechtsfragen sind Lebensfragen, und ich meine, daß wir das Recht achten müssen und hier in diesem Kreis eine Haltung zum Recht haben müssen. Ich darf noch an einen Punkt anknüpfen, den wir heute vormittag ausgiebig diskutiert haben. Wenn festgelegt ist, daß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Geschäftsordnungsantrag gestellt werden soll, dann dient das der Vorbereitung auf die Sitzung. Das hat einen Sinn. Das ist keine Schikane, sondern man soll sich eben für den nächsten Tag vorbereiten können. Wenn wir festlegen: Ein Gesetz soll mehrere Lesungen haben -, dann machen wir das, damit man das gründlich erarbeiten kann. Die Form dient dem Inhalt, das hat schon Hegel gesagt. Und ich glaube, es gilt nach wie vor. Man braucht Form. Es gibt ohne Form keinen Inhalt. 36;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 36 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 36) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 36 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 36)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den Sicherheitserfordernissen der sozialistischen Gesellschaft und der Sicher- heitspolitik der Partei ergebende generelle Anforderung an die Arbeit Staatssicherheit . Diese generelle Anforderung besteht in der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und der politischen, ökonomischen und sozialen Erfordernisse der ist es objektiv notwendig, alle eingewiesenen Antragsteller auf ständige Wohnsitznahme umfassend und allseitig zu überprüfen, politisch verantwortungsbewußt entsprechend den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen die Aufgabe, vorbeugend jede Erscheinungsform politischer Untergrundtätigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Aufklärung der Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Einsatz der und der Arbeit mit operativen Legenden und Kombinationen den zweckmäßigen Einsatz aller anderen, dem Staatssicherheit zur Verfügung stehenden Kräfte, Mittel und Methoden zur Unterdrückung, Überwachung und Kontrolle der revolutionären Arbeiterbewegung und anderer antiimperialistischer und demokratischer und oppositioneller Kräfte in den imperialistischen Staaten.

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