Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 158

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 158 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 158); Gestatten Sie mir deshalb, Standpunkte und Vorschläge bzw. Ergänzungen zum vorliegenden Entwurf vorzutragen und davon auszugehen, daß wir den Vorschlag unterbreiten, die Bereitschaft der DDR zum Beitritt zur Europäischen Charta der Kommunalen Selbstverwaltung zu erklären und die dazu notwendigen Verhandlungen zu führen. Unsere Zustimmung findet es auch, daß im Entwurf des Kommunalverfassungsgesetzes der Status des Landkreises unter den Bedingungen des Übergangs zur kommunalen Selbstverwaltung bestimmt wird. Gerade die kleinen Gemeinden und Dörfer, wovon es in der DDR nicht wenige gibt, sind ohne die Vertretungsorgane der Kreise nicht in der Lage, bestimmte Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung wahrzunehmen. Wir unterstützen die im Gesetzentwurf vertretene Position, wonach die gewählten Volksvertretungen der Kommunen und der Kreise die obersten Willens- und Beschlußorgane der betreffenden Ebenen sind. Ich meine, daß gerade in der Kommunalpolitik, über enge Parteiinteressen hinweg, für das Bürgerwohl gearbeitet werden muß. Etwas zur staatsrechtlichen Stellung des Bürgermeisters: Für bedenklich halte ich es allerdings, daß lt. § 27 Abs. 3 im Entwurf dem Bürgermeister das Recht eingeräumt werden soll - ich zitiere „in Fällen äußerster Dringlichkeit anstelle der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses Entscheidungen in Angelegenheiten zu treffen, die in die ausschließliche Kompetenz der Gemeindevertretung gehören“. Unserer Auffassung nach sollten die Kriterien für Fälle äußerster Dringlichkeit unbedingt bestimmt und in das Gesetz aufgenommen werden. Angeregt wird, daß bei künftigen Kommunalwahlen die Wahl des Bürgermeisters und der Gemeindevertretung in durchaus getrennten Wahlgängen erfolgen könnte. Das heißt, der Bürgermeister sollte direkt von wahlberechtigten Bürgern gewählt werden. Eine entsprechende Festlegung sollte in das Kommunalverfassungsgesetz aufgenommen werden. Eine dominierende Stellung in der Gemeindeverwaltung und in analoger Weise in der Kreisverwaltung nehmen im Gesetzentwurf die Beigeordneten ein. Der 1. Beigeordnete soll der Stellvertreter des Bürgermeisters sein. Beigeordnete können Dezernate oder Ämter der Gemeinde- bzw. Kreisverwaltung leiten. Wir unterstützen es, daß auch bei der Wahl der Beigeordneten die Parteien und politischen Vereinigungen entsprechend ihrer Sitzanteile in der Volksvertretung durch Beschluß der Volkskammer bzw. ihres Präsidiums berücksichtigt werden. Eine solche Orientierung sollte bereits bei der Konstituierung der Volksvertretungen im Ergebnis der Kommunalwahlen vom 6. Mai 1990 angewendet werden. Die Finanzhoheit der Kommunen sowie der Kreise ist eine grundlegende Voraussetzung für den Übergang zur kommunalen Selbstverwaltung, beschränkt sich allerdings im vorliegenden Entwurf auf globale Aussagen und macht eine weitere zügige Arbeit am Gesetzentwurf erforderlich. Wir begrüßen es, daß solche in der DDR bewährten Formen der kommunalen Gemeinschaftsarbeit wie kommunale Verbände, Interessengemeinschaften und Kommunalverträge in den Entwurf des Kommunalverfassungsgesetzes Eingang gefunden haben. Ein Dreh- und Angelpunkt kommunaler Selbstverwaltung ist nach unserer Auffassung die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger. Dieses Erfordernis ist im Gesetzentwurf insgesamt noch nicht sehr gut enthalten. Insbesondere vermissen wir konkrete Festlegungen zur Tätigkeit von Bürgerkomitees und Bürgerinitiativen. Diese basisdemokratischen Foren wie die Runden Tische haben sich seit dem Herbst 1989 in vielen Kommunen und Kreisen bewährt. Sie sind zu einem Markenzeichen des Selbstbestimmungswillens des Volkes der DDR geworden. Warum im Kommunalverfassungsgesetz jetzt darauf verzichten! Wir haben seit November, vor der Wende und bei der Lösung der Probleme damit gute Erfahrungen gemacht. Ich wünsche mir, daß wir das so weiterführen. Das mitunter anzutreffende Argument, durch Bürgerkomitees, Bürgerinitiativen und Runde Tische würden die Rechte der gewählten Gemeindevertretungen bzw. Kreistage beschnitten, ist nicht zutreffend. Gerade durch die neuen Foren der unmittelbaren Demokratie wird es auch nach dem 6. Mai dieses Jahres weiterhin möglich sein, Entscheidungen zu grundlegenden Bürgerinteressen basisdemokratisch vorzubereiten, die Vorgänge im Rathaus und in den Gemeinderäten transparent zu machen und Minderheiten überparteilich eine Chance zu geben, ihre Interessen und Vorstellungen zum Zusammenleben in der Kommune zu artikulieren. Deshalb unser Vorschlag, die Verordnung des Ministerrates über die Tätigkeit von Bürgerkomitees und Bürgerinitiativen vom l.März 1990 - Gesetzblatt I Nr. 15 vom 12. März 1990 - vollinhaltlich als eigenständigen Paragraphen in das Kommunalverfassungsgesetz zu überführen. (Gegenrufe, vor allem von der CDU/DA) Ich würde sogar so weit gehen, daß wir dafür in den Kommunen auch Voraussetzungen schaffen, nicht nur die rechtliche Legitimation, sondern auch materielle und andere Bedingungen schaffen, damit sie arbeiten können. Wir begrüßen die Aufnahme von Bürgerantrag, Bürgerentscheidung und Bürgerbegehren in den Gesetzentwurf § 18. Kommunal bewegende Probleme können damit unter bestimmten Voraussetzungen auch das einer öffentlichen Erörterung und Entscheidung zugeführt werden, wenn die Gemeindevertretunr bzw. der Bürgermeister dies, aus welchen Gründen auch immei-. nicht befürwortet. Das im Gesetzentwurf angegebene Kriterium für die Stattgabe eines Bürgeranliegens erst dann, wenn es von mindestens 15 % der wahlberechtigten Bürger der Gemeinde unterzeichnet ist, ist offensichtlich zu hoch angesetzt. So genügen in Schleswig-Holstein bereits 5 % der jeweiligen Einwohner über 14 Jahre für einen Einwohnerantrag. Ich schließe mich hier meinen Vorrednern an. 10 % der wahlberechtigten Bürger reichen aus, um ein Bürgerbegehren durchzusetzen. Im Entwurf des Kommunalverfassungsgesetzes werden dafür mindestens 15 % der wahlberechtigten Bürger als notwendig erachtet. Eine Bemerkung zur demokratischen Selbstbestimmung in Ortsteilen und Gemeinden: Im Gesetzentwurf § 31 ist die Schaffung von Ortsteilverwaltungen vorgesehen. Wir begrüßen das, plädieren jedoch gleichzeitig dafür, in der künftigen Kommunalverfassung das Recht einzuräumen, daß auch in Ortsteilen durch die dort lebenden wahlberechtigten Bürger Vertretungsorgane demokratisch gewählt werden können. Eine solche Möglichkeit gibt es bereits heute in einigen BRD-Bundesländern. Grundsätzliche Bemerkungen sind unserer Auffassung nac? zu §46 des Gesetzentwurfs - „Erwerb und Verwaltung von Ver- waltungs- und Betriebsvermögen der Gemeinden“ - notwendig. In Ziffer 1 heißt es, daß die Gemeinde Vermögen nur erwerben soll, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. „Darüber hinaus vorhandenes Vermögen soll unter Beachtung des Prinzips der Gemeinnützigkeit an privatwirtschaftliche Unternehmen veräußert werden.“ Wir vertreten dazu den Standpunkt, daß kommunales Vermögen ein grundlegendes Element kommunaler Selbstbestimmung und für die Sicherung stabiler, von Jahr zu Jahr wachsender Einnahmen unerläßlich ist. Deshalb sind wir dagegen, daß bisher volkseigene Betriebe und Einrichtungen der Kommunalwirtschaft an private Unternehmen verkauft werden. Wir treten statt dessen dafür ein, diese Betriebe in Kommunaleigentum zu überführen. (Prof. Dr. Heuer, PDS: Sehr gut! - Heiterkeit) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Frau Abgeordnete, ich darf Sie noch einmal ermahnen, langsam zum Schluß zu kommen. Ihre Redezeit ist schon überschritten. 158;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 158 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 158) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 158 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 158)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des Erniittlungsverfahrens höchster politischer Nutzen angestrebt werden, was im Einzel-fall die Festlegung politisch kluger und wirksamer Maßnahmen zur Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung und wichtige Grundlage für eine wissenschaft-lich begründete Entscheidungsfindung bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Linie und sim Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deut sehen Volkspolizei und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher erfordert, an die Anordnung der Untersuchunoshaft hohe Anforderungen zu stellen.

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