Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1541

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1541 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1541); Thietz für die Fraktion der F.D.P.: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kurze Bemerkung sei dazu gestattet. Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, da ja unsere Debatte auch verfolgt wird, auch im Bundestag sicher verfolgt wird, mit welchem überwältigenden Abstimmungsergebnis dieses Gesetz hier in unserem Hause passiert hat. (Vereinzelt Beifall, vorwiegend bei CDU/DA, F.D.P. und SPD) Und damit hat die Volkskammer betont, daß sie diesem Gesetz eine ganz enorme grundsätzliche Bedeutung beimißt, und das müßte doch auch bei den Verhandlungen zum Einigungsvertrag eine wesentliche Rolle spielen. Wir haben uns in der Kammer immer bemüht - gerade wir von den Liberalen, die wir die Einheit immer zum frühestmöglichen Termin angestrebt haben -, alle gesetzlichen Bestimmungen, die bei uns passieren, auf die spätere Vereinigung zugeschnitten zu gestalten, und dieser Grundsatz hat auch bei der Erarbeitung dieses Gesetzes Pate gestanden. Wir haben bei den Dingen, bei denen wir hier in der DDR ganz spezifische Bedingungen haben, dann eine entsprechende Anpassung an unsere Bedingungen vornehmen müssen, und wir bitten um Verständnis, daß das dann den traditionellen Vorstellungen des Datenschutzes in der Bundesrepublik ggf. etwas zuwiderläuft oder sich nicht voll Heckt. Wir bitten aber wirklich um Verständnis, daß wir hier in jT DDR mit dieser Altlast, wenn ich das so bezeichnen darf, die ja immer noch nicht vom Tisch ist, ganz spezifische Bedingungen haben, und wir bitten gleichfalls um das Vertrauen und Verständnis, daß wir - diejenigen, die hier stehen, die hier leben, die diese 40 Jahre mitgemacht haben - die Situation doch besser einschätzen können als andere von Bonn aus, und aus dem Grund möchten wir doch bitten, daß das im Einigungsvertrag unbedingt versucht wird durchzusetzen. - Ich bedanke mich. (Lebhafter Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Ich habe noch Wortmeldungen von der SPD, der Abgeordnete Jens Möller. Möller für die Fraktion der SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Vorgang muß uns heute beschäftigen, denn es ist fast eine Frage der Selbstachtung dieses Hohen Hauses, denn hier ist in nahezu einmaliger Weise der erklärte Wille des Parlamentes von der Regierung und er insbesondere vom Innenministerium mißachtet worden 'Tand flankierend dazu die Öffentlichkeit durch Desinformation über den Willen dieses Hauses getäuscht worden. (Beifall bei SPD und Bündnis 90/Grüne) Zur Erinnerung: Mitte Juli ist uns ein Entwurf des Ministerrates zum Umgang mit personenbezogenen Daten der Stasi vorgelegt worden. In mühevoller Kleinarbeit hat der Sonderausschuß zur Kontrolle der Auflösung des ehemaligen Ministeriums in der Sommerpause diesen Entwurf unter anderem durch Hinzuziehung von bundesdeutschen Datenschutzexperten soweit verbessert, daß volle Übereinstimmung der Abgeordneten aller Fraktionen erzielt worden ist. Bestimmte Vorschläge, die aus dem Hause Diestel kamen, wurden dabei von den Abgeordneten nicht angenommen. Das Gesetz wurde am vergangenen Freitag fast einstimmig verabschiedet. Anstatt nun den Willen der Abgeordneten zu respektieren und die Fortgeltung im Einigungsvertrag zu sichern, verfolgte der Innenminister eine andere Strategie. Er ließ kurzerhand gänzlich andere Regelungen in den Staatsvertrag hineinverhandeln, und diese andere Regelung ist skandalös. Eine Nutzung der personenbezogenen Daten zu dem Zwecke der politischen und historischen Aufarbeitung der Tätigkeit des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit, die wir - zur Erinnerung - am vergangenen Freitag gewährleisten und fördern wollten, darf nicht erfolgen. Statt dessen dürfen die Daten zu nachrichtendienstlichen Zwecken genutzt werden. Die Aufarbeitung der Geschichte, der totalitären Unrechtsorganisation Staatssicherheit, der Geschichte, aber auch der Verfilzung von Staatspartei und Staatssicherheit kann an Hand des Schriftgutes der ehemaligen Staatssicherheit jedenfalls nicht erfolgen. Vielleicht ist ja die PDS und Herr Gysi großzügiger als Herr Diestel und erlaubt eine wissenschaftliche Nutzung des alten SED-Archivs. Aber wie um diesem ungeheuerlichen Vorgang die Krone aufzusetzen, erklärte der Staatssekretär des Innenministers, Herr Dr. Stief, der staunenden Öffentlichkeit, der Sonderausschuß dieses Hauses sei mit der skandalösen Regelung einverstanden, obwohl es überhaupt keinen Kontakt mit ihm gab und das genaue Gegenteil wahr ist. Der Sonderausschuß ist vom Innenministerium der DDR noch einmal informiert worden, welche Regelung im Staatsvertrag vorgesehen ist. Zitat Dr. Stief von AFP: „Es ist einvernehmlich mit dem Ausschuß vereinbart. Es gibt also auch ein Einverständnis, zumindest eine Zustimmung“, wobei mir der Unterschied zwischen Einverständnis und Zustimmung nicht klar ist, das am Rande, „seitens des Sonderausschusses zu dieser Regelung des Einigungsvertrages.“ (Gestern im Berliner Pressezentrum) Ein Staatssekretär, der in so eklatanter Weise die Unwahrheit sagt, hat nach Meinung meiner Fraktion nicht mehr das Vertrauen des Parlamentes. (Beifall bei SPD und F.D.P.) Die politische Verantwortung freilich für den Gesamtvorgang trägt der Innenminister. Wir erwarten als SPD, daß der Innenminister sich zu seiner politischen Verantwortung bekennt und entweder den Willen des Parlaments durchzusetzen versucht oder zurücktritt. (Beifall bei SPD und F.D.P.) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster von der Fraktion CDU/DA der Abgeordnete Geisthardt. Geisthardt für die Fraktion CDU/DA: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Thema ist, glaube ich, zu bedeutsam, um es gleich anderem in Wahlkampf auseinandersetzungen an dieser Stelle einzubeziehen. (Richtig! Stellenweise Beifall) Ich erlaube mir, vielleicht etwas kürzer als mein Vorredner zu sagen: Sie haben die Arbeit dieses Sonderausschuses, den Sie ins Leben gerufen haben, dadurch honoriert, daß Sie fast einhellig dem Gesetz, das wir Ihnen vorgelegt haben, zugestimmt haben, und Sie haben damit zugestimmt, daß diese Arbeit, die der Sonderausschuß geleistet hat, in Ihrem Interesse und damit im Interesse der Bürger der DDR gewesen ist. Deswegen und in Kenntnis dieser Tatsache erkläre ich für die Fraktion CDU/DA, daß sie diesem Beschlußentwurf zustimmt und Sie bittet, alle, ohne Ausnahme, diesem Beschluß zuzustimmen, um im breitesten Konsens dieses Hauses für die Bürger dieses Landes zu erreichen, was in der Intention dieses Gesetzes gelegen hat. Ich bedanke mich. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster hat der Innenminister ums Wort gebeten. 1541;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1541 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1541) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1541 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1541)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

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