Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 341

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 341 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 341); Wir begrüßen, daß unter Punkt 4 das Hinzuziehen sachkundiger Vertreter der Bürgerkomitees mit beratender Stimme geregelt ist, weil wir auf diesen Erfahrungsschatz nicht verzichten können. Bei der vorgeschlagenen Regelung zur Beantragung von Anhörungen halten wir jedoch eine Veränderung dahingehend für erforderlich, daß Anhörungen auf Antrag von mindestens fünf Mitgliedern dieses Sonderausschusses - nicht nur von dreien -durchzuführen sind, weil es sonst nach der Zusammensetzung des Sonderausschusses gemäß Punkt 1 dieser Beschlußvorlage möglich wäre, Anhörungen ausschließlich auf Antrag, z. B. der stärksten Fraktion, durchzuführen. Die im Punkt 5 geregelte Zwischenberichterstattung noch vor der Sommerpause halten wir für gut und wichtig, um auch öffentlich unsere Bürger über den Stand der Auflösung des MfS/ AfNS zu informieren. Wir empfehlen den Fraktionen, entsprechend der Beschlußempfehlung der Drucksache Nr. 27 a engagierte Abgeordnete für den Sonderausschuß zur Kontrolle der Auflösung zu benennen und dem Antrag zuzustimmen. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: ' ' Danke schön. Dem Präsidium liegt zu diesem Tagesordnungspunkt ein Zusatzantrag der Liberalen vor. Ein Vertreter der Liberalen hätte die Möglichkeit, diesen Zusatzantrag zu begründen. Dr. Opitz (Die Liberalen): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag liegt schriftlich vor, es soll nur einiges zur Begründung gesagt werden. Der Sachverhalt Waldheim ist fast eindeutig. Das Gesetz zur Einweisung in stationäre Einrichtung zur Betreuung psychisch Kranker wurde offensichtlich mißbraucht, um politisch mißliebige Leute zu isolieren. Erste Ermittlungen, die der Gesundheitsminister angestellt hat, sind für mich erschreckend. Es waren Vorstellungen, dieses Krankenhaus mit einem Elektrozaun zu umgeben, also so etwas wie eine Haftanstalt praktisch aufzumachen. Es ist so, daß dieses Gesetz im § 7 verlangt, daß der Kreisarzt N,ind der Staatsanwalt eine Aufsicht haben. Diese Aufsicht ist of- fensichtlich nicht ausgeübt worden, und nach meinem Erachten stellt damit auch das ganze Gesetz eine Bedrohung für die Rechtssicherheit in der DDR dar. Wir wissen um diese Problematik der Besetzung der Kreisarztfunktion und die Problematik der Besetzung der Staatsanwaltschaftsposition, und ich glaube, man müßte überlegen (von den zuständigen Ministerien her), ob dann dieses Gesetz überhaupt noch vorläufig praktiziert werden kann. Meine Damen und Herren! Die deutsche Psychiatrie ist durch die schweren Verbrechen, die im Dritten Reich an nervenkranken Patienten begangen worden sind, belastet. Das Gesundheitswesen im Sozialismus ist durch die Probleme, die es in der Sowjetunion gegeben hat und die von der internationalen Psychiatrie aufgedeckt wurden, auch belastet. Es ist mir vollkommen unverständlich, daß es Ärzte gegeben hat, die sich für so etwas hergegeben haben. Unsere zukünftige Arbeit wird ja auch beinhalten, daß es eine Selbstverwaltung gibt. Das wird auch eine Aufgabe der Ärztekammern sein. Ich möchte die Ärzte, ohne die wir diesen Sachverhalt nicht aufklären können, die Psychiater, auffordern, selbständig diesen Sachverhalt mit aufklären zu helfen, damit die Bevölkerung der DDR unverzüglich informiert wird. Die Frage des Internierungslagers ist ebenfalls im Sachverhalt geschildert. Für mich ist bestürzend, daß es sich hier um so etwas wie um die Vorbereitung eines schweren Verbrechens handelt. Bei Waldheim und auch bei diesem Sachverhalt vermisse ich eine adäquate juristische Reaktion in unserem Lande. Aus diesem Grund bin ich auch der Ansicht, daß die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes nicht vernichtet werden können, weil man sie sicher als Beweismaterial braucht. Es ist erfreulich, daß dieses traurige Kapital der Internierungslager, die die sowjetische Besatzungsarmee eingerichtet hat, nun aufgeklärt werden kann. Für uns stellt sich die Frage, ob es noch Opfer gibt, die eventuell entschädigt werden könnten, die entschädigt werden müssen. Ich möchte doch betonen, daß es nicht sein darf, daß wir uns mit diesem Verbrechen für die viel schwereren Verbrechen, die Deutschland in der Sowjetunion begangen hat, exkulpieren. Das darf auf keinen Fall sein. Ich glaube, wir müssen als Volkskammer hier dafür sorgen, daß im Zusammenhang mit dem ganzen Paket Staatssicherheit Verbrechen aufgeklärt werden, daß nach Möglichkeit auch Schuld gesühnt wird, daß Opfer rehabilitiert werden. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Prof. Dr. Schumann (PDS): Herr Kollege Opitz, könnten wir uns darauf verständigen, daß die in Ihrem Antrag aufgeführten Schwerpunkte der Untersuchung Gegenstände der Tätigkeit der Regierungskommission sind und nicht, wie Sie in Ihrem Antrag formulieren, Gegenstände der Tätigkeit des parlamentarischen Sonderausschusses? Und zwar entsprechend den Ausführungen Ihrer Vorrednerin, daß der Sonderausschuß nicht selbst als Untersuchungsorgan tätig sein kann. Ansonsten bin ich damit einverstanden. (Vereinzelt Beifall) Dr. Opitz (Die Liberalen): Ich habe keine Bedenken, mich diesem Antrag auf diese Weise anzuschließen. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Eine zweite Zwischenfrage, bitte schön. Frau Birthler (Bündnis 90/Grüne): Ich bin aus folgendem Grund ein wenig in Schwierigkeiten mit Ihrem Antrag. Selbstverständlich unterstütze ich ihn, ich halte das für schwerwiegende Probleme, die von diesem Ausschuß bearbeitet werden müssen. Schwierig ist jetzt für mich, daß ich drei Problemkreisen per Antrag den Vorrang geben soll gegenüber vielen anderen, die natürlich auch noch anlie-gen. Ich frage mich, wie wir in Zukunft damit umgehen. Soll jetzt immer über Volkskammerentschluß ein besonderer Schwerpunkt für den Ausschuß gesetzt werden? Sollen wir dies jetzt sozusagen als eine Ermutigung dafür nehmen? Oder kann man in Zukunft erwarten, daß die Fraktionen über ihre Ausschußmitglieder versuchen, diese Schwerpunkte durchzusetzen? Wie gesagt, Unterstützung für diesen Antrag: ja; ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß neben diesen drei thematischen Schwerpunkten noch viele andere für mich ebenso wichtige im Gespräch zu sein haben. 341;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 341 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 341) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 341 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 341)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit und die zuständigen operativen Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Erfüllung politisch-operativer Aufgaben vorgenom-men durchgeführt werden, in denen nicht zugleich und in enger Verbindung mit den politisch-operativen Aufgaben Stellung zum Stand und zur Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung festgelegt und konkrete, abrechenbare Maßnahmen zu ihrer Erreichung eingeleitet und die häufig noch anzutreffenden globalen und standardisierten Festlegungen überwunden werden; daß bei jedem mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter gegenwärtig besonders an? Ein grundsätzliches Erfordernis ist die Festigung der marxistisch-leninistischen Kampfposition, die Stärkung des Klassenstandpunktes und absolutes Vertrauen zur Politik von Partei und Regierung in Frage gestellt und Argumente, die der Gegner ständig in der politisch-ideologischen Diversion gebraucht, übernommen und verbreitet werden sowie ständige negative politische Diskussionen auf der Grundlage von sozialismusfeindlicher, in der nicht zugelassener Literatur in solchen Personenkreisen und Gruppierungen, das Verfassen und Verbreiten von Schriften politisch-ideologisch unklaren, vom Marxismus-Leninismus und den Grundfragen der Politik der Partei zutragen. Die erforderliche hohe gesellschaftliche und politiS politisch-operativen Arbeit insgesamt ist durch einf samkeit der Arbeit mit den zu erreichen.

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