Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1535

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1535 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1535); anwälten abzubauen und gemessen an den nunmehr neuen Bedingungen auch hier einen einigermaßen verträglichen Einstieg zu schaffen. Der unbestreitbare Vorteil des Gesetzentwurfes ist das unbürokratische Verfahren, eine Zulassung als Rechtsanwalt zu erlangen. Die Regelung in §4, daß die allgemeinen Voraussetzungen für eine sofortige Zulassung sich auf den akademischen Grad Diplomjurist und auf eine mindestens zweijährige juristische Praxis in der Rechtspflege oder in einem rechtsberatenden Beruf beschränken, eröffnet einer nicht geringen Anzahl von Juristen die Möglichkeit, ihre Zukunft der anwaltlichen Tätigkeit zu widmen. Es besteht übrigens in diesem Zusammenhang kein Anlaß für Befürchtungen, die Rechtsanwaltstätigkeit auf dem Gebiet der jetzigen DDR könne dadurch einen Qualitätsverlust erleiden. Die bisherige Praxis bei der Zulassung von Rechtsanwälten, das heißt die bewußte Beschränkung ihrer Anzahl, hatte ganz andere Gründe als mangelnde Qualifikation oder persönliche Eignung der abgelehnten Bewerber. Gute und weniger gute Rechtsanwälte hat es in der Vergangenheit gegeben und wird es in der Zukunft selbstverständlich auch geben. Besonders begrüßt wird der vorliegende Gesetzentwurf sicher von den bisher in der Wirtschaft tätigen Justitiaren, handelt es sich doch hier um eine Berufsgruppe, deren bisherige Tätigkeitsmerkmale trotz hoher Qualifikation zukünftig kaum noch ,ne Rolle spielen werden. Das ist die Folge der Änderung des "flechtssystems. Der Herr Staatssekretär hat bereits darauf hingewiesen. Es ist jedenfalls eine Tatsache, daß in dieser Berufsgruppe in den letzten Monaten nicht unerhebliche Existenzängste und Zukunftssorgen aufgetreten sind, die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf doch zunächst abgebaut werden können. Dabei ist von besonderer Bedeutung, daß neben der Möglichkeit der freiberuflichen anwaltlichen Tätigkeit auch die Berufsausübung als Syndikusanwalt gemäß § 41 eingeführt werden soll. Danach soll es möglich sein, Anwaltstätigkeit auch neben anderweitig arbeitsvertraglich vereinbarter Tätigkeit auszuüben, sofern man nicht Beamter oder im öffentlichen Dienst tätig ist. Probleme kann es allerdings geben, wenn die in § 41 Abs. 3 geforderte Trennung des Ortes des Arbeitsrechtsverhältnisses und der Rechtsanwaltskanzlei so absolut, wie das dort geregelt ist, aufrechterhalten wird. Bei der bekannten Misere hinsichtlich des Raumbestandes ist es zwar zu begrüßen, daß der bisher erforderliche Nachweis von Gewerberaum, der erforderlich war, um eine Anwaltszulassung zu erhalten, in Wegfall kommt. Es wird aber auf der anderen Seite als Voraussetzung für die Registrierung als Rechtsanwalt das Unterhalten einer Rechtsanwaltskanzlei verlangt, so daß man im Grunde genommen wieder m Ausgangspunkt angekommen ist. Abgesehen davon, daß mit der Regelung des § 39 über Bürogemeinschaften und ähnliches vieles in dieser Richtung abgefangen werden kann, bleibt die Situation für den sogenannten Syndikusanwalt problematisch. Für ihn bietet es sich geradezu an, bei seinem Arbeitgeber Räumlichkeiten für seine Anwaltskanzlei zu mieten, wohlgemerkt unter der gegenwärtigen Raumsituation, die doch zumindest eine Übergangsregelung rechtfertigen sollte. Erwogen werden sollte wenigstens, ob beispielsweise in Außenstellen des Arbeitgebers, wo ein Bezug auf die jeweilige Firma kaum oder überhaupt nicht erkennbar ist, die Einrichtung von Kanzleien möglich ist. Überdenkenswert erscheint in diesem Zusammenhang auch der Abs. 4 des §41; das Verbot für den Arbeitgeber, vor Gericht aufzutreten, also das Verbot gegenüber dem Syndikusanwalt für seinen Arbeitgeber aufzutreten, widerspricht meines Erachtens weitestgehend den Beweggründen derjenigen, die sich für eine solche Tätigkeit entscheiden wollen. Insbesondere aber nimmt das dem Arbeitgeber in entscheidendem Maße die Motivation, seine Zustimmung zu einer solchen Anwaltstätigkeit zu geben, die aber für die Zulassung nach diesem § 41 Abs. 2 zwingend erforderlich ist. Die Fraktion der SPD schließt sich dem Vorschlag des Präsidiums zur Überweisung dieses Gesetzentwurfes an. Man muß natürlich hier auch noch einmal darauf hinweisen, daß dieses Gesetz nur dann Sinn hat, wenn es auch nach dem 3. Oktober 1990 auf dem Gebiet der jetzigen DDR weiter gilt. Sonst brauchen wir uns diese Mühe im Ausschuß nicht zu machen. An und für sich kann man in dieser Richtung auch von der Regierung einmal einen klaren Standpunkt erwarten. (Stellenweise Beifall, besonders bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. H ö p p n e r: Das war die letzte Wortmeldung. Das Präsidium schlägt vor, den Gesetzentwurf des Ministerrates, Drucksache Nr. 194, an den Rechtsausschuß zu überweisen. Wer mit diesem Überweisungsvorschlag einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Enthaltung ist das so beschlossen. Ich rufe auf Tagesordnungspunkte: Antrag des Ministerrates der DDR Gesetz über die Aufgaben der Polizei (1. Lesung) (Drucksache Nr. 205). Ich bitte den Minister des Innern, Herrn Diestel, das Wort zur Begründung zu nehmen. Dr. Diestel, Minister für Innere Angelegenheiten: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Ausgehend von dem Erfordernis, im Einklang mit den demokratischen Veränderungen im Lande die Mechanismen des alten Sicherheitsapparats zu überwinden und für die Tätigkeit der Organe zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtsstaatliches Handeln zu gewährleisten, wurde von den Bürgern die Ausarbeitung einer entsprechenden Rechtsgrundlage gefordert und vor allem die Notwendigkeit eines Polizeigesetzes betont, mit dem sowohl für die Bürger der erforderliche Rechtsschutz durch die Polizei garantiert als auch Anleitung zum juristisch exakten Handeln der Angehörigen der Polizei gegeben wird. Von diesem Anliegen ist auch ein Gesetzentwurf der Fraktion der Liberalen bestimmt, der, wie Sie sich erinnern können, auf der 26. Tagung dieses Hohen Hauses am 20. Juli 1990 als Drucksache Nr. 149 in 1. Lesung behandelt und im Ergebnis mehrheitlich an den Innenausschuß federführend sowie an den Ausschuß für Verfassung und Verwaltungsreform überwiesen wurde. Dennoch macht sich ein Gesetzentwurf der Regierung erforderlich, weil über materiell-rechtliche Probleme hinaus weiterer Regelungsbedarf besteht. Es betrifft zum einen zahlreiche Einzelpositionen im Gesetz, die in Auswertung von Erfahrungen der Gesetzgebung der BRD-Länder eingeflossen sind und die im Entwurf der Fraktion der Liberalen noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Zum anderen sind aus der Entwicklung heraus in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern im Prozeß der Erarbeitung des Einigungsvertrages Regelungen notwendig, die bestimmte Polizeibereiche betreffen. Diese sind im Abschnitt? des Entwurfs enthalten, der Ihnen vorliegt. Hierzu bietet der Entwurf der Liberalen keine Ansatzpunkte, und es mußte deshalb eine weitergehende Arbeit ansetzen. Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete ! Die Entwicklung geht mit Riesenschritten voran und hat einen zweiten Grund hervorgebracht, dieses Polizeiaufgabengesetz in der Volkskammer der DDR zu beraten und zu beschließen. Mit der Einheit Deutschlands am 3.10.1990 wäre, würde dieses neue Polizeiaufgabengesetz nicht beschlossen, die Polizei auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ohne eine notwendige Rechtsgrundlage. Da die Polizeigesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland auf Länderebene erfolgt und die Polizeigesetze dieser Länder ausschließlich auf deren Territorien gelten, ist auch eine Übernah- 1535;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1535 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1535) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1535 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1535)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung zu verallgemeinern. Er hat die notwendigen VorausSetzungen dafür zu schaffen, daß bestimmte in der Arbeitskartei enthaltene Werte ab Halbjahr zentral abgefragt werden können. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung zu informieren. Gegebenenfalls können auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist es so, daß jedes Strafverfahren, auch Jede einzelne öffentlichkeitswirksame Verdachtsprüfungs-handlung.in den betreffenden Kreisen Ougendlicher bekannt wird und damit objektiv in der Öffentlichkeit Wirkungen und Reaktionen hervorruft.

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