Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1851

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1851 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1851); Da in Waldheim oft kein Arzt anwesend war bzw. erreichbar war, wurden solche Maßnahmen allein vom Personal entschieden, weil es keinen anderen Rat wußte, und oft wurden erst nach mehreren Tagen diese Maßnahmen ärztlicherseits bestätigt. Die Verhältnisse in dieser Isolierzelle waren äußerst bedenklich. Die Patienten wurden nackt in eine vergitterte Zelle gesperrt, deren Ausstattung lediglich aus einer Matratze, einer Decke und einem Plastenachttopf bestand. In der Regel wurde die Zelle bei Benutzung verdunkelt. Diese Situation muß als menschenunwürdig eingestuft werden. Es ist sicher, daß derartige Isolierung auch als Strafmaßnahmen für die Patienten durchgeführt wurden. In besonderen Fällen wurden aggressive Patienten durch sogenanntes Pumpen zur Ruhe gebracht. Dieser Vorgang muß als eine Notmaßnahme des medizinischen Pflegepersonals angesehen werden, da keine ärztliche Unterstützung bestand. Und trotzdem hat diese Art der Patientenberuhigung den Charakter einer schweren körperlichen Mißhandlung. Die Atmosphäre in der Klinik Waldheim muß als menschenunwürdig eingestuft werden. Allein die Verhältnisse können einen Patienten krankmachen und Aggressionen her-vorrufen. All diese Dinge waren dem ehemaligen Direktor der Nerven-klinik Hochweitschen, Herrn Dr. Poppe, bekannt. Seit 1983 war er allein für den Bereich Waldheim zuständig. Aber auch die kreislichen und bezirklichen Stellen wie das Ministerium für Gesundheitswesen kannten die Verhältnisse in der für die DDR 'aktisch einzigartigen Einrichtung. Trotzdem hat sich dort --nichts verändert. Wir müssen erwähnen, daß wir uns auch mit dem Strafvollzug in Waldheim und der dortigen Klinik für psychisch auffällige Strafgefangene vertraut gemacht haben. Diese Einrichtung, die dem Ministerium des Innern unterstellt ist, macht gegenüber dem Krankenhaus Waldheim den Eindruck eines Sanatoriums. Hier sind unserer Meinung nach gute Voraussetzungen zur medizinischen Betreuung gegeben, sowohl von der baulichen, medizintechnischen, pflegerischen und ärztlichen Seite. Auch die Hauptklinik Hochweitschen wurde von uns aufgesucht. Auch hier fanden wir weit bessere Voraussetzungen für die Behandlung psychisch kranker Erwachsener vor. Zum Thema Röntgenkastrationen und Hirnoperationen: Bei insgesamt 12 Patienten der Nervenklinik Waldheim wurden auf Veranlassung von Dr. Poppe verschiedene Eingriffe vorgenommen, die zur Behandlung von Patienten dienen sollten. Es waren drei Strahlenmenolysen, drei Lobo- bzw. Leukotomien und sechs Stereotaktische Eingriffe. Mit diesen Maßnahmen beschäftigte sich eine Expertenkommission des Ministeriums für Gesundheitswesen. Das Ergebnis dieser Kommissionsarbeit liegt uns vor, es findet nicht in allen Punkten die Zustimmung unserer Sonderkommission. Wir müs- m dazu einleitend sagen, daß zu jeder medizinischen Behand- rtmg eine genaue Indikationsstellung mit Abwägung aller bisherigen therapeutischen Maßnahmen und aller eventuellen Nebenwirkungen eine Aufklärung des Patienten und eine Einwilligung des Patienten zu den Maßnahmen erfolgen muß. Dies muß in Krankenunterlagen dokumentiert werden. Unter besonderen Umständen, z. B. bei Kindern oder geistig beeinträchtigten Personen, muß ein gesetzlicher Vertreter über den Eingriff informiert werden und seine Einwilligung geben. Diese Maßnahmen treffen auch für Ärzte zu, die zu einer speziellen Behandlung mit hinzugezogen werden oder um eine solche gebeten werden. Der Arzt, der letztendlich den Eingriff vornimmt, ist dafür ebenso verantwortlich wie der überweisende Arzt. Wir müssen feststellen, daß sowohl durch Dr. Poppe als auch von den Operateuren der Neurochirurgischen Universitätsklinik Leipzig - Prof. Nie-beling und Prof. Goldhahn - als auch den Strahlentherapeuten Dr. Seifert aus der Strahlenklinik Chemnitz diese Dinge nicht ordnungsgemäß erfolgten und nicht nachweisbar ist, daß in jedem Fall eine Aufklärung und Einwilligung erfolgte. Ich bin jetzt vom Präsidium mit einem Zettel beglückt worden. In Anbetracht der vorgerückten Zeit ist es natürlich auch sehr begründet. Es geht um die Frage, ob ich kürzen kann. Wäre es möglich, daß ich diese Ausführungen zur Strahlenmenolyse, also zur Röntgenkastration, zu den Hirnoperationen im Bericht lassen, daß wir sie im Protokoll erwähnen, daß dann die Abgeordneten Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Ich mache Ihnen den Vorschlag, daß Sie die Dinge, die Sie jetzt kürzen, dem Protokoll übergeben, daß sie im Protokoll aufgenommen werden. Fiedler (CDU/DA): Ich gehöre diesem Ausschuß an und bin der Meinung, das muß hier unbedingt vor der Öffentlichkeit gesagt und bekannt gegeben werden. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Ich stelle das in Ihr Ermessen, wieviel Sie jetzt sprechen. Dr. Opitz, Berichterstatter des Sonderausschusses: Zur Strahlenmenolyse. Die Strahlenbehandlung der Ovarien -Eierstöcke - ist in der Medizin bei bestimmten bösartigen Tumoren eine letzte Behandlungsmöglichkeit. Mit der Strahlenbehandlung werden die Funktion der Ovarien völlig ausgeschaltet, also die Hormonproduktion und die Fortpflanzungsfähigkeit, um nur zwei Dinge zu nennen. Es können erhebliche psychische Veränderungen und Nebenwirkungen auftreten. Zur Behandlung psychischer Erkrankungen, die bei Frauen verstärkt während der Menstruation auftreten, gibt es keine Hinweise der Indikation der Strahlentherapie in der Fachliteratur. Somit ist diese Maßnahme unüblich und kann nicht als qualifizierte ärztliche Heilbehandlung angesehen werden. Der Ausschuß ist der Meinung, daß es sich bei diesen Eingriffen um wissenschaftlich nicht begründete Maßnahmen handelte. In jedem Fall hätte ein wissenschaftliches Fachgremium einberufen werden müssen, um diese Fragen zu diskutieren. Dazu wäre eine genaue Dokumentation des Krankheitsverlaufes erforderlich, um wirklich die psychische Erkrankung mit der Menstruation in Verbindung zu bringen. In keinem der drei Fälle aus Waldheim ist diese Vorgehensweise aus den Krankenunterlagen zu entnehmen. Wir sind der Meinung, daß hier eine strafrechtliche Relevanz besteht. Zu den Hirnoperationen. Hirnoperationen bei psychisch Kranken werden seit 1936 durchgeführt. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Rückgang dieser Eingriffe zu verzeichnen. Bei Patienten aus Waldheim wurden 1982 und 1986 insgesamt drei Lobo- bzw. Leukotomien durchgeführt. Bei der Lobo- bzw. Leuko-tomie erfolgt eine operative Durchtrennung von Verbindungsbahnen zwischen dem Stirnhirn und dem übrigen Hirn. Diese Eingriffe werden selektiv, also gezielt vorgenommen. Es soll damit eine Veränderung der psychischen Verhaltensweise erfolgen. Diese Eingriffe sind heute international sehr umstritten. So sind aus der Bundesrepublik seit 1975 keinerlei Veröffentlichungen darüber bekannt. Das Ergebnis war in allen drei Fällen unbefriedigend, das heißt, es traten keine Besserungen des Krankenzustandes ein. Die stereotaktischen Operationen. Sie wurden 1947 in den USA eingeführt. Bei diesem Eingriff werden exakt vorausberechnete Kerne im Gehirn, die für eine bestimmte Reaktion verantwortlich gemacht werden, gezielt durch thermische Maßnahmen ausgeschaltet. Diese Eingriffe werden unter Röntgenkontrolle durchgeführt. Heute geht man von lediglich zwei Indikationen für einen derartigen Eingriff aus. Bei den insgesamt neun stereotaktischen Operationen lagen diese Indikationen vor. Es kam bei einem Patienten zu einer Besserung, ansonsten ergaben sich keine Änderungen der Ausgangslage. Komplikationen direkter Art traten nicht auf. Als unverständlich und einer Sorgfaltspflichtverletzung gleichzustellen ist die Tatsache, daß die Patienten nicht zu diesem Eingriff in die psychiatrische Universitätsklinik Leipzig 1851;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1851 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1851) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1851 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1851)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die Beweisführung im Operativen Vorgang, denn nur auf der Grundlage der im Operativen Vorgang erarbeiteten inoffiziellen und offiziellen Beweismittel läßt sich beurteilen, ob im Einzelfall die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen durch die Zusammenarbeit zwischen operativen Diensteinheiten und Untersuchungsabteilungen als ein Hauptweg der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren Erfordernisse und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von bei Transitmißbrauchshanclüngen auf frischer Tat festgenomraePör ßeschuldigter Potsdam, Juristisch Fachs lußa Vertrauliche Verschlußsache schule, Errtpgen und Schlußfolgerungen der Äf;Ssfeerlin, bei der ziel gerttchteten Rückführung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaf tvollzuges und deren Verwirklichung. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Autoren: Rataizick Heinz, Stein ,u. Conrad - Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit. Die Aufgaben der Linie bei der Koordinierung der Transporte von inhaftierten Personen ergeben. Zum Erfordernis der Koordinierung bei Transporten unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei Transporten unterstützt wird. Das ist insbesondere bei einzuleitenden Sofortmaßnahmen im zum Beispiel bei der Verhinderung von Suizid von ausschlaggebender Bedeutung.

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