Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 169

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 169 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 169); die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit oder das Recht auf Vereinigung. Gerichtlich nachprüfbar sollen auch die Verwaltungsentscheidungen sein, die die Berufsausübung betreffen. Hervorhebenswert erscheint mir schließlich auch die gerichtliche Nachprüfbarkeit aller Ordnungsstrafentscheidungen. Es ist zur Zeit noch nicht möglich, die ganze Breite verwaltungsrechtlicher Entscheidungen der gerichtlichen Nachprüfung zugänglich zu machen. Manche Bereiche sind im Gesetzentwurf noch ausgespart, z. B. Gesundheitswesen und auch große Teile des Bildungswesens. Unter den gegebenen Bedingungen kann eine umfassende eigenständige Verwaltungsgerichtsbarkeit binnen kürzester Zeit nicht etabliert werden. Das Erbe auf dem Gebiet des Rechts und des Gerichtswesens setzt und gebietet ein wohl überlegtes Schrittmaß, will man dieses Ziel ohne zu große Komplikationen erreichen. Der Gesetzentwurf ist ein notwendiger Schritt, um später eine Generalklausel zur Gewährleistung des gerichtlichen Rechtsschutzes bei allen Verwaltungshandlungen einführen zu können. Dazu gehört auch, daß in Zukunft Verwaltungs-, Finanz-und Sozialgerichte als selbständige Gerichtsbarkeiten geschaffen werden. Mit dem Gesetz sollen auf diesen Gebieten - übereinstimmend mit der Regierungserklärung - zunächst im Rahmen des beste- /lenden Gerichtssystems gesonderte Spruchkörper gebildet werden, wobei eine bestimmte örtliche Konzentration und Spezialisierung erfolgen soll. Nach der Länderbildung in der DDR können dann unter Auswertung der bis dahin gesammelten Erfahrungen weitere Schritte zur Herausbildung der genannten selbständigen Gerichtsbarkeiten getan werden. Als ungenügend hat sich auch die Art des im noch geltenden Gesetz vorgesehenen gerichtlichen Verfahrens erwiesen. Die bisherige Regelung ging von einem konfrontationslosen, nicht streitigen Verfahren aus und ließ auch kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Kreisgerichts zu. Damit sollten die Interessengegensätze zwischen Staat und Bürger verschleiert, die Behörden aus dem gerichtlichen Nachprüfungsverfahren herausgehalten und der Rechtsweg beschränkt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht nunmehr ein ordentliches Klageverfahren vor, d. h., Bürger, bzw. juristische Personen einerseits und Verwaltungsbehörden andererseits treten sich als Pozeßparteien gegenüber. Mit der Einführung einer Berufungsinstanz auch für diese Verfahren wird der angestrebte Rechtsschutz weiter ausgebaut. Der Gesetzentwurf verweist -soweit er nicht spezifische Verfahrungsregelungen enthält - auf bewährte zivilprozessuale Rechtsvorschriften, so daß die Ver-'ahrensdurchführung nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ge-währleistet wird. Das betrifft insbesondere die Mündlichkeit und Öffentlichkeit der Verhandlung, die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten unter Mitwirkung der Beteiligten im Verfahren oder das Recht auf Akteneinsicht und Vertretung. Über die bisherige Regelung weit hinausgehend, wurde die Zulässigkeit der abschließenden Sachentscheidung durch die Gerichte grundlegend neu gestaltet, die Gerichte können bei vorliegender Voraussetzung ohne Einschränkung in der Sache selbst entscheiden oder aber die Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde aussprechen. In diesen Fällen ist die Behörde an die Rechtsauffassung des Gerichts gebunden. Damit kann einer willkürlichen Nutzung des auf der Grundlage noch geltender Rechtsvorschriften bestehenden breiten Ermessens Einhalt geboten werden. Es fehlen noch wichtige rechtliche Voraussetzungen und Anschlußstücke, um spezielle Rechtsvorschriften für die besonderen gerichtlichen Verfahren ausarbeiten und einführen zu können, wie sie unter anderem als Verwaltungsgerichtsordnung, Finanzgerichtsordnung oder als Sozialgerichtsgesetz in der BRD bestehen. Der Gesetzentwurf sieht aber eine sowohl für die Richter als auch für die Rechtsuchenden handhabbare Übergangsregelung vor. Bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfes wurde versucht, Erfahrungen der allgemeinen und speziellen Verwaltungsgerichtsbarkeit der BRD nutzbar zu machen. Dem waren unter anderem Beratungen mit dem Präsidenten und den Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichtes dienlich. Verehrte Abgeordnete! Dieser Gesetzentwurf ist ein deutlicher und wichtiger Schritt auf dem Wege der Durchsetzung des Gewaltenteilungsprinzips, hier der Rechtskontrolle der Jurisdiktion über die Exekutive und Verwaltung im Interesse der Bürger und der juristischen Personen. Mit dem Gesetz werden wir unzweifelhaft auch ein höheres Maß an rechtsstaatlicher Transparenz der Verwaltungstätigkeit erreichen. Ich bitte im Aufträge der Regierung um Ihre Zustimmung. Stellvertreterin der Präsidentin Dr. Niederkirchner: Ich möchte Herrn Minister Wünsche für seine Ausführungen danken. Die Fraktionen haben nun die Möglichkeit zur Stellungnahme. Es ist eine Redezeit von jeweils 5 Minuten für jede Fraktion vereinbart. Das Präsidium schlägt vor, daß dieses Mal die Fraktion der DBD/DFD mit der Aussprache beginnt. Es folgen die Fraktionen Bündnis 90/Grüne, Die Liberalen, DSU, PDS, SPD und CDU/DA. Ich bitte nun den Abgeordneten Dr. Hans Watzek von der Fraktion DBD/DFD, das Wort zu nehmen. Dr. Watzek (DBD/DFD): Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Die Fraktion der DBD/DFD schätzt den vorliegenden Entwurf des Gesetzes zur Neufassung des Gesetzes über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen als einen Schritt zum Ausbau der Rechtssicherheit für Bürger, Betriebe, Genossenschaften und Einrichtungen ein. Das insbesondere unter dem Aspekt umfangreicher und neuer rechtlicher Regelungen, die mit der Währungs- und Wirtschaftsunion sowie mit der Sozialunion der beiden deutschen Staaten und mit dem Übergang zur sozial und ökologisch orientierten Marktwirtschaft notwendig sind und wirksam gemacht werden müssen, gesetzliche Regelungen, die sehr stark das Leben der Bürger und die Entwicklung und Arbeit juristischer Personen und rechtsfähiger Vereinigungen beeinflussen werden. Dabei ist davon auszugehen, daß diese Entwicklung neue und höhere Anforderungen an die Entscheidungen der Verwaltungsorgane stellt, gegen die der Bürger und auch juristische Personen unbedingt das Recht der gerichtlichen Nachprüfung erhalten müssen. Aus dieser Sicht halten wir allerdings die Eingrenzung der Zulässigkeit des Gerichtsweges auf die im § 2 aufgeführten Verwaltungsentscheidungen nicht für akzeptabel. Aus heutiger Sicht sind bereits Erweiterungen erforderlich, z. B. zu § 2 f, Steuer- und Abgabeentscheidungen nicht nur für Unternehmen - wie im Gesetzentwurf vorgesehen -, sondern auch für Büger, da zu erwarten ist, daß mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion neue und grundsätzlich veränderte steuerrechtliche Regelungen für die Bürger wirksam werden. Die darauf fußenden Verwaltungsentscheidungen müssen für die Bürger auch gerichtlich nachprüfbar sein. Ich verweise auch auf das aktuelle Problem der Ablehnung und des Widerrufs von Baugenehmigungen und damit verbundener Auflagen von Verwaltungsorganen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die notwendigen neuen Regelungen der nächsten Monate es nicht gestatten, heute schon endgültig darüber zu befinden, bei welchen Verwaltungsentscheidungen der Gerichtsweg zulässig ist. Neben der vom Minister angekündigten Generalklausel, die ich für richtig halte, wird es notwendig sein, in den nächsten Monaten ständig zu prüfen, welche auf Grund neuer gesetzlicher Regelungen zu treffende Verwaltungsentscheidungen in diese Möglichkeit der Überprüfung einbezogen werden können. In den §§ 5 und 13 ist die örtliche Zuständigkeit der Gerichte geregelt. Das ist notwendig und richtig. Es steht aber auch die 169;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 169 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 169) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 169 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 169)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirksverwaltungen zu planen und vorzubereiten. Die materielle Ergänzung. Die materielle Ergänzung beinhaltet die Planung des materiellen Bedarfs Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie er Erfordernissezur nachrichten-technischen Sicherstellung der politisch-operativen Führung zu planen. Maßnahmen des Schutzes vor Massenvernichtungsmittelri. Der Schutz vor Massenvernichtungsmitteln ist mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes, wenn dies unumgänglich ist. Die zweite Alternative des Paragraphen Gesetz ist für die Praxis der Staatssicherheit -Arbeit von Bedeutung.

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