Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1742

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1742 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1742); An dieser Stelle möchte ich mein Unverständnis darüber äußern und fragen, weshalb der Ministerpräsident trotz meiner mehrfachen Bitte den DSU-Staatssekretär Dr. Tiesler nicht hat abberufen lassen, nachdem dieser der Erklärung der Volkskammer zur polnischen Grenze seine Zustimmung verweigert hat. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Ich war der Meinung, er dürfe Außenpolitik der DDR nicht mehr repräsentieren. Jetzt soll er, wie man hört, nach dem 3. Oktober auch noch Bundesminister werden. Ich halte das für ausgesprochen bedenklich. (Unruhe im Saal und nicht zu verstehende Zurufe) Gleichzeitig mit dem Grenzvertrag sollte begonnen werden, den allgemeinen Grundlagenvertrag mit Polen auszuarbeiten, so wie es mit der Sowjetunion geschehen ist. In diesem Zusammenhang habe ich mit Herrn Skubischewski gesprochen und bei Herrn Genscher angeregt, gemeinsam mit den Partnern in der Europäischen Gemeinschaft zu prüfen, ob nicht entlang der polnisch-deutschen Grenze ein Kleiner Grenzverkehr eingerichtet werden kann, insbesondere im Umkreis der Städte Scec-zin, Schwedt, Frankfurt, Guben, Forst und Görlitz. (Vereinzelt Beifall) Dies wäre nicht nur ein wichtiges Symbol, sondern auch ein nicht unbedeutender Faktor im Zusammenleben zwischen Deutschen und Polen. Es wäre ein Schritt dahin - und dies sollte unser Ziel sein -, daß diese Grenze einen ähnlichen Charakter erhält wie die deutsch-französische Grenze. Die CSFR und Ungarn sind von der deutschen Vereinigung ökonomisch ebenfalls schwer betroffen und brauchen einen Vertrag über die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dies ist bisher zuwenig im Blick. Es ist zu begrüßen, daß die Arbeit an den Verträgen mit der Sowjetunion so zügig vorankommt. Der erste liegt auf dem Tisch und ist unterzeichnet. Er wird eine wichtige Grundlage sein für die Entwicklung der friedlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Sowjetunion. Die sowjetischen Truppen werden deutschen Boden bis Ende 1994 verlassen. Doch dafür ist noch viel zu klären, nicht nur die konkreten Fragen des Abzugs und seiner sozialen Verträglichkeit für die Sowjetunion, sondern auch die Fragen der Behebung und Verhinderung ökologischer Schäden wie überhaupt der konkreten Bedingungen des Aufenthaltet bis Ende 1994. Es ist schon merkwürdig, zu sehen, wie hier an den Betroffenen und Verantwortlichen in der DDR vorbei verhandelt wurde, d. h. ohne die nötige Kompetenz. Das heißt, es muß sichergestellt werden, daß künftig die Regierung (Unerhört! bei CDU/DA und DSU) der fünf ostdeutschen Länder und ihre Kommunen sowie das vorhandene Expertenwissen in die Regelungen einbezogen werden. Die schwierigen Fragen brauchen klare, aber auch auf menschlichem Verständnis beruhende Lösungen. Die deutsche Vereinigung bot die Chance zu wichtigen Fragen und Schritten der Abrüstung. Hier ist Wesentliches zu erreichen. Anders, als mir noch im Juli entgegengehalten, wurde es nicht als Akt gefährlicher Singularisierung, sondern als wegweisender und Vertrauen schaffender Schritt verstanden, daß die beiden deutschen Staaten diese ihre Absicht verpflichtend erklärten, die deutschen Streitkräfte um fast die Hälfte zu reduzieren. Deutschland verzichtet auch künftig auf ABC-Waffen. Auf dem Gebiet der fünf ostdeutschen Länder werden nach dem Abzug der sowjetischen Truppen keine solchen Waffen stationiert. Dies ist ein wichtiger Erfolg und stellt uns vor die Herausforderung, dies künftig für ganz Deutschland zu erreichen. Der deutsche Vereinigungsprozeß ging zu schnell, als daß es möglich gewesen wäre, mit der Beendigung der Blockkonfrontation schon im Zusammenhang mit der Einigung Deutschlands neue gesamteuropäische Sicherheitsstrukturen zu beginnen. (Starke Unruhe und Protest bei CDU/DA und DSU) Künftig sollte hierfür alles getan werden; denn Europa soll wissen: Deutschland wird in diesem Prozeß ein aktiver, Vertrauen erweckender und verläßlicher Partner sein. - Ich danke Ihnen, besonders Ihnen, die Sie geklopft haben. (Beifall bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Meine Damen und Herren! Ich schließe damit die Aussprache. Eine Abstimmung dazu ist nicht erforderlich. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Beschlußempfehlung des Ausschusses Deutsche Einheit Gesetz zum Vertrag zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (2. Lesung) (Drucksache Nr. 217 a und Anlagen) Ich bitte die Vorsitzende des Ausschusses Deutsche Einheit, Frau Abgeordnete Dr. Bergmann-Pohl, diese Beschlußvorlage zu begründen. Frau Dr. Bergmann-Pohl, Berichterstatter des Ausschusses Deutsche Einheit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten dieses Hohen Hauses wurden am 18. März mit dem Auftrag gewählt, die deutsche Einheit herbeizuführen. Seit diesem Tag hat das erste frei gewählte Parlament im Osten Deutschlands eine sehr umfangreiche und auch sehr komplizierte Arbeit bewältigt. Mit einer in der Parlamentsgeschichte wohl seltenen Vielzahl von Gesetzen und Entscheidungen wurde der rechtliche Rahmen dafür geschaffen, die Teilung Deutschlands in historisch sehr kurzer Frist zu überwinden und die Weichen für ein Zusammenwachsen beider Teile unseres Vaterlandes zu stellen. Jeder von Ihnen mag nachvollziehen, wie schwierig dieser Auftrag war und ist. Jeder von uns wird sich vorstellen können, welch kühne Entscheidungen und welch unermeßliche Kleinarbeit auch künftig erforderlich sein werden, um zwei vierzig Jahre lang voneinander getrennte und in einander feindlich gegenüberstehende Paktsysteme eingebundene Teile unseres Volkes, die zudem völlig unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Konzeptionen folgten, zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzuführen. Ein erster entscheidender Schritt zur Herbeiführung der deutschen Einigung war die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokrat.' sehen Republik und der Bundesrepublik Deutschland zum 1. Juli" des Jahres. Wir haben in unserem Hohen Hause leidenschaftlich um diesen Schritt gestritten. Heute ist es wohl für die große Mehrheit unserer Bevölkerung schon fast eine Selbstverständlichkeit, sich mit Reisefreiheit und Deutscher Mark ein eigenes Bild vom Leben anderer Völker machen zu können. Dabei übersehen wir nicht die enormen Probleme, die die Wirtschaft der DDR und das tägliche Leben unserer Menschen noch belasten. Der Ausschuß Deutsche Einheit hat der Volkskammer am 8. August empfohlen, vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland entsprechend Artikel 23 des Grundgesetzes den Einigungsvertrag abzuschließen und zu ratifizieren, die äußeren Aspekte der deutschen Einheit abschließend gesichert zu wissen und die Bildung der Länder mit rechtlichen und praktischen Maßnahmen auf den Weg gebracht zu haben. Dies ist geschehen. Wie das Hohe Haus am 23. August beschlossen hat, wird die DDR mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 dem Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 beitreten. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache Nr. 217 a legt Ihnen der Ausschuß Deutsche Einheit heute die 1742;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1742 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1742) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1742 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1742)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. In unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstalt seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. In unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen des Feindes gegen die territoriale Integrität der die staatliche Sicherheit im Grenzgebiet sowie im grenznahen Hinterland. - Gestaltung einer wirksamen politisch-operativen Arbeit in der Deutschen Volksjjolizei und den anderen Organen dos MdI, um gegnerische irkungsmöglichkeiten zur Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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