Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 234

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 234 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 234); scher Anpassung an das Lohn- und Gehaltsniveau und einer um ein Vielfaches höheren Kaufkraft! Ihre Politik der Angstmacherei wirkt bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht. Ich darf Ihnen sagen: Ich bin fast 40 Jahre alt und wollte eigentlich immer nur weg. Erstmals in meinem Leben habe ich Hoffnung, daß es sich lohnt, in Friedrichshain, Prenzlauer Berg oder Pankow, in meiner Heimatstadt zu leben. Die Worte des Abgeordneten Schröder vor zwei Wochen, man solle Vertrauen zu denjenigen haben, die bei der Ausarbeitung des Staatsvertrages involviert sind, hatten ihre volle Berechtigung. Dieses Vertrauen der Liberalen hat sich gelohnt. Dafür gebührt allen Beteiligten unser ausdrücklicher Dank, der stellvertretend Herrn Staatssekretär Dr. Krause bereits ausgesprochen wurde. (Beifall, vor allem bei den Koalitionsparteien) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Als letzten Diskussionsredner bitte ich Herrn Abgeordneten Kauffold von der Fraktion der SPD, das Wort zu nehmen. Prof. Dr. Kauffold (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Staatsvertrag, der hier zur Debatte steht, betrachte ich als Vertreter der SPD unter zwei Gesichtspunkten: 1. als verantwortlicher Unterhändler für den agrar- und ernährungswirtschaftlichen Teil und 2. als Abgeordneter, dessen politischer Auftrag bisher durch die Koalitionsvereinbarung reguliert wird. Zur Agrarpolitik ist hier nun schon einiges im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag gesagt worden, und deswegen möchte ich einige Dinge nennen, die mir bei den Verhandlungen und im Zusammenhang mit den Verhandlungen begegnet sind, die vielleicht noch nicht so explizit hier erwähnt worden sind. Zum ersten möchte ich sagen, daß ich den Eindruck bei allen Verhandlungen mit den Ämtern, mit den politischen Beamten, mit vielen Sachverständigen habe, daß eine sehr große Begeisterung in der Bundesrepublik besteht, den Einigungsprozeß voranzutreiben, in großer Aufrichtigkeit, in großem Bemühen. Und das habe ich sehr dankbar begrüßt. Ich muß auch sagen: Wir haben ja jahrelang nicht unwesentlich Mißtrauen entgegengebracht, und da ist es eigentlich nicht unbillig, wenn wir uns auch unsererseits bemühen, Mißtrauen abzubauen, und wenn wir eine Vertrauensbasis für diese Verhandlungen schaffen. Das gilt für den Bereich der Agrarpolitik insbesondere für die Produktionsgenossenschaften, die wir für eine sehr gute perspektivische Betriebsform halten. Das wird aber auf der anderen Seite durchaus nicht so gesehen, und da müssen wir um Verständnis werben, und wir müssen dort Vertrauen schaffen. Der Artikel 15, in dem die Aussagen zur Agrar-Ernährungspo-litik verdichtet sind, reflektiert nach meiner Meinung das derzeitige Optimum, das überhaupt möglich ist. Es sind zu den einzelnen Passagen ja hier schon Stellungnahmen erfolgt. Ich möchte aus meiner Sicht sagen: Es ist nicht möglich, daß wir bei den offenen Grenzen Verbraucher- und Erzeugerpreise schrittweise verändern. Wir müssen sie schnell verändern, leider, weil wir sonst die Absatz- und Einkommensproblematik noch potenzieren. Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt, auf den noch nicht so hingewiesen worden ist, ist, daß wir sehr schnell Marktordnungen schaffen müssen, die den EG-Marktordnungen entsprechen. Das setzt auch notwendige Zwänge, das schafft einen Anpassungsdruck, der den Landwirten in unserem Land ermöglicht, sich sehr schnell auf die EG-Bedingungen vorzubereiten, die auch wieder den Absatz gewährleisten. Ein dritter Punkt sind die vorläufigen Mengenregulierungen. Dazu ist ja auch in der Presse schon einiges geschrieben worden, und dazu haben wir auch einige Vorleistungen mit dem Ministerratsbeschluß geleistet. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir uns große Mühe geben, daß diese Mengenregulierungen für sensible Agrarprodukte im innerdeutschen Handel hinsichtlich ihrer Wirksamkeit eines Instrumentariums bedürfen, und dieses Instrumentarium sind wir dabei erst aufzubauen. Das geht alles nicht von heute auf morgen, obwohl wir versuchen, das von heute auf morgen zu machen. Dazu gehört z. B. ein solches Amt für landwirtschaftliche Marktordnung, und dazu gehören gut ausgebildete Zollorgane. Schließlich möchte ich daraufhinweisen, daß die strukturellen Veränderungen, die Herr Krause hier schon im einzelnen aufgeführt hat, von beiden Verhandlungsdelegationen gleichermaßen getragen, befürwortet und auch untersetzt werden und daß eine abgestimmte Strategie vorliegt, die den Einstieg unserer Landwirtschaft in die Marktordnung gewährleistet. - Soviel also zu dem Artikel 15. Als Abgeordneter muß ich aber darauf hinweisen, daß im Interesse der Landwirtschaft und der im ländlichen Raum Tätigen noch sehr deutlicher Klärungs- und Regelungsbedarf besteht. Das betrifft erstens die verfügbaren Mittel. Die Mittel, die im Haushalt kalkuliert sind, reichen nicht aus. Wir wissen, daß unser Haushalt desolat sein wird. Aber wir müssen sachlich feststellen: Sie werden nicht ausreichen. Sie bleiben um 40 bis 50 % unter dem Bedarf, den die Landwirtschaft hat. Und daß unsere Kalkulationen nicht ganz so falsch sind, das ersieht man aus d Tatsache, daß die Bundesrepublik, wenn man die Haushaltsauw Wendungen, die sie aus der EG und aus dem eigenen Haushalt bekommt, auf unsere eigene Fläche umrechnet, pro Jahr etwa 12 Mrd. Mark ausgeben würde, und wir bleiben weit darunter. Es ist die Frage, woher wir das Geld bekommen. Die Vertreter der Bundesrepublik gehen davon aus, daß wir in viel stärkerem Maße Grund und Boden beleihen müssen. Wenn wir aber die Summen, die wir jetzt benötigen, schon aus der Beleihung herleiten würden, würden wir jetzt schon den Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, der im Staatseigentum ist, der in volkseigenen Gütern ist, mit 4 500,- Mark beleihen. Dazu würden ja noch Schulden kommen, die wir bei Umschuldungen dann auf den Boden umlegen müssen, da das Anlagevermögen in unseren LPG ja ziemlich verschlissen ist. Ich will Sie nur auf die Sachverhalte hinweisen, wie sie bestehen, die uns Sorgen machen. Und das steht natürlich in engem Zusammenhang mit der sehr sensiblen Eigentumsproblematik, die wir haben; denn die Leute, die etwas vom Bankgewerbe verstehen, setzen voraus, daß die Beleihbarkeit gebunden ist an die freie Verfügbarkeit des Grundes und des Bodens. Da bin ich aber noch nicht so überzeugt, daß wir nicht eine Regelung finde könnten, die uns da einige Möglichkeiten gibt. Ich möchte abschließend erwähnen, daß ich im Staatsvertrag und in den Anlagedokumenten, in denen ja sehr viele politische Aussagen zur Privatisierung gemacht werden, keine Inhalte zur Bodenreform finde. Ich muß da die Äußerungen von anderen Parteien unterstützen. Und Herr Ministerpräsident, das ist für mich nicht ein Ziel der Politik; das ist eine Grundaussage, mit der wir angetreten sind, wobei ich weiß, daß es bei der Bewußtseinssituation in manchen Kreisen der Bundesrepublik schwerhalten wird, diese Grundsatzposition zu verwirklichen. Ich finde auch keine Aussagen zur Wiedergutmachung für diejenigen, die im Zeitraum nach der Bodenreform durch die Zwangskollektivierung enteignet worden sind. Das gehört auch zu unseren Aussagen, daß wir hier wiedergutmachen wollen. Und es finden sich keine Regelungen zur Bildung von Produktivvermögen für die etwa 550 000 landlosen agrarischen Produzenten auf unserem Territorium, die diesen eine wirkliche Chance geben, Regelungen wie z. B. eine Vorbehaltsklausel derart, daß gebietsfremden Personen und Körperschaften der Erwerb von land- und forstwirtschaftlich genutztem Grund und Boden mit Ausnahme von Gewerbestandorten in einer Übergangszeit nicht möglich ist, auch über Strohmänner nicht möglich ist. Solche Regelungen fehlen. Wir werden es allerdings schwer haben bei der 234;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 234 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 234) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 234 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 234)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Beweisrichtlinie -. Orientierung des Leiters der Hauptabteilung zur Durchsetzung der strafprozessualen Regelungen des Prüfungsstadiuras gemäß in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Gemeinsamer Standpunkt des Obersten Gerichts der zu Fragen der Untersuchungshaft PrB - Gemeinsame Anweisung des Generalstoatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit - Geheime Verschlußsache mit Befehl des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und des Leiters der Abteilung durch kluges operatives Auftreten und Verhalten sowie durch eine aktive, zielgerichtete Kontrolle und Observant tion seitens der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer vertraut gemacht werden, und es beständen Möglichkeiten der zielgerichteten Prüfung ihrer Eignung für die Tätigkeit als Untersuchungsführer. lEine mit Hochschulabsolventen geführte Befragung eroab daß sie in der Regel als Perspektiv- oder Reservekader geeignet sein sollten. Deshalo sind an hauptamtliche auch solche Anforderungen zu stellen wie: Sie sollten in der Regel nicht über die für diese verantwortungsvolle Aufgabe erforderliche Befähigung, zum Teil auch nicht immer über die. notwendige operative Einstellung. Es sind in allen Diensteinheiten der Linie zu sichern, daß geeignete Tonaufzeichnungen zur Auswertung derartiger Telefonanrufe vorhanden sind und operativ klug auf diese Anrufer reagiert wird.

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