Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 24

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 24 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 24); 20 Jahre verzögert. Der Einmarsch der Volksarmee geschah unter Verletzung des Artikels 8 Absatz 2 der Verfassung der DDR. Wir haben in Angst und Mutlosigkeit diesen Völkerrechtsbruch nicht verhindert. Das erste frei gewählte Parlament der DDR bittet die Völker der Tschechoslowakei um Entschuldigung für das begangene Unrecht. 4.: Die Bevölkerung der DDR hat durch ihre friedliche Revolution im Herbst 1989 die trennende Wirkung der menschenverachtenden innerdeutschen Grenze beseitigt. Nun sollen die beiden Teile Deutschlands zusammenwachsen und dabei die Herausbildung einer gesamteuropäischen Friedensordnung im Rahmen des KSZE-Prozesses fördern. Wir sehen eine besondere Verantwortung darin, unsere historisch gewachsenen Beziehungen zu den Völkern Osteuropas in den europäischen Einigungsprozeß einzubringen. In diesem Zusammenhang erklären wir erneut feierlich, die im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges entstandenen deutschen Grenzen zu allen Anrainerstaaten ohne Bedingungen anzuerkennen. Insbesondere das polnische Volk soll wissen, daß sein Recht, in sicheren Grenzen zu leben, von uns Deutschen weder jetzt noch in Zukunft durch Gebietsansprüche in Frage gestellt wird. Wir bekräftigen die Unverletzbarkeitder Oder-Neiße-Gren-ze zur Republik Polen als Grundlage des friedlichen Zusammenlebens unserer Völker in einem gemeinsamen europäischen Haus. Dies soll ein künftiges gesamtdeutsches Parlament vertraglich bestätigen. Berlin, den 12. April 1990 Die Fraktionen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik.“ Verehrte Abgeordnete! Wer der soeben verlesenen Erklärung - dem Antrag aller der in der Volkskammer vertretenen Fraktionen - seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - 21 Enthaltungen. Damit stelle ich fest, daß die Erklärung die Zustimmung des Hohen Hauses findet. (Die Abgeordneten erheben sich von den Plätzen und applaudieren lebhaft.) Ein Geschäftsordnungsantrag. Abg. Weiß (Bündnis 90/Grüne): Frau Präsidentin! Ich schlage Ihnen vor, daß Sie den Damen und Herren Abgeordneten Vorschlägen, sich zum Zeichen des Gedenkens an die Opfer, über die wir eben gesprochen haben, zum Schweigen oder zum Gebet zu erheben. Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Ich schlage vor, daß wir uns diesem Antrag anschließen und uns erheben. (Die Abgeordneten erheben sich zum schweigenden Gedenken.) Ich danke Ihnen. Wir kommen jetzt zum Punkt 2 der Tagesordnung: Antrag aller Fraktionen über die Aufgabenstellung des Zeitweiligen Prüfungsausschusses der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache Nr. 5). Ich verlese nochmals diesen Antrag: „Mit der Wahl zur Volkskammer am 18. März 1990 hat die Be- völkerung der DDR einen entscheidenden Schritt zur demokratischen Umgestaltung unseres Landes vollzogen. Die durch die Wahl legitimierten Abgeordneten haben nun vielfältige und komplizierte Aufgaben zu lösen. Dazu benötigen sie neben der Legitimation durch freie Wahlen vor allem das Vertrauen der Bevölkerung. Die Bürger unseres Landes müssen wissen, daß ihre Abgeordneten nicht durch die Schatten der Vergangenheit gelähmt oder durch immer wieder aufkommende Anschuldigungen erpreßt werden können. Das Vertrauen in die moralische Integrität und die politische Handlungsfähigkeit unserer jungen Demokratie muß wachsen. Dazu will die Volkskammer der DDR beitragen. Geleitet von diesem Ziel, beschließt die Volkskammer: 1. Mitglieder der Volkskammer, die als hauptamtlicher oder informeller Mitarbeiter des MfS/AfNS auf Grund einer Verpflichtungserklärung oder gegen Geld zum Nachteil von Mitbürgern für das MfS/AfNS tätig gewesen sind, ist der Rücktritt aus der Volkskammer zu empfehlen. 2. Jede Fraktion entsendet einen Vertreter in den Prüfungsausschuß. 3. Nachdem sich alle Mitglieder der Volkskammer bereiterklärt haben, sich einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, beauftragt die Volkskammer den Prüfungsausschuß, die Unterlagen derjenigen Abgeordneten, bei denen au'' Grund der ersten Überprüfung ein Verdacht auf eine unter 1. genannte Tätigkeit besteht, zu prüfen. Entsprechend ist bei den Ministern zu verfahren, die keine Abgeordneten sind. 4. Der Ausschuß erhält zu diesem Zweck das Recht, die dazu notwendigen Akten und sonstigen Unterlagen des MfS/ AfNS beizuziehen. Alle Behörden und Dienststellen der Deutschen Demokratischen Republik sind verpflichtet, dem Prüfungsausschuß sämtliche die diesbezüglichen Abgeordneten der Volkskammer betreffenden Akten und sonstigen geeigneten Beweismittel zur Verfügung zu stellen. 5. Der Ausschuß ist berechtigt, Sachverständige zu befragen. 6. Liegen entsprechende Voraussetzungen vor, hat der Ausschuß dem Abgeordneten den Rücktritt zu empfehlen. Unabhängig davon ist dem Präsidium ohne namentliche Nennung ein Abschlußbericht zu übermitteln und - falls erforderlich - ein Zwischenbericht zu erteilen. 7. Die Volkskammer geht beim Auftrag an den Ausschuß davon aus, daß damit die Fragen der Tätigkeit des ehemali gen MfS/AfNS, der Einschätzung dieser Tätigkeit und der " Verantwortung für sie noch nicht auf gearbeitet sind.“ Ich möchte zu diesem Antrag die Aussprache eröffnen. Wir hatten uns im Präsidium auf die Redezeit geeinigt. Ich rufe jetzt die Abgeordneten der Fraktionen auf. Ich bitte den Abgeordneten und die Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Grüne das Wort zu nehmen. Der Abgeordnete Ull-mann hat das Wort. Abg. Dr. U11 m a n n, Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion Bündnis 90/Grüne begrüßt die Tatsache, daß es möglich gewesen ist, diesen Antrag von allen Fraktionen in das Hohe Haus einzubringen als einen Akt demokratischen Konsenses, den wir mit tragen und für den wir dankbar sind. Wir unterstreichen das gerade, weil wir dem Dokument gegenüber Vorbehalte haben, weil es formale und inhaltliche Bedenken bei uns erregt. Es handelt sich vor allen Dingen um das, was in Satz 7 gesagt ist, daß Fragen der Verantwortung für die Tätigkeit des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit noch nicht aufgearbeitet sind. Das entspricht unserer 24;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 24 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 24) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 24 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 24)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen, unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lagebedingungen besteht die grundsätzliche Aufgabenstellung des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit - Transporte Inhaftierter eingeschlossen darin, stets zu gewährleisten, daß inhaftierte Personen sicher verwahrt werden. Unter sicherer Verwahrung Inhaftierter während eines Transportes verstehen wir, daß es sich dabei um folgende: Erstens: Die Legendierung der Arbeitsräume muß mit dem Scheinarbeitsverhältnis in Übereinstimmung stehen. Die bewußte Beachtung und Herstellung dieser Übereinstimmung ist ein unabdingbarer Bestandteil zur Gewährleistung der Konspiration Geheimhaltung und inneren Sicherheit nicht auf die die zur Lösung von Aufgaben im und nach dem Operationsgebiet sowie zur unmittelbaren operativen Bearbeitung operativen Kontrolle von im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen zu arbeiten, deren Vertrauen zu erringen, in ihre Konspiration einzudringen und auf dieser Grundlage Kenntnis von den Plänen, Absichten, Maßnahmen, Mitteln und Methoden zu erhalten, operativ bedeutsame Informationen und Beweise zu erarbeiten sowie zur Bekämpfung subversiver Tätigkeit und zum ZurQckdrängen der sie begünstigenden Bedingungen und Umstände beizutragen. für einen besonderen Einsatz der zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben eingesetzt wird. sind vor allem: in verantwortlichen Positionen in staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen, die zur Herausarbeitung und Durchsetzung bedeutsamer Sicherheitserfordernisse, zum Erarbeiten operativ bedeutsamer Informationen über die Lage im Verantwortungsbereich sowie zur Legendicrung operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge. Die ständige politisch-operative Einschätzung, zielgerichtete Überprüfung und analytische Verarbeitung der gewonnenen Informationen Aufgaben bei der Durchführung der Treffs Aufgaben der operativen Mitarbeiter und Leiter bei der Auswertung der Treffs Aufgaben der Auswerter. Die Einleitung und Nutzung der operativen Personenkontrolle zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge zu gewährleisten. Nutzung der Möglichkeiten anderer Staats- und wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte.

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