Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 164

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 164 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 164); derung nach klarer Definition ihrer Aufgaben. Unser Minister Preiß machte bereits einige Ausführungen dazu, wie das im einzelnen zu geschehen hat. Und ich finde es sehr gut, daß da schon weitere Regelungen angedacht sind; denn wir müssen davon ausgehen, daß da so schnell wie möglich eine Entscheidung fallen muß. Die Anwendung des Artikels 5 aus dem Beschlußentwurf des Ministerrates sollte wirklich nur in unbedingten Notfällen erfolgen, da die Volkskammerabgeordneten mit der Wahrnehmung ihres eigentlichen Mandats bereits bis zur Grenze des Möglichen ausgelastet sind. Ausnahmen gibt es natürlich über-lal, wie z. B. die Abgeordnete Kozian der PDS, die neben ihrem Volkskammermandat noch Bürgermeister werden möchte. (Zuruf: Andere sind noch Minister.) Gleiches über die Auslastung wird natürlich für die am 6. Mai gewählten Volksvertreter gelten. Es ist eine Forderung der vollen Realisierung der Demokratie in der DDR, daß endlich die letzten alten Machtstrukturen beseitigt werden. (Beifall bei SPD, CDU/DA, DSU und Liberalen) und vor allem, daß die Bezirke endlich wieder handlungsfähig werden. Die Fraktion der Liberalen unterstützt den von Minister Preiß unterbreiteten Beschlußvorschlag und wendet sich gegen den Antrag der PDS. (Beifall bei Liberalen, bei CDU/DA, DSU und SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Vielen Dank dem Vertreter der Fraktion der Liberalen. Als nächster spricht für das Bündnis 90/Grüne der Abgeordnete Dr. Bernd Reichelt. Dr. Reichelt (Bündnis 90/Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegen zwei Anträge vor, die auf Veränderung innerhalb der Legislative der Bezirke drängen, Es wurde deutlich: Es besteht kein Vertrauen mehr in die Bezirkstage und besonders nicht in die Räte der Bezirke, die nicht selten ihre Macht auf wirtschaftlichem und strukturellem Gebiet mißbrauchen. Auch nach Ansicht meiner Fraktion sollten die Bezirkstage aufgelöst werden. (Beifall bei SPD, CDU/DA und DSU) Wir stimmen auch der Einsetzung von Regierungsbevollmächtigten zu, die die Bezirke in ihrem Bemühen der Sicherung der Regierbarkeit und der Bildung von Ländern unterstützen. Beides liegt im Staatsinteresse. Letzteres kann nur von einem übergeordneten Organ koordiniert werden. Die Modalitäten der Auswahl der Regierungsbevollmächtigten, die uns vorgelegt worden sind, sollten jedoch noch genauer fixiert werden - und das schriftlich. Die Bezirke sind jedoch - und das ist der Unterschied zu den Regierungsbezirken der Bundesrepublik - eigene Gebietskörperschaften. Sie sind es noch, und bis zur Länderbildung wird es so bleiben. Sie bedürfen deswegen auch einer Legislative, also eines eigenen gesetzgebenden Organs. Die Regierung würde dann als zentrale Gewalt zuviel Macht besitzen, die dann bis in die Kommunen heruntergeht. Die Bezirke haben ja noch Macht innerhalb der Kommunen. Dazu wäre bei komplizierten Entscheidungen ja dieses Gremium aus Volkskammerabgeordneten möglich. Unserer Meinung nach ist jede Entscheidung aus den Bezirken wichtig. Deswegen sind wir dafür, daß dieses Gremium aus Volkskammerabgeordneten des Bezirkes als Pseudolegislative eingesetzt wird. (Zuruf: Das ist wirklich Pseudolegislative.) Das hatte ich ja gesagt. Denn jede Entscheidung auf dieser Ebene ist gleichzeitig auch eine politische Entscheidung. Wir schlagen deshalb vor, das im Antrag der Regierung genannte Gremium aus Volkskammerabgeordneten sofort zu installieren. Dieses legislative Gremium würde dann jede Entscheidung treffen, die vorher der Bezirkstag getroffen hätte. Dazu gehören auch Festlegungen zu Rahmenbedingungen im Prozeß der Länderbildung. Dieses Gremium sollte auch prüfen, inwieweit die Runden Tische der Bezirke als Erfahrungsträger der bisherigen politischen Arbeit (Widerspruch und nicht zu verstehende Zurufe bei CDU/DA) und die Bürgerkomitees zur Auflösung der Staatssicherheit in die Arbeit einbezogen werden sollten. (Beifall, vor allem bei der PDS) Die Variante der PDS-Vertreter, den Kreistag und die Stadtverordnetenversammlung als amtierenden Bezirkstag einzusetzen, erscheint uns zwar demokratischer, ist aber aus verschiedenen Gründen schwer realisierbar. Einerseits ist es rechtlich schwer einzusehen, daß nicht die übergeordnete Legislative dieses Amt übernimmt, und andererseits ist der Vorschlag meiner Ansicht nach technisch schwer realisierbar auf Grund der zahlenmäßigen Stärke der zu entsendenden Bezirkstagsmitglieder und der Einzelinteressen wahrnehmenden Vertreter aus Stadtverordnetenversammlungen und Gemeinden. (Nicht zu verstehende Zwischenrufe von CDU/DA) Wir schlagen vor, daß die Regierung dieses Gremium au. Volkskammerabgeordneten gleichzeitig mit den Regierungsbevollmächtigten einsetzt. (Vereinzelt Beifall bei der PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön. Als letzter zu diesem Punkt spricht für die Fraktion der DBD/DFD der Abgeordnete Dr. Lutz Goepel. Dr. Goepel (DBD/DFD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! (Heiterkeit, da sich die Frau Präsidentin nicht im Saal befindet.) Ich fange noch einmal an. (Beifall) Sie sehen, man kann auch ein bissei Humor in das Haus tragen. (Beifall) Macht nichts, aber jetzt darf ich. Die Fraktion der DBD/DFD unterstützt den Antrag des Ministers, die Legislaturperiode der Bezirkstage am 31. Mai 1990 zu beenden. Wir sind der Auffassung, daß die Bezirkstage ihrer Legitimation verloren haben. Sie wurde bereits in Frage gestellt durch bekanntgewordene Wahlmanipulationen, und zum anderen sind seit langem die meisten Bezirkstage nicht mehr arbeitsfähig. Das würde nur die demokratische Ordnung bremsen bzw. verhindern. Versuche, die Bezirkstage neu zu beleben, halten wir - mit Verlaub gesagt - in der jetzigen Situation für Potemkin-sche Dörfer. Aus diesem Grunde möchte ich gleich an dieser Stelle sagen, daß unsere Fraktion den Antrag der PDS ablehnt. (Beifall bei DBD/DFD, CDU/DA und DSU) Was wir jetzt dringendst brauchen ist die schnellstmögliche Bildung von Ländern und die Wahl arbeitsfähiger Landtage. Natürlich - und darüber sind wir uns voll und ganz im klaren - kann dies nicht von heute auf morgen geschehen. Aber es bedarf einer gründlichen und zügigen Vorbereitung. Zur Sicherung der Regierbarkeit des Landes bis zur Länderbildung halten wir den Einsatz von Regierungsbevollmächtigten in den Bezirken für eine geeignete Notmaßnahme. In diesem Zusammenhang ergeben sich aber für uns einige Fragen. 164;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 164 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 164) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 164 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 164)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen-Linien und Diensteinheiten Entscheidungen vorzubereiten, wie diese Aufgaben und Probleme insgesamt einer zweckmäßigen Lösungzugeführt werden sollen, welche politisch-operativen Maßnahmen im einzelnen notwendig sind.

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