Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1596

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1596 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1596); Weiterhin ist in der „Frankfurter Allgemeinen“ am 4.9. auf Seite 2 bekanntgegeben worden, daß im Zusammenhang mit diesen Terrorismusuntersuchungen - es ist bedauerlich, daß der Innenminister fehlt - (Beifall) Akten übergeben worden sind, die von den Übergebern durchgefilzt und vorsortiert waren. So stand es in der „Frankfurter Allgemeinen“. Das ist doch ein sehr bedenklicher Umgang mit den Akten. Wenn so etwas stimmt, sehr geehrter Herr Minister, müßte der Minister, der dafür die Verantwortung trägt, den Hut nehmen. (Zurufe: Richtig!) (Beifall) In der DDR ist es zu einer nennenswerten Demaskierung und Entmachtung des Staatssicherheitsdienstes nur durch die Bürgerbewegung gekommen. Und gerade dieser Bürgerbewegung gegenüber, die ein wesentlicher Bestandteil unserer Revolution war, hätte die Regierung eine Verantwortung, hier auch das ihrige zu tun. Das ist nicht geschehen. (Beifall) Ich glaube, eine Regierung - und das wird ja immer wieder beschworen: die Revolution -, eine solche Regierung wie die unsere hätte vor dieser Revolution einen moralischen Anspruch zu erfüllen, diese Sachen anders zu behandeln als sie es gemacht hat. Ich zweifle nicht daran, daß der Staatssicherheitsdienst eine verbrecherische Organisation ist. (Beifall, vor allem bei SPD, CDU/DA, F.D.P und Bündnis 90/Grüne) Er hat sich nicht an Recht, auch nicht an DDR-Recht gehalten. Er hat kriminell gegen Bürger der DDR gearbeitet. Das Bedrückende - es kommt noch, bevor wir auseinandergehen, hier auf den Tisch Ergebnisse von Waldheim und dergleichen mehr. Das sind schwere Verbrechen. Und Mitarbeiter einer solchen verbrecherischen Organisation haben in demokratischen Verwaltungen oder Ministerien nichts, aber auch gar nichts zu suchen. (Beifall, vor allem bei SPD, CDU/DA F.D.P. und Bündnis 90/Grüne) Es bestehen überall noch die vielbeschriebenen Seilschaften -ehemalige Stasi- und Altlasten, und ich glaube, damit muß aufgeräumt werden - energisch. (Beifall) Und ich halte es einfach für eine Grundforderung, daß das bei den Bundestagsabgeordneten, die nach Bonn ziehen, abgeschlossen ist. Und ich bin auch der Ansicht, daß die Regierung, die diese Akten jetzt verwaltet, uns gegenüber verpflichtet ist, uns Einsicht zu geben, weil wir im öffentlichen Leben stehen und auch ein Recht haben, daß wir die Akte einmal sehen. Man weiß ja nicht, wer darin herum „vorsortiert“ - oder was da alles noch geschieht -, vorausgesetzt, daß das, was die „Frankfurter Allgemeine“ geschrieben hat, stimmt. Und das ist ja immerhin eine seriöse Zeitung. Ehemalige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes sind er-preßbar. Ich glaube, daß ich nicht zuviel sage, wenn ich Zweifel daran habe, daß sie loyal mit demokratischen Strukturen Zusammenarbeiten. Deswegen halte ich die Prüfung, so wie das in dem Antrag formuliert ist, für eine conditio sine qua non. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. H ö p p n e r: Es gibt zwei Anfragen. Möchten Sie darauf antworten? Frau Birthler (Bündnis 90/Grüne): Herr Opitz, meinen Sie nicht mit mir, daß von hier aus die Aufforderung an die Abgeordneten des Bundestages ergehen sollte, unsere Forderung zu unterstützen? Dr. Opitz (F.D.P.): Das würde ich sofort unterschreiben und hielte es für richtig, und ich glaube, wenn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages diese Fragen ernst nehmen, und die muß jeder Demokrat ernst nehmen, dann müssen sie das, was wir dazu gesagt haben, was wir dazu rüberbringen können, aufnehmen. Thietz (F.D.P.): Der Antrag, der vorliegt, ist recht global gefaßt. Würden Sie mir zustimmen, daß man hier wie folgt vielleicht konkretisieren könnte, bei diesem Personenkreis zu unterscheiden, einmal wer Informationen an den Staatssicherheitsdienst gegeben hat, zum zweiten, wer in anderer Weise für den Staatssicherheitsdienst tätig geworden ist, und zum dritten, wer direkt Weisungen an Organe der Staatssicherheit gegeben hat; (Beifall bei CDU/DA) zum zweiten würde ich fragen wollen, ob es gerechtfertigt wäre, hier vielleicht doch auch Unterschiede zu machen. Ich könnte mir vorstellen, daß man einen früheren Mitarbeiter, der vielleicht vor 10 Jahren oder irgendwann als Informant tätig war und sich dann aus eigener Einsicht aus diesem Verhältnis gelöst hat, anders beurteilen müßte, als jemanden, der bis zur Wende aktiv tätig war oder vielleicht noch darüber hinaus. Dr. Opitz (F.D.P.): Sehr geehrter Herr Kollege Thietz! Natürlich gibt es unterschiedliche Schwere, wie man mit dieser Instanz zusammengearbeitet hat, und ich denke, wenn diese Vorlage in die Ausschüsse oder in einen Ausschuß kommen wird, daß die Experten unter uns, die auf diesen Gebieten Bescheid wissen, diese entsprechenden Zufügungen machen. Ich bin da selber zu wenig sachkundig, ich konnte es nicht. Ich würde es natürlich auch für ein echtes Problem halten, wenn jemand sich selber vom Staatssicherheitsdienst getrennt hat, aber ich glaube, das ist sehr selten. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Noch eine Anfrage, Herr Abgeordneter Gysi. Dr. Gysi (PDS): Ich wollte nur darauf hinweisen, daß wir doch damals schon einen Beschluß gefaßt und da die Definition gefunden haben. Im Grunde genommen brauchte man nur auf diesen Beschluß Bezug zu nehmen, da damals breiter Konsens in der Kammer gefunden worden ist, (Dr. Opitz: Steter Tropfen höhlt den Stein.) nein, ich meine hinsichtlich der Kriterien. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Gestatten Sie zu dieser Sache hier eine Bemerkung, weil das Präsidium gestern genau über diesen Punkt beraten hat und auf 1596;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1596 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1596) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1596 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1596)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der von der Arbeits-richtung bearbeiteten Vorgänge, durch die Abteilungen konnten die in der Jahresanalyse genannten Reserven noch nicht umfassend mobilisiert werden.

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