Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 176

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176); Volksvertretungen, in den demokratisch gewählten Volksvertretungen unseres Landes darf es keine Mitarbeiter einer Verbrecherorganisation wie der Stasi geben, weder solche, die Befehle ausführten, noch solche, die Befehle ausgegeben haben. (Beifall) Und wenn es denn stimmt, daß die Stasi, die sich als Schild und Schwert der Partei bezeichnete und von dieser einen Partei als Knüppel gegen das Volk mit viel Fleiß gebraucht wurde, eine Verbrecherorganisation war, dann ist derjenige, der diesen Knüppel benutzt hat, für mich zumindest auch ein Verbrecher. (Beifall) Und dieser Logik folgend, dürften wir sicherlich auch quer durch alle Fraktionen Konsens in diesem Haus erzielen können. Wir als Fraktion der CDU/DA sind dafür, daß sich jeder frei gewählte Volksvertreter auf eine eventuelle Mitgliedschaft in der Stasi überprüfen lassen kann, doch muß das in seiner freien und unabhängigen Entscheidung liegen. Zur Drucksache 17 a, die uns hier zur Entscheidung vorliegt, gibt es sicherlich viele Argumente, die dafür, aber auch einige sehr wesentliche, die dagegen sprechen. 1. Ein Beschluß der Volkskammer, die jedem Abgeordneten das Recht der Überprüfung einräumt, setzt jeden Volksvertreter gleichzeitig auch unter den Druck der Pflicht zur Überprüfung, weil er ja sonst eventuell etwas zu verbergen hätte. 2. Ein solcher Beschluß geht, wenn auch indirekt, vom alten zentralistischen Denkmodell des Befehlsempfangs von oben nach unten aus, weil „die da oben“ es ja besser wüßten, was „für die da unten“ das Beste sei. Und das kommt unserer Meinung nach einer Entmündigung der Volksvertretungen, die wir am 7. Mai gewählt haben, gleich. (Heiterkeit - Beifall, vor allem bei CDU/DA) Denn es gibt ja wohl keine rechtlichen Hindernisse für die Abgeordneten, ihre Überprüfung auch jetzt gerichtlich anzustreben. 3. Ein solcher Beschluß würde den unerträglichen Zustand schaffen, daß Mitarbeiter und Befehlsgeber dieser Organisation Stasi, die über sich selbst doch wohl keine Akten angelegt haben, auf kaltem Wege entstasiiert würden, so auch unserer Meinung nach 1. Kreissekretäre, 1. Bezirkssekretäre, vor deren Schreibtischen die Einsatzberatungen eben dieser Organisationen stattgefunden hatten (Beifall bei CDU/DA, vereinzelt bei SPD) und auf deren Schreibtischen die Akten der Opfer vorgelegt wurden. 4. Ein solcher Beschluß würde das Übel nicht an der Wurzel packen, sondern wieder nur an den Symptomen kurieren und letztendlich eine umfassende Entstasiierung und End-SED-isierung in unserem Lande verhindern. (Beifall, vor allem bei CDU/DA) Ich weiß mich da einig mit vielen meiner Freunde, ehemaligen Genossen der SED, die ehrlich gearbeitet haben und die genauso wie viele und eigentlich alle Menschen unseres Landes hinter Mauer und Stacheldraht wie Verbrecher gehalten worden sind. Durch den vorliegenden Beschlußentwurf werden wesentliche Momente des Datenschutzes und des Schutzes von Persönlichkeitsrechten nicht gewährleistet, und es wird der Rechtsgrundsatz, daß dem Beschuldigten die Schuld nachzuweisen ist, nicht eingehalten. Deswegen stelle ich im Aufträge der Fraktion der CDU/DA hier fest: Wir stimmen mit dem Anliegen des Antrages grund- sätzlich überein. Wir sehen aber in der vorliegenden Drucksache das Ziel dieses Anliegens gefährdet, und wir sind deswegen dafür, diese Drucksache zur weiteren Bearbeitung an die entsprechenden Ausschüsse zu überweisen. - Danke. (Beifall, vor allem bei CDU/DA und SPD) Stellvertreterin der Präsidentin Dr. Niederkirchner: Vielen Dank, meine Herren. Damen haben ja nicht gesprochen. - Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, es gibt eine Anfrage. Nehmen Sie, Herr Böck, die Anfrage an? Platzeck (Bündnis 90/Grüne): Herr Böck, wären Sie bereit, ganz kurz zu erklären, welche Möglichkeit es im Moment für einen Volksvertreter gibt, sich überprüfen zu lassen? Die Regelung, die bestand, ist außer Kraft gesetzt, eine weitere ist mir nicht bekannt. Böck (CDU): Ich kann mir nicht vorstellen, daß, wenn eine Volksvertretung - sei es im Kreis oder in einer Gemeinde - für sich den Beschluß faßt, eine solche Überprüfung vollziehen zu lassen - wenn es notwendig ist, wenn also jemand dort beschuldigt wird, wird er das auf gerichtlichem Wege durchsetzen können. (Wie kann er das? Auf welchem Wege?) Im übrigen würde das auch wieder für alle Bürger zutreffei müssen, und es müßte dafür eine entsprechende Regelung bei-' spielsweise im Rechtsausschuß gefunden werden, wo dieser Antrag noch einmal zu bearbeiten ist. Stellvertreterin der Präsidentin Dr. Niederkirchner: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Eine Anfrage? - Eine Wortmeldung. Eigentlich sind Wortmeldungen jetzt dazwischen laut Geschäftsordnung nicht geplant. Es sind nur Zwischenfragen laut Geschäftsordnung zugelassen. - Eine Zwischenfrage? Herr Böck, nehmen Sie die an? Wenn es eine Zwischenfrage ist, nimmt Herr Böck sie an. Herr Reich bitte. Prof. Dr. Reich (Bündnis 90/Grüne): Es geht doch nicht nur um strafrechtlich relevante Dinge. Ob jemand gesellschaftlicher Mitarbeiter gewesen ist oder nicht, ist doch nicht eine Sache, die strafrechtlich zu verfolgen ist. Die Beiträge tun immer so, als ob es um strafrechtliche Schuld ginge und als ob man das über ein Gericht entsprechend verfolgen kann. Es ist ein Antrag, in die Akten einzusehen. Ich frage Sie wirklich: Sehen Sie das nicht, daß es auch unterhalb des Strafrechts (Unruhe im Saal) Böck (CDU): Ich sehe das nicht. (Heiterkeit, vereinzelt Beifall) Stellvertreterin der Präsidentin Dr. Niederkirchner: Ich möchte damit die Aussprache beenden. Es liegt eine Empfehlung seitens des Präsidiums vor, diesen Antrag - verzeichnet in der Drucksache 17 a - an den Innenausschuß zu überweisen. Gibt es dazu Meinungsäußerungen? - Zur Geschäftsordnung bitte! Schmiele (DSU): Ich bitte, den Antrag auch an den Rechtsausschuß zu überweisen - wegen der Kompliziertheit der Lage. Stellvertreterin der Präsidentin Dr. Niederkirchner: Also es gibt den zusätzlichen Antrag, ihn außerdem an den Rechtsausschuß zu überweisen. Gibt es weitere Meldungen? -Hier gibt es also einen Zusatzantrag. Es wäre die Frage, darüber abzustimmen, zuerst, ob wir diesen Antrag auch an den Rechtsausschuß überweisen. Ich bitte, wer dafür ist, daß dieser Antrag in der eben gestellten Form angenommen wird, um das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Die 176;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 176 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 176)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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