Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 204

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 204 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 204); Leute, die sich in der Vergangenheit als Gralshüter des sozialen Gedankens bezeichneten diese schnelle Metamorphose zu dem, was man, glaube ich, Manchester-Kapitalismus nennt, durchgemacht haben und rücksichtslos Leute auf die Straße setzen. (Beifall) Ich habe bei einem Besuch vor vielen Jahren in einem kirchlichen Heim, in dem behinderte Kinder ausgebildet wurden, erfahren, daß als erstes Symptom, als die Weltwirtschaftskrise, die dann auch in die DDR hineinschwappte, aufgetreten war, daß nämlich ausgebildete Kinder dort nur erschwert einen Arbeitsplatz vermittelt bekommen konnten. Das ist alles in der Vergangenheit schon dagewesen. Ich glaube deshalb das, was hier steht, aufs Wort. Wir halten es eben für wichtig, daß diese Angst, die augenblicklich in unserer Gesellschaft um sich greift, nicht in einem parteipolitischen Kalkül verarbeitet und strategiert wird, sondern daß man hier durch soziale Maßnahmen etwas dagegen tut. Das halten wir für die einzige faire Art, das aufzuarbeiten (Beifall) Einfach durch diese Gesetze, und das gilt allerdings natürlich auch für die Volkskammer. Es ist sehr wichtig, Vertrauen zu schaffen, Vertrauen gegenüber der Bevölkerung, daß wir auch in dieser schwierigen Situation wissen, was wir den sozial Schwachen schuldig sind. Es ist mir noch ein besonderes Anliegen, im Abschluß auf ein Votum des Arbeitskreises 3 der Liberalen hinzuweisen. In der Bundesrepublik Deutschland existiert bei manchen größeren Betrieben die Praktik, daß man nicht solche Behinderten anstellt, wie das das Gesetz eigentlich vorsieht, sondern irgendeine Ablösungssumme zahlt. Das ist einfacher. Wir bitten ganz herzlich, bei der Bearbeitung dieses Gegenstandes dem entgegenzuwirken, daß eben eine solche Ablösungssumme nicht gezahlt werden kann, sondern daß diese (Beifall) Betriebe verpflichtet werden, solche behinderten Mitbürger anzustellen, weil wir es einfach für wichtig halten, daß diese Bürger in dem Arbeitsprozeß integriert bleiben. Ich glaube, das ist das zentrale Anliegen, und das kann man nicht mit einer Ablösungssumme gewährleisten. Man muß sie in die Gesellschaft integrieren, und das halten wir für wichtig. Daraufhin hat der Arbeitskreis 3 der Liberalen mit Nachdruck verwiesen. Ich wollte Ihnen das zur Kenntnis geben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne spricht der Abgeordnete Pietsch. Pietsch für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß ich mich für die Fraktion Bündnis 90/Grüne dem Antrag der DSU-Fraktion vorbehaltlos anschließen und ihm zustimmen kann. Und ich freue mich darüber hinaus, daß wir zum Schluß der heutigen Tagung quer durch alle Fraktionen zu diesem wichtigen Thema Konsens gefunden haben, (Beifall) und ich freue mich, daß wir, wenn wir nach Hause gehen oder an unsere Arbeitsplätze gehen oder an die Basis gehen, etwas gemäßigter auseinanderlaufen. Trotzdem möchte ich - auch wenn alles eigentlich schon gesagt ist - noch ein paar Worte dazu verlieren. Die alarmierenden Hinweise aus meinem Wohngebiet an der Basis zu diesem The- ma, zum Verlust von Arbeitsplätzen für Behinderte, aber auch darüber hinausgehend, daß sich Betriebsdirektoren jetzt gebärden wie ihre Vorbilder aus frühester frühkapitalistischer Zeit, sich so gebärden wie die bösen Kapitalisten, die sie immer an die Wand gemalt haben, und dort auch Betriebsberufsschulen, betriebliche Kindergärten einem Rotstrichverfahren zum Opfer fallen lassen wollen, das ist unerhört. Hier müssen wir gewaltig aufpassen, und wir müssen auch die noch geltenden Gesetze der DDR und die - das klingt jetzt vielleicht ein wenig provokant -geltenden Bestimmungen, die die Regierung Modrow erlassen hat, ich muß Sie bitten, nicht pauschal alle Beschlüsse und alle Verordnungen der Regierung Modrow zu verdammen. Hier gilt es, daß die Regierung Autorität auch auf diesem Gebiet gewinnt; denn wir dürfen nicht zulassen, daß diese Rechtsunsicherheit von gewissenlosen neuen Unternehmern, die sich als Unternehmer gebärden, ausgenutzt wird. Das einfachste wäre, für dieses Gebiet das Arbeitsförderungsgesetz der BRD zu übernehmen. Ich meine aber: Kein Gesetz ist so gut, daß es nicht noch ein bißchen besser werden könnte. Vielleicht könnten wir hier als DDR noch etwas einbringen und könnten eben diesen Passus, der eben erwähnt worden ist, dahingehend ändern, daß es den größeren Betrieben nicht möglich ist, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem sie Zahlungen leisten. Und vielleicht sollte es möglich sein, kleinere Betriebe, Handwerksbetriebe steuerlich so zu interessieren, daß sie Arbeitsplätze für Behinderte einrichten. (Beifall) Denn gerade dort gibt es auch ganz interessante und wichtige Möglichkeiten. Ich wünschte mir, daß dieser Antrag der DSU-Fraktion schnellstens bearbeitet wird, und ich wünschte mir, damit er rechtlich und sozial fundiert wird, daß die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, für Recht und für Bildung und Wissenschaft konsultiert werden. - Danke schön. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Für die Fraktion der DBD/DFD Dr. Lutz Goepel bitte. Dr. Goepel für die DBD/DFD-Fraktion: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag werden die berechtigten Sorgen und Forderungen der Menschen unseres Landes mit Behinderungen endlich in das Blick feld der Volkskammer gerückt. Mit Sorge und Befremden mü sen wir feststellen, daß die Menschen mit Behinderungen in vie len Fällen zu den ersten gehören, die ihre Ausbildungs- und Arbeitsplätze verlieren. Solche Handlungsweisen verstoßen eindeutig auch gegen geltendes Recht und werden von uns entschieden verurteilt. Ich zitiere einen Satz aus einer Berliner Tageszeitung von heute: „In der DDR ist die Zahl von Kündigungen Schwerbehinderter sprunghaft angestiegen. Zahlreiche weitere Kündigungen müssen befürchtet werden, zumal die Kündigungsschutzbestimmungen in der DDR kaum eingehalten werden.“ Zugleich wird aber auch deutlich, daß die gültigen Rechtsvorschriften zum Schutz von Menschen mit Behinderungen den gegenwärtigen Anforderungen in keiner Weise mehr genügen. Wir halten es deshalb für dringend erforderlich, durch die Regierung schnellstmöglich die notwendigen rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für die sichere Integration der Menschen mit Behinderungen in das gesellschaftliche Leben zu schaffen. Wir sind der Auffassung, daß die Gewährung von Förderungsmitteln und steuerlichen Vergünstigungen für den Erhalt und die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für Men- 204;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 204 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 204) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 204 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 204)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie mit der Deutschen Volkspolizei hat in Übereinstimmung mit der Dienstanweisung des Ministers für Staatssicherheit zu erfolgen. Bezogen auf die Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdenden Zustandes nur dadurch erfolgen kann, daß zeitweilig die Rechte von Bürgern eingeschränkt werden. Gehen Gefahren von Straftaten, deren Ursachen oder Bedingungen oder anderen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet ist. Die Einziehung von Sachen gemäß besitzt in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann Bedeutung, wenn nach erfolgter Sachverhaltsklärung auf der Grundlage des Strafvollzugs- und Wiedereingliedaungsgesetzes sowie der Durchführungsbestimmung zu diseiGesetz erlassenen Ordnungs- und Verhaltensregeln. Die Leiter der Abteilungen haben die unmittelbare Durchsetzung der Ordntmgfuli auf. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung der Staatssicherheit ; sein Stellvertreter. Anleitung und Kontrolle - Anleitungs-, Kontroll- und Weisungsrecht haben die DienstVorgesetzten, Zur Erhöhung der Ordnung und Sicherheit in der tersuchungshaftanstalt sowie insbesondere für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter der Linie verbundene. Durch eine konsequent Durchsetzung der gesetzlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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