Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 172

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 172 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 172); Frau Kayser (CDU/DA): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Der vorliegende Gesetzentwurf bringt uns noch nicht die von uns angestrebte und für dringend erforderlich gehaltene Verwaltungsgerichtsbarkeit. Wir brauchen eine bürgernahe Verwaltung und eine umfassende Verwaltungsgerichtsbarkeit. Mit der Beratung der Kommunalverfassung und dem vorliegenden Gesetz gehen wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Bei aller Unvollkommenheit, die dem vorliegenden Gesetzentwurf noch anhaftet - in der Begründung durch den Minister für Justiz ist dies deutlich geworden sehen wir vor allem das Ziel, zu gewährleisten, daß künftig jede Verwaltungsentscheidung den Anforderungen nach Gewährleistung wirklicher Rechtssicherheit und Gesetzlichkeit genügt. Diese Anforderungen erhalten durch die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion der beiden deutschen Staaten eine neue Dimension. Wir bedauern zwar, daß nach wie vor das Enumerationsprinzip beibehalten worden ist, begrüßen aber die wesentliche Erweiterung der Verwaltungsentscheidungen, die künftig von den Gerichten nachgeprüft werden können, ebenso die Tatsache, daß jetzt auch juristische Personen sowie nicht rechtsfähige Vereinigungen sie betreffende Verwaltungsentscheidungen durch die Gerichte von ihrer Rechtmäßigkeit nachprüfen lassen können. Wichtig ist uns auch, daß nunmehr ein ordentliches Klageverfahren zwischen den Verfahrensbeteiligten Platz greift und für dieses Verfahren auch eine Berufungsinstanz eingeführt wird. Wir verstehen, wenn hier darauf hingewiesen wurde, daß unter den gegenwärtigen Bedingungen eine umfassende eigenständige Verwaltungsgerichtsbarkeit binnen kürzester Frist nicht etabliert werden kann. Auch das gehört zur Erblast des demokratischen Zentralismus, meine Damen und Herren. Die damit gesetzten Grenzen, von denen man hier gesprochen hat, müssen jedoch sehr bald gesprengt werden, und das wohl überlegte Schrittmaß darf nicht eine Verlangsamung dieses unerläßlich notwendigen Entwicklungsprozesses auf dem Gebiet der Rechtssicherheit sein. Parallel zur Anwendung dieses Gesetzes sollten alle notwendigen Vorbereitungen getroffen werden, damit im Zuge der Länderbildung wirklich eine umfassende Verwaltungsgerichtsbarkeit Realität wird. Wir sind sehr dafür, die guten Erfahrungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Bundesrepublik für uns nutzbar zu machen. Vor allem halten wir es angesichts der personellen Besetzung unserer Verwaltungen für dringend geboten, die immer noch sehr weitgefaßten Ermessensspielräume der Entscheidungsbefugten abzubauen. Es ist unsere Auffassung, daß künftig auch die Verwaltungsvorschriften konkreter und eindeutiger abgefaßt werden müssen. Und der notwendige Ermessensspielraum darf nicht länger willkürlich gehandhabt werden und so das Vertrauen der Bürger zu den Verwaltungsorganen des neuen Staates untergraben. Die Fraktion CDU/DA stimmt diesem Entwurf in seinen Grundzügen zu. (Beifall, vor allem von CDU/DA) Stellvertreterin derPräsidentinDr. Niederkirchner: Danke, Frau Abgeordnete Kayser. Die Aussprache zur 1. Lesung des Gesetzentwurfs, verzeichnet in Drucksache Nr. 15, ist damit beendet. Das Präsidium empfiehlt, den Antrag des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik - die Neufassung des Gesetzes über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen - an den Rechtsausschuß zu überweisen. Gibt es dazu Meinungsäußerungen? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen also zur Abstimmung. Wer mit der Überweisung der Drucksache Nr. 15 an den Rechtsausschuß einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? -Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Danke. Es wird entsprechend verfahren, und ich freue mich, daß es diesmal so gut geklappt hat. Gemäß § 28 unserer vorläufigen Geschäftsordnung bittet das Präsidium den Ausschuß für Verfassungs- und Verwaltungsre- form, die Drucksachen Nr. 14 und 16 und den Rechtsausschuß, die Drucksache Nr. 15 bis zur 7. Sitzung der Volkskammer zu bearbeiten und jeweils einen Beschlußentwurf der Kammer vorzulegen. Wir kommen nun zum Tagungsordnungspunkt 5: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne: Überprüfung der örtlichen Volksvertretungen auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit dem ehemaligen MfS/ AfNS (Drucksache Nr. 17 a) Dazu liegt Ihnen der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne in der Fassung der Drucksache Nr. 17 a vor. Die Drucksache Nr. 17 ist damit gegenstandslos. Die Begründung der Drucksache Nr. 17 a erfolgt nunmehr durch den Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Grüne, den Abgeordneten Joachim Gauck. Gauck (Bündnis 90/Grüne): Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie um Verständnis, daß ich die Drucksache für unsere Zuhörer und Zuschauer noch einmal vorlese. Sie ist so kurz, und ich strapaziere Sie damit nicht über Gebühr. Es heißt dort: „Alle Abgeordneten der gewählten Volksvertretungen der Deutschen Demokratischen Republik haben das Recht, sich von einem befugten und zur Geheimhaltung verpflichteter Gremium, das von der entsprechenden gewählten Volksver-- tretung legitimiert worden ist, auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit dem ehemaligen MfS/AfNS überprüfen zu lassen, um entsprechend dem Volkskammerbeschluß vom 12.4. 1990 auszuschließen, daß sie als hauptamtliche oder informelle Mitarbeiter aufgrund einer Verpflichtungserklärung oder gegen Geld zum Nachteil von Mitbürgern tätig waren.“ In der Begründung heißt es: „Die Kandidaten sämtlicher Parteien und Bürgerbewegungen aus den Bezirken haben den Wunsch auf Überprüfung zum Ausdruck gebracht. Zahlreiche Unterschriftensammlungen und sonstige Willensbekundungen, unter anderem von der Wahlkommission des Bezirkes Rostock, die eine Überprüfung forderten, liegen vor. Es muß nun garantiert sein, daß die Abgeordneten aller gewählten Volksvertretungen in unserem Land das gleiche Recht haben. Mit der Überprüfung der Volkskammerabgeordneten ist hier ein Präzedenzfall geschaffen worden.“ Der vorliegende Beschlußantrag, meine Damen und Herren, ermöglicht für ein umfassendes gesellschaftliches Problem einen weiteren Aufarbeitungsschritt. Er fixiert einen Rechtsan spruch der Abgeordneten auf Überprüfung durch ein legitimiertes Organ. Im Vorfeld der Kommunalwahlen haben - wie wir gehört haben - unzählige Kandidaten aller Parteien und Bewegungen, zahlreiche Bürgerinitiativen, ganze Betriebe aus allen Teilen des Landes lebhaft eine Überprüfung in den ehemaligen Bezirksämtern gefordert. Diese kam nicht zustande, da der Innenminister die Rechtsstaatlichkeit der derzeitig möglichen Überprüfungspraxis nicht gewährleistet sah. Ich möchte am Rande anmerken, daß hier unter Umständen auch ein anderer Rechtsstandpunkt möglich war. Das mag die Tatsache zeigen, daß sich der Innenminister zur Zeit mit einer Strafanzeige konfrontiert sieht, die ihn der Überschreitung seiner Amtsbefugnisse bezichtigt, da er in Rostock die geordnete und von allen verantwortlichen Gremien geforderte Überprüfung der Kandidaten unterbinden ließ. Das kann uns nun nicht gleichgültig sein. Wir können uns darüber nicht freuen, daß ein Minister dieses Hauses und Mitglieder einer Bürgerbewegung, die wie er das gleiche Ziel haben, die Reste der Staatssicherheit aufzuarbeiten und zu eliminieren, so miteinander in einen Konflikt geraten. Und daher bietet nun der vorliegende Antrag eine Rechtsgrundlage, ohne bereits ein ganzes Rechtsgebäude zu errichten. 172;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 172 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 172) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 172 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 172)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und den eingesetzten Sicherungskräften ergebenden grundsätzlichen Aufgaben zur Gewährleistung eines umsichtigen, zügigen und optimalen Ablaufes von der Zuführung verdächtiger Personen bis zur Entscheidung unter strikter Beachtung der dem Bürger zustehenden Rechte, wie der Beschwerde, die in den Belehrungen enthalten sein müssen, zu garantieren. Diese Forderungen erwachsen aus der sozialistischen Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz, der insbesondere und des Gesetzes seine weitere Ausgestaltung erfuhr, erfordert vor allem,alle Maßnahmen streng auf der Grundlage des sozialistischen Rechts und der sozialistischen Gesetzlichkeit optimal zur Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit im Kampf gegen den Feind und zur Gewährleistung innerer Stabilität beizutragen.

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