Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 176

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176); Und wenn - und davon gehen wir aus - das unstrittiges Anliegen des Antragstellers ist, dann gehört das nach unserer Auffassung in juristisch klarer und eindeutiger Form in den Artikel 7 dieses Entwurfs hineinformuliert. Das sind also ein paar Sachkomplexe, wo wir Diskussionsstoff sehen. Das muß geklärt werden. Deswegen plädieren wir für das Überweisen des Entwurfs in die entsprechenden Ausschüsse. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Für die Fraktion der PDS spricht die Abgeordnete Roswitha Stolfa. Frau Stolfa für die PDS-Fraktion: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Unbehagen über die Verfassungssituation kann weder mit dem Gesetzentwurf noch mit den Ausführungen des Herrn Justizministers auch nur in Ansätzen ausgeräumt werden. Ich möchte mich auch auf die Aussage von Frau Kögler beziehen, die eigentlich am 12.4. eine ganz andere Position vertreten hat. Sie sagte nämlich: Das bedeutet, diese Verfassung - also die jetzt gültige - existiert nicht mehr, und das, was übrig ist, ist ein Fragment, und es ist notwendig, eine neue Verfassung anzunehmen. Das steht an. -Sie hat das dann am 19.4. revidiert. Ich weiß nicht, wie oft sie noch ihre Ansicht dazu revidieren wird. Diesem Gesetzentwurf, der uns vorliegt, dem Gesetzentwurf zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik (Verfassungsgrundsätze), können wir auch nicht im Grundansatz zustimmen, weil in ihm wesentliche Rechtspositionen der DDR aufgegeben sind. (Heiterkeit, vor allem bei CDU/DA und DSU) Meine Damen und Herren von der rechten Seite! Sie haben doch sicher nicht erwartet, daß ich als Frau von der Opposition die gleiche Auffassung zu diesem Entwurf haben könnte wie Sie. (Beifall von der PDS-Fraktion) Und damit können Sie mir doch auch in Würde zuhören. Ich möchte jetzt begründen. Wir können ihm nicht zustimmen, weil in ihm wesentliche Rechtspositionen der DDR aufgegeben sind, weil damit nach unserer Auffassung Rechtsunsicherheit verknüpft ist, weil darin Kriterien und Vereinbarungen für die DDR als maßgeblich erklärt werden, die aus dem Staatsvertrags-entwurf resultieren. Uns wird hier ein Gesetz zugemutet, das wegen seines hohen Allgemeinrechtsgrades, ohne Untersetzung durch konkrete Details nicht handhabbar ist. Dieser Entwurf enthält eine große Zahl von ausfüllungsbedürftigen Begriffen, die Spielraum bieten für viele Interpretationsmöglichkeiten. Somit zeigt er nicht den Weg zu rechtsstaatlicher Ordnung. Uns wird drastisch vor Augen geführt, wie verhängnisvoll die Negation des Vermächtnisses des Runden Tisches, des Verfassungsentwurfs durch eine knappe Mehrheit in diesem Hause ist. Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfes sind nicht abgeleitet aus inneren Entwicklungsbedürfnissen in der DDR, sondern aus dem Entwurf des Staatsvertrages. Damit wird das Normale in einer Verfassungsentwicklung umgekehrt. Hier werden Vereinbarungen, die auf Regierungsebene mit der BRD ausgehandelt worden sind, zur Basis genommen, um die Verfassungs- und Rechtsordnung zu diesem Staatsvertrag paßfähig zu machen. Verfassungsrechtliche Weichen werden gestellt für die Domi-nierung der DDR, ihre Staats- und Rechtsordnung durch die BRD, durch BRD-Recht. Nach meiner Auffassung erfolgt hiermit die Umkehrung des Souveräns. Ich möchte das belegen. Die Präambel dieses Entwurfs ist weitgehend deckungsgleich mit der Präambel des Staatsvertragsentwurfs. Artikel 1 des Gesetzentwurfes entspricht weitest- gehend dem Artikel 2 Abs. 2 des Staatsvertragsentwurfs. Darin ist zu erkennen, welche Regelungsabsichten bestehen. Nicht DDR-Recht soll zur Geltung gebracht werden, sondern DDR-Recht soll dem Staatsvertrag angepaßt werden. Ja. Ich hatte Ihnen doch schon gesagt, ich habe eine andere Auffassung. (Beifall, vor allem bei der CDU/DA-Fraktion) Sie haben das ja nur bekräftigt jetzt damit. Ehe dieser Vertragsentwurf im Parlament diskutiert wird, sollen wesentliche Inhalte des Staatsvertrages bereits zum Bestandteil unserer Rechtsordnung erhoben werden. Meine Damen und Herren! Damit wird dieses erste, frei gewählte Parlament der DDR in seiner Stellung, die es auf Grund des Wählervotums einnehmen sollte, deutlich beschnitten. (Beifall bei der PDS-Fraktion) Der Artikel 1 Abs. 2 dieser Vorlage - aber, meine Herren, seien Sie doch mai ein bißchen charmanter - enthält eine Generalklausel, wonach jegliche Rechtsvorschriften der DDR im Sinne des Artikels 1 Abs. 1 auszulegen und anzuwenden sind. Das sind die Grundsätze, die im Artikel 2 des Staatsvertragsentwurfs stehen. Dieser Artikel drückt es bloß deutlicher aus. In der Präambel des uns vorliegenden Gesetzentwurfes heißt es, daß die vorgesehenen Verfassungsgrundsätze den entgegei stehenden Grundsätzen der noch bestehenden Verfassung vor ' gehen. Um welche Grundsätze der bestehenden Verfassung es sich handelt, erfährt der Leser nicht. Es ist schwer, von der Logik her zu begreifen, wieso eine Verfassung um Grundsätze ergänzt wird, die entgegenstehenden Grundsätzen der Verfassung Vorgehen soll. Entgegenstehende Grundsätze sind nach meinem bescheidenen Verständnis ebenfalls von der Logik her doch aufzuheben. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage? (Frau Stolfa: Ja bitte.) Lindenlaub (DSU): Frau Abgeordnete! Sind Sie angetreten, die DDR zu konsolidieren, oder wollen wir ein gemeinsames Deutschland haben? Frau Stolfa (PDS): Aber nicht doch, Sie sollten meinen Ausführungen erst einmal zu Ende folgen. Dann könnten wir uns vielleicht darüber unterhalten. (Unruhe im Saal) Die Antwort wird in meiner Ausführung dargestellt. Der staunenden Öffentlichkeit wird angeboten, daß es künftig in unserer Republik zwei Typen von Verfassungsgrundsätzen geben soll, erstens diejenigen, die wir mit diesem Gesetz hier beschließen sollen, und zweitens solche, die es schon gibt und die diesen Grundsätzen entgegenstehen. Die sollen dann, weil sie entgegenstehen, durch dieses Gesetz ergänzt werden. Das begreife, wer will. Ich nicht. Lassen Sie mich noch auf einige Details eingehen. Von den im Gesetzentwurf vorgesehenen 7 Artikeln sind 4 Artikel direkt auf Aspekte der Wirtschaftsordnung bezogen. Das ist natürlich nicht zufällig und läßt die Zielrichtung des gesamten Entwurfs erkennen. Was meine ich damit? Artikel 2 akzentuiert das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Das gilt für die Industrie ebenso wie für die Land- 176;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der Aufgaben genutzt. Bei der Nutzung der Ordnungsstrafbestimmungen zur Bekämpfung von Handlungen feindlich-negativer Kräfte ist die Besonderheit zu beachten und die daraus erwachsenden Erfordernisse in der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von qualifizierten noch konsequenter bewährte Erfahrungen der operativen Arbeit im Staatssicherheit übernommen und schöpferisch auf die konkreten Bedingungen in den anzuwenden sind. Das betrifft auch die weitere Aufklärung und offensive Abwehr der Tätigkeit von Befragungsstellen imperialistischer Geheimdienste in der BRD. Ständig müssen wir über das System, den Inhalt, die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen Diensteinheiten zur Sicherung der Durchführung notwendiger Überprüfungs- und Beweisführungsmaßnahmen zu Zugeführten und ihren Handlungen; die Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden des Gegners in seinem feindlichen Vorgehen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der werden öffentlichkeitswirksam und mit angestrebter internationaler Wirkung entlarvt.

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