Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 25

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 25 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 25); Überzeugung und ist nach unserem Dafürhalten eine Aufgabe, die im Zusammenhang mit der Arbeit des Prüfungsausschusses, aber mit der Arbeit dieses Parlaments noch der Lösung harrt. Erlauben Sie mir aus diesem Grunde im Hintergrund und auf der Basis dieses gemeinsamen Entschlusses folgende grundsätzliche Stellungnahme: Um die Chance der Freiheit geht es bei allem, was in diesem Haus gesagt oder getan wird. Wir sind hier, weil diese Chance am 18.3. wahrgenommen worden ist. Die Deutschen in Sachsen, Thüringen, Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg und Pommern wollen nicht länger zwei Vaterländer haben, sondern eines. Sie wollen nicht länger drüben, sondern drinnen leben, nicht länger Deutsche zweiten Grades, sondern Freie mit Freien sein. Wenn wir uns darin alle einig sind, was kann dann die nationale Verantwortung der Opposition in diesem Land sein, in dem immer noch Prüfungsausschüsse arbeiten müssen? Wir sind dafür, daß sie arbeitet. Was kann die nationale Verantwortung der Opposition in diesem Parlament sein? Die Opposition steht dafür, daß die Chance der Freiheit nutzbar bleibt, indem sie eines wieder und wieder klarstellt: Parlament heißt, meine Damen und Herren Abgeordnete, Sprache. Sprechen aber kann nur, wer zuvor gehört hat. (Schwacher Beifall) Die Opposition ist hier, um diese Frage zu stellen: Habt ihr ge- „ört, wer dieses Volk ist, das die Überprüfung der Abgeordneten und einen Untersuchungsausschuß forderte, damit endlich eines klar sei: In diesem Land gibt es keine Staatsgewalt, die nicht öffentliche Gewalt ist! (Vereinzelt Beifall) Staatsgewalt ist in diesem Lande hier vor diesem Haus öffentliche Gewalt geworden am 4. November. Der 4. November, nicht der 9., ist die Voraussetzung des 18. März! (Beifall) Nicht die sind das Volk, die weglaufen oder die hinterherlaufen, nachdem sie lange genug aus dem Fenster geschaut haben, um zu sehen, wo die sichere Mehrheit ist; das Volk sind die, die so mündig sind, daß sie ja sagen, wo das Land sie braucht, nein, wo die Chance der Freiheit gefährdet ist. Es ist dieser Zusammenhang, in dem die Fraktion Bündnis 90 und Grüne die Aufgabe des Prüfungsausschusses sieht. Sie sind der Meinung, daß erklärt werden muß - und ich bin dankbar, daß ich das hier vor Ihnen allen und auf der Basis eines Konsenses un darf -, daß Personalüberprüfungen, Prüfungs- und Untersuchungsausschüsse nie ans Ziel gelangen werden, solange nicht klar ist, was die Maßstäbe sind, an denen dabei gemessen werden muß. Es kann nicht länger dabei bleiben, daß man auf das Problem, zu dem sich der Staatssicherheitsdienst in diesem Lande ausgewachsen hat, mit der unerträglichen Trivialität antwortet, da sei in einer in allen Ländern, auch der Bundesrepublik, üblichen Einrichtung ein etwas übertriebenes Sicherheitskonzept beherrschend geworden. Nein, dieses Land, das sich in ein Land der Untersuchungsausschüsse und der Bürgerkomitees verwandeln mußte, wenn seine Bewohner und Bewohnerinnen sich wieder ehrlich in die Augen schauen wollten, dieses Land hat lernen müssen: Nichtöff entliehe Gewalt ist niemals eine Sicherstellung, sondern eine Gefährdung, ja, wie wir haben sehen müssen, eine Zerstörung der Demokratie. Das Staatssicherheitsproblem, meine Damen und Herren, ist das Verfassungsproblem, und das Verfassungsproblem ist nicht ein Problem der Staatsrechtslehrer; denn in unserem Lande ist es nach dieser Geschichte der 40 Jahre zu einem Zustand der Rechtlosigkeit ohnegleichen gekommen, dahin, daß in diesem Lande ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr weiß, wem was gehört, ein Land, das tagtäglich miterleben muß, daß diejenigen, denen es notorisch nicht zusteht, über ihre Sparkonten diskutieren, und ein Land, in dem mehr und mehr Bürger, und ich hatte reichlich Gelegenheit, das zu erfahren, nicht mehr wissen, bei wem sie zur Miete wohnen. Und an dieser Stelle ist das Verfassungsproblem ein Lebensproblem für Leute, die aus dem Sumpf der Verdächtigungen und Verunglimpfungen herausfinden müssen und herausfinden wollen. Diesen Rechtsboden der Verfassung müssen wir selbst finden, und wir werden ihn nicht finden, wenn wir fremde Antworten nachsprechen. Die neue Verfassung, die wir brauchen, können wir nicht von irgendwoher geschenkt bekommen, (Vereinzelt Beifall) am allerwenigsten von jenen westdeutschen Verfassungsjournalisten, die ihre Leitartikel als Verfassung anbieten. Zwei Gründe, zwei Erfahrungen habe ich für diese Behauptung. Wenn sich in unserem Lande etwas als Irrtum erwiesen hat, dann die Aufassung, Rechtsfragen seien Verfahrensfragen. Nein, Rechtsfragen sind Lebensfragen, denn sie sind Fragen der Freiheit und Würde von Männern, Frauen und Kindern. (Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Heuer, PDS: Sehr gut! Beifall, vor allem bei der PDS, Bündnis 90/Grüne und teilweise bei der SPD) Die zweite Erfahrung: Wir haben nach 1945 versucht, in beiden deutschen Staaten Grundrechte als nationale Rechte zu formulieren. Das hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt sind, daß Selbstbestimmung als Bestimmung der einen über die anderen ausgeübt wird. In diesem Lande, wo erst nach 50 Jahren Synagogen aufgebaut werden, wo immer Deutsche und Nichtdeutsche zusammengelebt haben. In diesem Lande, hier - das wissen wir nun - kann Menschen- und Bürgerrecht nur als soziales und politisches Recht formuliert werden. Bürger unseres Landes ist man nicht kraft Abstammung, sondern weil man Anteil hat an der Souveränität dieses Volkes, das am 4. November gerufen hat, daß es das Volk sei. Wir stehen hier, hergekommen aus der Opposition gegen eine wirklichkeitsblinde Parteidiktatur. Wir rufen Sie, Sie alle als demokratische Opposition der Bürgerbewegungen dieses Landes zur Opposition gegen alles, was uns hindern will, uns selbst die Verfassung zu geben, in der die Sicherheit des Landes nicht durch Geheimorganisationen, sondern durch die Öffentlichkeit aller Gewalt und Gewaltausübung gewährleistet wird im Dienst der Freiheit, der Gleichheit und der Mitmenschlichkeit. Ich danke Ihnen. (Starker Beifall, vor allem beim Bündnis 90/Grüne, der PDS und teilweise bei der SPD) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Ich danke Herrn Ullmann und bitte nun als zweiten Redner einen Abgeordneten der Fraktion der Christlich-Demokratischen Union. Abg. Dr. Wieczorek (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte mich vorstellen. Mein Name ist Bertram Wieczorek, CDU-Fraktion. Im Namen der CDU-Fraktion möchte ich folgende Erklärung hier abgeben: Es ist das gemeinsame Anliegen aller Fraktionen, den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes die Gewißheit zu vermitteln, daß ihre Abgeordneten nicht durch den Schatten der Vergangenheit gelähmt und vor allem durch immer wieder aufkommende Anschuldigungen erpreßt werden können, daß sie für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit bzw. für das Amt für Nationale Sicherheit tätig gewesen sind. Deshalb haben sich auch sämtliche Abgeordnete der Fraktion der CDU bereit erklärt, sich überprüfen zu lassen. Dies geschieht gegenwärtig entsprechend den vereinbarten Modalitäten. Unsere Fraktion hat festgelegt, daß die von ihr benannte und 25;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 25 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 25) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 25 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 25)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Das Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Untersuchungsorganen wurde inhaltlich im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren sowie mit den bewährten Methoden und Mitteln fortgesetzt. Aufmerksam unter Kontrolle zu halten zu solchen Personen oder Personenkreisen Verbindung herzustellen, die für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen der unmittelbar und direkt an feindlich tätigen Personen oder im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen arbeitet, deren Vertrauen besitzt, in ihre Konspiration eingedrungen ist und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kommen und unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und straf rechtlich relevanten Umstände wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens angestrebt. Es wird im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung zur Begründung des Verdachts einer Straftat kommen und unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und straf rechtlich relevanten Umstände wird die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens angestrebt. Es wird im Ergebnis der Verdachtshinweisprüfung zur. Begründung des Verdachts einer Straftat kommen, aber unter Berücksichtigung aller politisch, politischoperativ und strafrecht lieh relevanten Umstände soll von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Entscheidungen über den Abschluß des Ermittlungsverfahrens - sind in Übereinstimmung mit den grundlegenden Zielstellungen der Hechtsverwirklichung zu treffen.

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