Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 359

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 359 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 359); Dr. Ringstorff für die Fraktion der SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die mit dem Beschluß vom 1.3. 1990 zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums gegründete Treuhandanstalt konnte ihrer Schlüsselrolle bei der Umwandlung von volkseigenen Kombinaten und Betrieben in geeignete Rechtsformen bisher nicht gerecht werden, unter anderem deswegen, weil notwendige Rechtsgrundlagen noch fehlten. Ich nenne z. B. das Aktiengesetz, ein neues GmbH-Gesetz, das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz. Es verlief deshalb bei der Umwandlung und Entflechtung der Kombinate und Betriebe vieles ungeordnet. Die „Umwandler“ hatten oft persönliche Besitzstände im Auge. Alte SED-Kader setzten sich oft selbst als Gesellschafter ein, wenn sie eine GmbH gründeten, brachten das Betriebsvermögen ihres Betriebes als persönliche Anteile ein. Es bestand und besteht also dringender Handlungsbedarf in Sachen Treuhandvermögen. Die SPD hatte deshalb schon vor 6 Wochen eine Beschlußvorlage zur parlamentarischen Kontrolle der Treuhandanstalt ausgearbeitet. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft nur teilweise klare rechtliche Rahmenbedingungen für die Treuhandarbeit. Ziel, und ich betone ausdrücklich Ziel, dieses vorläufigen Gesetzentwurfes ist die rasche Schaffung marktgerechter Unternehmen. Unter dem Dach der Treuhandanstalt, einer Anstalt öf- ntlichen Rechts, werden Treuhandaktiengesellschaften und 'cfmbH gegründet. Die Mitbestimmung der Belegschaft ist über Aufsichtsratsvertreter möglich und gesichert. Und hier möchte ich dem PDS-Vertreter widersprechen. Im alten Gesetz war die Mitbestimmung meiner Meinung nach zumindest in der Realität nur Makulatur. (Beifall bei den Koalitionsparteien) Die Treuhandanstalt soll der Aufsicht des Ministerpräsidenten unterstehen. Es wäre aber unseres Erachtens eine Übertragung der Aufsichtspflicht auf den Finanzminister sinnvoll. Wir hätten dann der Bundesrepublik vergleichbare Strukturen, denn die Bundesvermögensverwaltung untersteht dort bekanntlich dem Finanzminister Theo Waigel. Entscheidendes wird von der Besetzung der Treuhandanstalt und von der Besetzung der ihr zustehenden Aufsichtsratssitze in den Treuhandaktiengesellschaften abhängen. Es müssen unbedingt Persönlichkeiten mit einschlägigen Erfahrungen gefunden werden, und es ist tunlichst zu vermeiden, daß die Besetzung eine rein nationale Angelegenheit wird. Ich meine damit eine Besetzung allein aus Vertretern der Bundesrepublik und der DR. Man muß hier unbedingt internationale Erfahrungen nut-jn, wie sie bei entsprechenden Persönlichkeiten und Unternehmen in den USA, Großbritannien, der Schweiz und anderen Ländern vorliegen. Auch in den Treuhandaktiengesellschaften sollten externe professionelle Berater die Regel sein. Geklärt werden muß, und das ist ein ganz wichtiger Punkt, wie bisher vorgenommene Fehlbesetzungen durch alte Funktionäre rückgängig gemacht werden. (Beifall) Von großer Bedeutung und für gut halte ich den Artikel 12 Abs. 3 des Gesetzentwurfes. Er ermöglicht es nämlich GmbH, sich aus dem Verband einer Treuhandaktiengesellschaft herauszulösen, wenn ein entsprechender Antrag an die Treuhandanstalt gestellt wird. Eine Entflechtung gegen den Widerstand ehemaliger Konzernstrukturen wird dadurch möglich. Aus dem Treuhandvermögen wurden kommunale Betriebe, Post und Bahn, ausgegliedert. Hier muß jedoch genauer festgelegt werden, was kommunale Betriebe sind. Neben den volkseigenen Wohnungen müssen den Kommunen unbedingt ihre Eigentumsrechte an Leitungsnetzen für Energie, Wasser und Abwasser übertragen werden, um die Nutzung oder Schaffung kommunaler Stadtwerke zu ermöglichen. Rein überregionales Wirtschaften auf diesem Gebiet, wie es die alten Energiekombinate unter neuem Deckmantel versuchen und anstreben, ist hinsichtlich Beachtung des Umweltschutzes und der effektiven Energienutzung oft kontraproduktiv. Besondere Anforderungen an die Treuhandanstalt ergeben sich aus agrarpolitischen Gesichtspunkten. Im Gesetzentwurf bleiben die spezifischen Belange der Land- und Forstwirtschaft völlig unberücksichtigt. In der Land- und Forstwirtschaft bestehen bedeutende, bislang volkseigene Vermögenswerte in Form land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen sowie des Sachvermögens, insbesondere der volkseigenen Güter. Für dieses Vermögen sind ebenfalls geeignete Rechtsformen im Sinne der marktwirtschaftlichen Ordnung für die Privatisierung oder in begründeten Fällen für die Überführung in Staatseigentum oder in das Eigentum von Ländern bzw. Gebietskörperschaften zu erarbeiten und eindeutig mit dem vorliegenden Gesetz zu regeln. Es ist zwingend notwendig, in den vorliegenden Gesetzentwurf die Bildung einer eigenständigen Treuhandaktiengesellschaft für Land- und Forstwirtschaft aufzunehmen. (Beifall, vor allem bei der SPD) Diese müssen Eigentümer des ihr zu übertragenden land-und forstwirtschaftlichen Vermögens sein, d. h., sowohl des Bodens als auch des Sachvermögens. Auch andere Liegenschaften sollten durch sie verwaltet werden. In der Bundesrepublik gibt es übrigens entsprechende Einrichtungen, und ich muß erwähnen, daß vom Landwirtschaftsministerium in der Bundesrepublik auch eine eigenständige Treuhandanstalt für den Bereich Landwirtschaft befürwortet wird. Diese eigene Gesellschaft für die Landwirtschaft hat für eine geordnete Überführung des volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in Privateigentum, in Länder- oder kommunales Eigentum bzw. für dessen Einsatz für Bodenordnungsmaßnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Naturschutz zu sorgen. Eine solche Lösung ergibt sich aus der Spezifik des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Außerdem - und das ist sehr wichtig - ist zu sichern und im Gesetz festzuschreiben, daß die Einnahmen dieser Treuhand-AG aus Beleihung und Verkäufen von Boden und Sachwerten auch tatsächlich und ausschließlich für spezifische Maßnahmen der Sanierung und Strukturanpassung in der Agrarwirtschaft und in der Entwicklung des ländlichen Raumes sowie ländlicher Kommunen verwendet werden. Es ist darauf zu verweisen, daß diese Auffassung auch dem Entwurf einer Anlage 10 zum Staatsvertrag entspricht, der vom Ausschuß Landwirtschaft dieses Hauses erarbeitet worden ist, und der der Frau Präsidentin Bergmann-Pohl am 1. Juni zur Weiterleitung an den Ausschuß für Deutsche Einheit übergeben wurde. Abschließend noch einige Bemerkungen zur Rolle des Treuhandvermögens im Staatsvertragsentwurf. Nach Artikel 26 Abs. 4 und Artikel 10 Abs. 6 sind Erlöse aus dem Treuhandvermögen vorrangig für die Strukturanpassung der Wirtschaft und für die Sanierung des Staatshaushaltes zu nutzen, und nach Artikel 27 Abs. 3 sollen die Erlöse zur Tilgung der bis zum Beitritt der DDR nach Artikel 23 aufgelaufenen Staatsverschuldung verwendet werden. (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Ullmann: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?) Ich bin gleich zu Ende. Dann bin ich gern bereit, zu antworten. Also diese Vermögen sollen zur Tilgung der Staatsverschuldung verwendet werden, sofern das vorhandene Vermögen dazu ausreicht. Daher stehen zur Einräumung der verbrieften Anteilsrechte zu einem späteren Zeitpunkt praktisch keine Vermögenswerte mehr zur Verfügung. Die entsprechende Passage in Artikel 10 Abs. 6 ist deshalb bisher nur Kosmetik für die Sparer. An erster Stelle sollte Treuhandvermögen für die Strukturanpassungshilfen, danach teilweise zur Deckung eines Haushaltsdefizits und zur Tilgung der Staatsschulden eingesetzt werden. 359;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 359 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 359) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 359 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 359)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung und der Leiter des Bereiches Koordinie rung haben eine materiell-technische und operativ-technische Einsatzreserve im Zuführungspunkt zu schaffen, zu warten und ständig zu ergänzen. Der Leiter der Abteilung hat sicherzustellen, daß die Angehörigen zielgerichtet und wirksam zur Erfüllung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes eingesetzt werden. Er veranlaßt die Organisation und Planung des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Strafgefangene. Bei Nichtbefolgung der Weisungen des Wach- und Sicherungsdienstes durch Inhaftierte und Strafgefangene, sind in Absprache mit dem Dienstvorgesetzten Sicherungsmittel anzuwenden.

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