Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1499

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1499 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1499); wenn kinderlose Ehe steuerlich begünstigt werden, eben auch homophile Partnerschaften steuerlich begünstigt werden? Frau Birthler (Bündnis 90/Grüne): Ich denke, daß es unbedingt nötig ist, daß auch hier, wenn man in einem gemeinsamen Haushalt lebt, gleiche steuerrechtliche Regelungen gelten. Und ich gehe sogar noch weiter, wenn Sie das interessiert: Ich meine auch, daß gleichgeschlechtliche Paare das Recht haben müssen, Kinder zu adoptieren. (Beifall bei der PDS) Dr. Gysi (PDS): Noch eine zweite Frage - nur mal zur Information: Der Unterschied bei der Erbschaftssteuer je nachdem, ob man verheiratet ist oder nicht, beträgt enorme Prozente. Das macht wirklich sehr viel aus. Aber meine zweite Frage ist ganz kurz: Würden Sie sagen, es hätte auch noch eine gewaltige Bedeutung, selbst wenn dieses Gesetz nicht in die Anlagen zum Einigungsvertrag käme, wenn es auch nur für zwei Wochen gilt, als Aussicht für die Zukunft? F'au Birthler (Bündnis 90/Grüne): müssen dann natürlich mit einem großen Run auf die Standesämter rechnen. Aber das können wir verkraften! (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Jetzt bitte ich Frau Abgeordnete Dräger, Fraktion der SPD. Frau Dräger für die Fraktion der SPD: Verehrte Abgeordnete! Nachdem dieses Thema der gleichgeschlechtlich orientierten Bürger und Bürgerinnen in unserem Lande jahrzehntelang verschwiegen und terrorisiert worden war, begrüßt die SPD-Fraktion, daß dieses Problem öffentlich thematisiert wird. Nach der Öffnung der Grenzen der DDR erfolgt auch eine Öffnung in vielen Lebensbereichen. Schwule und Lesben - ich nenne sie mal so - haben sich in den zurückliegenden Jahren unter schwierigen Bedingungen in n uppen getroffen, um unter anderem mehr Sicherheit für die ene Lebensformen zu gewinnen. Sie wissen wohl, daß sie eine Minderheit sind. Jedoch stellen sie dringlich die Frage nach mehr Rechtssicherheit in bezug auf verbindliche Lebensformen. Wenn wir in einem gemeinsamen europäischen Haus tolerant sind in bezug auf die Vielfalt und Eigenarten der Völker, sollten wir auch offen und tolerant in bezug auf die verschiedenen Lebensformen sein, die die Menschen wählen möchten. Diese hier vorgestellte Gesetzesgrundlage ist durchaus keine Seltenheit; denn in Europa gibt es Länder, wo so etwas schon praktiziert wird. Ich bin der Meinung, wir sollten den Gedanken der Toleranz gegenüber Minderheiten nicht verkümmern lassen und uns offen dieser Problematik stellen. (Beifall bei der PDS und bei der SPD) Wir schlagen deshalb vor, daß im Ausschuß für Arbeit und Soziales eine Anhörung der betroffenen Gruppen organisiert wird, um ein vollständiges Bild der Sorgen und Nöte zu bekommen und daraus die notwendigen gesetzlichen Schritte ableiten zu können. Wir sind für die Überweisung in die Ausschüsse. (Beifall bei der SPD, bei der PDS und beim Bündnis 90/Grüne) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Danke schön. Jetzt bitte ich von der Fraktion CDU/DA den Abgeordneten Domke, das Wort zu nehmen. Domke für die Fraktion CDU/DA: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion - ich beziehe mich jetzt auf Drucksache 170 - bezieht sich auf eine Minderheit von Bürgerinnen und Bürgern, die in der Vergangenheit schweres Unrecht erleiden mußten. Im Dritten Reich war es ja üblich gewesen, daß gleichgeschlechtlich orientierte Bürger ins KZ verbracht wurden mit dem Aktenvermerk: „Rückkehr unerwünscht“. Es ist deshalb zu begrüßen, daß wir über den Weg dieser Menschen nachdenken, damit sich ähnliches nicht wiederholt. (Beifall) Es fällt ja den meisten unter uns schwer, die gleichgeschlechtliche Orientierung zu verstehen. Das darf aber nicht zu rechtlichen Benachteiligungen führen, freilich auch nicht zu Privilegierungen. Mir scheint es fraglich, ob der vorliegende Antrag der PDS die nun einmal vorhandene Problematik wirklich bewältigen kann. Dieser Antrag zielt darauf, gleichgeschlechtliche Partnerschaften in der Weise gesetzlich zu sanktionieren, daß sie einen eheähnlichen Charakter annehmen. Nun, ich spreche hier als Vertreter der CDU. Nun sind ja bereits eheähnliche Partnerschaften unter verschiedengeschlechtlichen Partnern ein Problem für sich. Das steht aber heute meines Erachtens nicht zur Debatte. Doch es ist zu der ganzen Problematik zu sagen: Es gibt unzählige Formen menschlicher Gemeinschaften, und die Frage ist nur, ganz gleich, wie die Gemeinschaft im einzelnen konstruiert sein mag, es ist eben doch so, daß solche Gemeinschaften keine Ehen sind. Das Familiengesetzbuch in seiner geänderten Fassung enthält eine brauchbare Definition für das, was Ehe ist, Paragraph 5 Absatz 2. Aus der Ehe soll eine Familie erwachsen, die ihre Erfüllung in gemeinsamem Zusammenleben, in der Erziehung der Kinder und in der gemeinsamen Entwicklung von Eltern und Kindern findet. Nun finde ich, daß der PDS-Antrag geeignet ist, diesen Ehebegriff zu erweichen. Im Grundsatz lebt nun einmal die Ehe aus dieser Dreiecksbeziehung Mann - Frau - Kind. Das gilt im Prinzip auch dort, wo dem Ehepaar, aus welchen Gründen auch immer, Nachwuchs versagt bleibt. Bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften fällt der Bezug auf Kind und Familie ja von vornherein weg, wenn man die theoretische Möglichkeit der Adoption einmal außer Betracht läßt. Es können also diese Gemeinschaften von Gleichgeschlechtlichen nicht als eheähnliche Partnerschaften angesehen werden, meines Erachtens. Freilich muß es allen Bürgerinnen und Bürgern völlig unbenommen bleiben, mit welchen Menschen sie Zusammenleben wollen. Nun, man kann mit Gleichgesinnten Zusammenleben, mit Gleichveranlagten, in Interessengemeinschaften, in Wohngemeinschaften und dergleichen. Aber Ehen sind solche Gemeinschaften eben nicht. Ich denke z. B. an Ordensgemeinschaften in den Kirchen. Es kann jeder Verheiratete oder Unverheiratete mit einem oder mehreren Menschen seines eigenen oder anderen Geschlechts Zusammenleben. Eine Benachteiligung oder Bevorzugung darf es dabei nicht geben. Schon aus diesem Grunde ist §2 Abs.l der Vorlage abzulehnen, der einen eheschließungsähnlichen Akt vorsieht, der dann noch zu beurkunden ist. Ja, verehrte Damen und Herren, es kommt ja noch besser: Außer der Pseudoeheschließung gibt es dann noch eine Pseudoscheidung. Im § 5 ist sie vorgesehen. 1499;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1499 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1499) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1499 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1499)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht die beiveismäßigen Erfordernisse für die Begründung des Verdachts des dringenden Verdachts, einer Straftat und die daraus resultierenden Zusammenhänge, aus denen sich die Verantwortung des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ür die Sicherung des persönli-. ohen Eigentums inhaftierter Personen ahleitet. Bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der operativen Mitarbeiter stellt. Darin liegt ein Schlüsselproblem. Mit allem Nachdruck ist daher die Forderung des Genossen Ministen auf dem Führungsseminar zu unterstreichen, daß die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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